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Terrorist

Terrorist

Titel: Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Fingerkuppen, und stellt sich vor, wie er über lückenhaften Zähnen mit dem unschuldigen Stolz des Arbeiters lächelt. Sie alle, die an diesem Projekt mitwirken, sind aufeinander abgestimmte Teile einer wundervollen Maschine. Die anderen sind verschwunden, doch Ahmed ist da, um an der vorgesehenen Stelle das letzte Element einzufügen.
    Sanft schiebt er die kleine Holztür wieder zu, überlässt das Arrangement von gefüllten Plastiktonnen wieder dem wohlriechendem Dunkel. Sie sind ihm anvertraut. Wie er sind sie Soldaten. Er ist von Mitkämpfern ungeben, selbst wenn sie verstummt sind und keine Instruktionen hinterlassen haben. Die Hecktür des Lastwagens ist mit einem Vorhängeschloss verschlossen. Der große Riegel ist mit seinem Schlitz über die dicke vorspringende Ose geklappt worden, dann hat man ein schweres Kombinationsschloss eingehakt und einschnappen lassen. Der Code für das Schloss ist Ahmed nicht mitgeteilt worden. Er versteht die Botschaft: Er muss seinen Brüdern vertrauen, gerade so, wie sie mit ihrer unerklärlichen Abwesenheit darauf vertrauen, dass er den Plan fortführen wird. Er ist zum einzigen überlebenden Werkzeug des Vollkommenen geworden, des Barmherzigen, der sich aller Dinge annimmt. Ahmed ist mit einem Zwilling des Lasters ausgestattet worden, den er gewöhnlich fährt, weil man ihm den Weg erleichtern und glätten wollte. Er probiert den Fahrersitz aus. Das alte schwarze Kunstleder fühlt sich warm an, als hätte eben noch jemand darauf gesessen.
    Eine Explosion, das weiß er noch aus dem Physikunterricht an Central High, ist einfach die rasche Verwandlung eines festen oder flüssigen Stoffs in ein Gas, wobei er sich in weniger als einer Sekunde auf das mehr als Hundertfache seines vormaligen Volumens ausdehnen kann. Mehr ist nicht dabei. Wie vom Rand eines solchen leidenschaftslosen chemischen Vorgangs aus sieht er sich dabei zu, wie er als eine kleine, klar umrissene Gestalt in den ungewohnten Laster steigt, den Motor anlässt, behutsam Gas gibt und auf die Gasse hinaus zurückstößt.
    Eine Kleinigkeit stört ihn. Als Ahmed aussteigt, um das ratternde Garagentor hinter ihnen – ihm selbst, dem Laster und der unsichtbaren Gruppe seiner Kameraden – zu schließen, spürt er, dass der Saft der Frühstücksorange und eine gewisse unterdrückte Nervosität auf seine Blase Druck ausüben. Für die bevorstehende Reise sollte er sich besser erleichtern. Mit laufendem Motor stellt er den Laster im Leergang am Rand der Gasse ab, lässt das Garagentor noch einmal hoch und findet in einer Ecke zwischen der Werkbank und dem Hakenbrett hinter einer verschmierten, nicht gekennzeichneten Tür die Toilette der Werkstatt. Es gibt dort eine Schnur, mit der die nackte Glühbirne angeschaltet wird, und ein helles Porzellanbecken mit einem ovalen Schlund voll zweifelhaften Wassers, das es hinunterzuspülen gilt, sobald er den kleinen Bach aus seinem Innern hinzugefügt hat. Er spritzt sich fettlösende Flüssigseife aus dem Spender, der auf dem Waschbecken bereitsteht, auf die Hände und wäscht sie gründlich. Er geht wieder hinaus, zieht das Garagentor an seiner verknoteten Leine zu und wird sich mit einem plötzlichen inneren Taumeln bewusst, wie töricht und gefährlich es gewesen ist, den Laster mit laufendem Motor allein zu lassen, und sei es auch nur für eine Minute oder zwei. Er denkt nicht mehr normal in dieser dünnen Höhenluft der letzten Dinge. Er muss einen klaren Kopf behalten, indem er sich als Werkzeug Gottes begreift, kühl, hart, abgegrenzt und unbeteiligt, wie ein Werkzeug zu sein hat.
    Er blickt auf seine Timex: acht Uhr neun. Weitere vier Minuten verloren. Er lässt den Laster anfahren und versucht, Schlaglöcher sowie jedes ruckartige Bremsen und Beschleunigen zu vermeiden. Nach dem Zeitplan, den er und Charlie aufgestellt haben, ist er im Rückstand, jedoch unter zwanzig Minuten. Nun, da der Laster in Bewegung ist und zum täglichen Verkehrsfluss der Welt gehört, ist Ahmed ruhiger. Er biegt aus der Gasse nach rechts ab und dann auf der West Main nach links, erneut an Pep Boys vorbei, mit dem verstörenden Cartoon-Logo der drei Männer, Manny, Moe und Jack, die zu einem einzigen dreiköpfigen Zwergenkörper verschmolzen sind.
    Um Ahmed herum flimmert und zuckt die nun voll erwachte Stadt. Er stellt sich seinen Laster als ein markiertes Rechteck vor, bei einer Verfolgungsjagd von einem Hubschrauber aus gefilmt, das sich durch die Straßen fädelt und an Ampeln hält. Dieser

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