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Tesarenland (German Edition)

Tesarenland (German Edition)

Titel: Tesarenland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Davis
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noch gemeinsam getan hätten. Luca hätte mir Lesen beigebracht und ich hätte ihm … irgendwas beigebracht.
    Wir durchstöbern das Regal nach Sachen, die ich nicht kenne und er erklärt mir, wozu sie da sind. Da ist ein Schraubendreher, mit dem man die Schrauben am Generator festdrehen kann. Ich weiß nicht, wozu das nutzen soll, aber wenn Luca sagt, ein  Schraubendreher ist wichtig, dann ist er das wohl. Luca zeigt mir auch noch einmal, wie man das Funkgerät bedient, den Generator auffüllt und ihn startet. Ich passe ganz genau auf, man kann ja nie wissen. Seine Stimme gefällt mir noch immer. Ich höre ihm gerne zu.
    Dann setzen wir uns wieder hin, ganz nah beieinander und trinken Kräutertee. Ich kuschel mich an Lucas Brust und lausche seinem gleichmäßigen Herzschlag. Dieses Klopfen wird bald verstummen, denke ich traurig und wische mir eine Träne aus dem Gesicht. Ich bin froh, dass Luca nicht mitbekommt, dass ich weine. Er soll nicht glauben, ich würde meine Entscheidung bereuen. Das tue ich nicht. Ich bereue nur, dass Luca es tun muss, weil ich zu feige bin.
    »Wie wirst du es tun?«, frage ich ihn. Wir haben den gesamten Vorrat an Alfratol aufgebraucht, bis auf einen Rest, den Luca für uns aufgehoben hat. Auch das Benzin aus dem Generator hat er über Regal, Bett und Tisch verteilt. Es stinkt grauenvoll in unserem Unterschlupf und mir brennen die Augen. Ich sitze neben ihm auf dem Boden. Luca hält die Waffe in seinen Händen.
    »Ich werde sie dir an die Stirn drücken, dann ziehe ich den Hahn. Du wirst den Knall nicht einmal mehr mitbekommen. So schnell wird es gehen .«
    Ich habe darauf bestanden, dass er es macht, weil ich glaube, ich schaffe das nicht allein. Bestimmt würde ich im letzten Augenblick kneifen. Und dann wäre Luca vielleicht schon tot und ich würde alleine hier zurückbleiben. Nein, es ist besser, wenn er es tut. Ich weiß, ich verlange viel von ihm, aber er hat schon Erfahrungen mit dem Töten, versuche ich mir einzureden. Aber wenn ich mir vorstelle, ich sollte ihn töten, das würde ich nicht fertigbringen. Ich könnte ihm nicht das Leben nehmen.
    »Okay«, sage ich. Ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht, reibe meine Augen trocken, damit ich ihn ein letztes Mal ansehen kann. Er soll das Letzte sein, was ich sehe. Seine dunklen Augen, die schwarzen Haare, seine Lippen, von denen ich weiß, wie weich sie sind, wie gut sie schmecken. Ich lecke mir über meine Lippen. »Einen letzten Kuss«, fordere ich.
    Er legt die Waffe zu r Seite. Auch er weint. Seine Hände zittern, als er mich streichelt. »Ich liebe dich.« Er küsst mich. Auch seine Lippen zittern.
    Es ist besser ich löse mich schnell von ihm, bevor ich es mir anders überlege. Luca nimmt mit einer Hand die Waffe, mit der anderen sein Feuerzeug. »Bereit ?«, fragt er.
    Ich nicke. Dass ich keineswegs bereit bin, will ich ihm nicht sagen. Ich wünsche mir noch viele weitere Küsse. Plötzlich will ich Lesen lernen, Löcher stopfen, Kräutertees anmischen. Ich möchte Kayla die Haare wachsen lassen und ihr Zöpfe flechten, so wie Mutter es getan hat.
    Ich denke an Kayla in ihrem Kleid mit den Blumen im Haar, von denen sie eine Luca geschenkt hat. Ich denke an Mutter. Sie steht neben Kayla und hält Vaters Hand. Ich schließe die Augen, verabschiede mich im Geist von all den Dingen, die ich noch gerne getan hätte und nun niemals werde tun können. Ob nach dem Tod noch etwas kommt? Stimmt es, was die Alten sagen? Ich möchte so gern daran glauben, dass ich Luca nachher wiedersehen werde. Oder ist es tatsächlich das Ende? Mein Herz schlägt wie tausend. Meine Hand zuckt. Etwas in mir möchte Luca aufhalten, auch wenn es der einzige Ausweg ist. »Tu es nicht«, schreit es in mir. Doch es ist zu spät.
    Luca wirft das brennende Feuerzeug auf Kaylas Bett. Sofort züngeln Flammen empor. Schnell wachsen sie bis an die Decke. Jetzt habe ich Angst. Ich versuche zu atmen, aber die Panik lässt keinen Sauerstoff in meine Lungen, oder hat das Feuer alle Atemluft schon gefressen? Überall ist dichter Rauch, er brennt in meinen Augen, in meiner Lunge. Ich dränge mich näher an Luca heran. Er nimmt mich in die Arme, ich schließe die Lider, spüre Lucas Hitze, spüre die Hitze der Flammen, die in mein Gesicht beißt.
    »Mutter hilf mir«, flehe ich weinend. Ich zittere, grabe meine Finger in Lucas Brust. Dann spüre ich den Lauf der Waffe an meiner Schläfe. Luca drückt sie gegen meine Haut. Sie ist hart und kühl. Ich konzentriere

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