Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tesarenland (German Edition)

Tesarenland (German Edition)

Titel: Tesarenland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Davis
Vom Netzwerk:
noch kaputte Glasscheiben, in den meisten gibt es aber nur noch die Eisengitter.
    Ich springe hinunter auf den rissigen grauen Weg, der aussieht, als hätten ihn tausende Füße ausgetreten. Aber es ist ein hartes Material, welches ich noch n ie gesehen habe. Wie geschaffen für die breiten Reifen des Ungetüms. Kayla landet direkt hinter mir. Sie blickt sich genauso staunend um wie alle anderen. Für einen Augenblick scheint jeder vergessen zu haben, dass unsere Zukunft unsicher ist. Zum ersten Mal in unserem Leben befinden wir uns außerhalb von Kolonie D.
    Das Gebäude umschließt uns von allen Seiten. Dahinter erheben sich noch weitere, viel höhere. Sie strecken sich in den Himmel , als hätte man sie aus Bergen herausgearbeitet, als wollten sie nach den Wolken greifen, die grau und schwer über unseren Köpfen hinweg ziehen. Das muss eine der Städte sein, in denen die Menschen vor dem Krieg gelebt haben. Ich kann kaum glauben, dass unsere Vorfahren das geschaffen haben. Voll Erstaunen und Bewunderung nehme ich den Anblick dieser riesigen Bauwerke auf und frage mich, wie konnten die Tesare uns so leicht besiegen, wenn wir zu solchen Wundern fähig waren.
    Ein Aufseher drückt mir seinen Speer hart in den Rücken. Ich runzle die Stirn und sehe ihn wütend an, und hoffe, dass mein Gesicht all den Hass widerspiegelt, den ich empfinde. Wenn ich die vielen Fenster sehe, die auf uns herunterblicken, dann wird mir klar, wie viele Menschen hier gelebt haben. Und sie alle sind tot.
    Die Reihe vor mir hat sich in Bewegung gesetzt. Wir werden in das Gebäude vor uns gebracht. Kayla greift nach meiner Hand und wir folgen den anderen ins Innere des Hauses. Es sieht anders aus, als ich erwartet h abe. So war es bestimmt nicht, als noch Menschen hier gelebt haben. Ich glaube, man sieht jeder einzelnen Wand hier drin an, wie wenig Bedeutung all das den Tesaren hat. Die Wände haben riesige Löcher, überall liegt Schutt auf dem Boden, Abfälle versperren die Wege, es stinkt widerlich. Dieser Geruch kommt von den Tesaren, das weiß ich. Er umgibt sie immer schwach, aber hier drin riecht es, als wären tausend Tesare in unmittelbarer Umgebung. Dieses Gebäude hat nichts Menschliches mehr. Ich würge, halte mir die Nase zu, doch es hilft kaum. Der Geruch von Fäulnis und Verwesung legt sich sogar auf meine Zunge, wenn ich versuche, nur durch den Mund zu atmen.
    Wir werden in einen langen Flur gebracht. Links und rechts gehen Türen ab. Immer zehn von uns werden in einen Raum gestoßen. Ich schlinge meinen Arm um Kaylas Mitte und bete zu Mutter, dass die Tesare uns nicht trennen. Ein Tesar packt Kayla im Haar und zerrt an ihr. Ich halte sie stur fest, schlage dem Wächter auf die langen spinnendürren Finger und werfe ihm einen bösen Blick zu. Er scheint ungerührt, lässt aber von Kayla ab und schiebt uns zusammen in einen Raum. Ich seufze erleichtert auf.
    Die Wände sind schmutzig, Papier hängt in Fetzen herunter. Es stinkt nach Urin und Kot. Scheinbar sind wir nicht die ersten Gefangenen hier. Auf einem Papier, das sich halb von der Wand gelöst hat, sieht man einen roten Kreis, in dessen Mitte sich etwas Weißes mit einer glühend roten Spitze befindet, über der sich Rauch zu kräuseln scheint. Dieses Etwas ist durchgestrichen. Auf einem anderen Bild sieht man Bäume, einen See, im Hintergrund Berge. Daneben steht in gelber Schrift etwas geschrieben. Ich kann es nicht lesen, weil ich es nie gelernt habe. Ein paar in unserer Kolonie konnten lesen. In ihren Familien wurden Bücher von einem zum anderen weitergegeben. Ich habe nie den Sinn darin erkannt. Wozu hätte ich Lesen lernen sollen? Um Karam anzubauen? Mutter im Garten zu helfen?
    Ich ignoriere unsere Mitgefangenen, schiebe mich an ihnen vorbei zum Fenster und ziehe mich an den Gitterstäben hoch, um dem Gestank zu entkommen. Die Dämmerung hat schon eingesetzt. Ich mache ein paar tiefe Atemzüge. Die Luft ist kalt, beißt in meinen Lungen, aber sie ist rein. Der Blick aus dem Fenster ist nicht so beeindruckend. Da gibt es nur eine graue Mauer, auf der eine Reihe rostiger Zähne sitzt. Die würden eine Flucht erheblich erschweren .
    Kayla zupft an meiner Hose. Sie sieht ganz grün im Gesicht aus. Wasser steht in ihren Augen. Ihre Wangen sind von Tränen und Dreck ganz schmutzig. Ich löse mich schweren Herzens von der frischen Luft und helfe ihr an das Fenster. Für ein paar Atemzüge halte ich sie oben, dann lässt meine Kraft nach. Wahrscheinlich ist es das Beste,

Weitere Kostenlose Bücher