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Terrorist

Terrorist

Titel: Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Hand, geschieht nach seinem allumfassenden Willen. Ahmeds bestes offizielles Ergebnis über eine Meile war 4:48,6 gewesen, gelaufen auf einer federnden Kunststoffbahn, grün mit eingebetteten roten Linien, in einer High School drüben in Belleville. Er war als Dritter durchs Ziel gegangen, und vom Feuer seines Endspurts auf den letzten hundert Metern hatten sich seine Lungen danach wie versengt angefühlt; zwei Jungen hatte er noch überholt, zwei weitere aber waren für seine Beine außer Reichweite geblieben, Fata Morganen, die sich immer weiter entfernten.
    Nach fünf Querstraßen mündet die Sixteenth Street in die West Main. Ältere Muslime stehen in ihren dunklen Anzügen und der gelegentlichen schmutzigen galahija umher wie weiche Statuen. Ahmed erkennt die Schaufenster von Pep Boys und Al-Aqsa True Value, sodann die Gasse dahinter, durch die er und Charlie zur ehemaligen Mechanikwerkstatt Costello gegangen sind. Er vergewissert sich, dass niemand ihn beobachtet, als er sich der schmalen Seitentür aus kotzbraun gestrichenem Metall nähert. Kein Charlie steht davor. Von innen ist kein Laut zu hören. Die Sonne ist brennend heiß hervorgekommen, und Ahmed fühlt den Schweiß auf Schultern und Rücken; sein weißes Hemd ist nicht mehr taufrisch. Auf der West Main, nur einen halben Block entfernt, ist der Montag in Schwung gekommen. In der Hintergasse sind ein paar Fußgänger und Fahrzeuge unterwegs. Ahmed versucht, den neuen Messingknopf an der Tür zu drehen, aber der bewegt sich nicht. Gereizt zerrt er weiter daran. Wie können nur kleine, hirnlose Metallteile den Willen von as-Samad, dem Vollkommenen, vereiteln?
    Gegen Panik ankämpfend, versucht es Ahmed an der großen Tür, dem Klapptor. Es gibt daran unten einen Griff, der, wenn man ihn umlegt, zwei Bolzen dazu bringt, die beiden seitlichen Schnappschlösser freizugeben. Der Griff dreht sich; die Tür erschreckt Ahmed damit, dass sie mit einer gegengewichteten Leichtigkeit aufgleitet, die sich für einen Moment anfühlt, als flöge sie, flöge im Bogen auf, bevor sie in ihren Schienen oben, im Dunkeln nahe der Decke, ratternd einrastet.
    Ahmed hat Licht in die Höhle gelassen. Charlie befindet sich nicht in dem schmutzigen Raum, und auch die beiden Arbeiter, der Techniker und sein jüngerer Helfer, sind nicht da. Die Werkbänke und Hakenbretter sehen noch genauso aus, wie Ahmed sie in Erinnerung hat. Der Abfall und die Halden aussortierter Teile in den Ecken scheinen weniger geworden zu sein. In der Garage ist aufgeräumt worden, man hat abschließend eine gewisse Ordnung hergestellt. Es herrscht darin eine Stille wie in einer zum letzten Mal geplünderten Gruft. Der Verkehr auf der Gasse wirft gefährliche Lichtreflexe in die Höhle; vorbeigehende Leute spähen unbeteiligt herein. Niemand ist anwesend, aber der Lastwagen ist da, der kastenförmige GMC 3500, unprofessionell von Hand beschriftet: ROLLOS MIT SYSTEM .
    Ahmed öffnet behutsam die Fahrertür und sieht, dass sich der tarnfarbene Kasten noch zwischen den beiden Sitzen befindet, mit Klebeband auf der Milchkiste befestigt. Am Armaturenbrett baumelt der Zündschlüssel; jeder Unbefugte müsste sich geradezu aufgefordert fühlen, ihn zu drehen. Noch immer führen zwei dicke, isolierte Kabel vom Zünder in den Laderaum des Lasters. Die Zugangstür, nicht höher als ein gebückter Mann, lässt sich nur fünfzehn Zentimeter weit öffnen, bevor die durch sie hindurchgeführten Kabel spannen. Durch den Spalt von fünfzehn Zentimetern riecht Ahmed das Gemisch aus Ammoniumnitrat-Dünger und Rennwagentreibstoff, Nitromethan; er sieht die gespenstisch fahlen Plastiktonnen, von denen jede ihm bis zum Gürtel reichen würde, und jede ist mit einhundertsechzig Kilogramm des explosiven Gemischs gefüllt. Das glatte weiße Plastik der Behälter schimmert wie eine Art von Haut. Gespleißte gelbe Drähte kommen in Schlaufen aus den Sprengkapseln, die, verstärkt mit Aluminiumpulver und Pentrit, in den Boden jeder Tonne eingelassen sind. Die fünfundzwanzig Behälter sind, wie Ahmed im Dunkeln ausmachen kann, in fünf Fünferreihen im Quadrat aufgestellt, säuberlich mit doppelter Wäscheleine zusammengezurrt und durch straffe Gurte an den Querleisten und Seitenstangen des Laderaums gegen Verrutschen gesichert. Das Ganze bildet ein modernes Kunstwerk, gefällig und undurchdringlich. Ahmed denkt an den gedrungenen Techniker zurück, an die eleganten, fließenden Bewegungen seiner Hände mit den Ölverschmierten

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