Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus
Schritt.
„In dir ist etwas furchtbar Schwarzes“, sagte er sanft. Dann nahm er sie hart, während dessen der Regen wie ein warmer Film über sie fiel. „Weißt du, Bev“, keuchte Andi, „dass Sex und Tod die besten Antidepressiva sind?“
Sie spürte ein paar Ratten, die sich zwischen ihren nackten Füßen gegenseitig jagten, und schrie auf. Andi hielt ihr den Mund zu und bedeckte ihr heißes Gesicht mit Küssen.
Bev hatte unglaubliche Angst. Die nekrophile Umgebung, die Furcht vor dem Entdecktwerden zerrte an ihren Nerven. Dann spürte sie Andi, der heftig in ihr kam. Sie wollte ihre Fingernägel in seinen Körper pressen, doch die Handschellen verhinderten jede Bewegung. Der Sargdeckel geriet dabei quetschend ins Wanken, und Bev blickte in das verzerrte Gesicht einer männlichen Leiche. Sie schrie vor Entsetzen laut auf, und ihre Stimme hallte in der Leichenhalle wider. Andi stieß noch einmal zu, und sie hatte den ersten Orgasmus ihres Lebens. Sie sah, wie sich der Schatten in ihrer Seele, diese garstige Depression, aus ihrem Körper befreite, neben ihr stand, um schließlich wie Asche in sich zusammenzufallen.
Als Andi die Handschellen öffnete, sagte er: „Weißt du was, mein Liebling? Gerade eben haben wir Graf Dracula gepfählt; er wird nie mehr wiederkommen.“ Sie fragte lächelnd: „Kann es sein, dass du irgendwie morbide bist?“ Und er antwortete: „Und kann es sein, dass wir beide irgendwie morbide sind?“
„Ich liebe dich“, sagte sie. „Versprich mir, dass wir immer zusammen bleiben. Und versprich mir, dass wir so was wie heute noch oft machen werden.“
„Ich habe es bereits in meinem Dienstplan notiert.“
Doch das ist lange her, und Graf Dracula scheint, als Depression verkleidet, wiedergekommen zu sein. Größer und mächtiger denn je.
Hochdahl: Niemand steigt zu, der Alte nicht aus. Bev sieht über leere Sitze und trübe, nasse Felder. Vorhin auf der Morper Straße ein Auto. Andi? Scheiß-Nebel. Shit. Wäre schön, jetzt schreien zu können; einfach nur so. Und morgen nenn ich mich wieder Bettina, denn Kinderschwester ist auch ’n schöner Beruf, kann ja noch umschulen. Warum immer nur auf Vater hören, der alles weiß. Und ...
Der Alte stößt sie mit dem spitzen Ellenbogen an. Fast hätte sie nun richtig geschrien. Sehen Sie mal, sagt er. Bev’s Fieberaugen benutzen seinen Zeigefinger als Kimme und Korn. Fünf Reihen vor ihnen das Ziel: Aus einer Aldi-Tüte fließt Blut über den Boden.
Von ihr ebenso wenig wahrgenommen, wie die Turnschuhe, die zwischen Rückenlehnen herausragen und leise wackeln. Der Alditüten-Besitzer liegt anscheinend quer über den Sitzen und döst.
Scheiß-Polizistin, denkt sie. Jeder alte Sack sieht besser als ich.
Ob das wohl Blut ist, fragt er, mit Nikotin- und Pommes-Atem. Vielleicht ist es nur Tomatensaft, ausgelaufen, zieht er nach.
Sie sucht nach Andi. Regenfinger in Ruß glitschen über die Scheiben. Souvenir der Glashütte. Wenn Bev nichts kennt, die Farbe von Blut kennt sie von Autobahneinsätzen. Ein Turnschuh zwängt sich zwischen Sitzen durch, dann ein zweiter.
Man müsste vielleicht die Polizei verständigen, sagt Oldtimer. Haben Sie nicht gelesen?
Ja, ja! Zwei Frauen. Ziemlich kopflos, sagt Bev. Die Turnschuh-Beine scheinen ziemlich kräftig zu sein, denkt sie. – Der Alte im Ernstfall eher ein Hindernis. Mit klebriger Hand das Walkie-Talkie herausgeholt, drückt, stottert. „Sag mal Bouillon!“ sagt der kleine Bär. „Bouillon“, sagt der kleine Tiger. Sagt es nur leise, dann lauter: Andi! Andi! Ruf die anderen, wir haben ihn!
Der Zug hält in Gruiten, Turnschuh hat alles gehört, greift die Tüte, rennt nach draußen. Der Zug fährt nach einer Minute weiter. Mit Bev und dem Alten. Ihre Füße wollten nicht, konnten nicht. Scheiß Polizeiberuf – Scheiß Angst – morgen mit Vater reden.
Andi, der Treue, ruft fünf bereite Kollegen hinzu. Hetzen Turnschuh nach und der Aldi-Tüte, aus der es rot herausrinnt. Der Bursche ist schnell, zwölf Polizistenstiefel schneller. Sie werfen ihn auf den Boden, drei Pistolen im Kreuz. Mann Nummer zwei greift in die Tüte. Oh mein Gott, sagt er wie es sich gehört. Tatsächlich ein Kopf!
Handschellen knacken wie Knöchlein. Dreckiges Schwein! sagt Nummer vier. „Ich weiß, ich hab Mist gebaut! Aber lebt ihr mal nur von Stütze“, schreit Turnschuh.
Der Kopf geht nicht raus, wie kann ein Kopf nur so groß sein? Blut rinnt über die Hand von Nummer zwei. „Habt ihr mal
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