Tesarenland (German Edition)
Vater krank gewesen war. Die meiste Zeit, während ich an seinem Bett gesessen habe, habe ich wie in Trance erlebt; Umschläge auf der Stirn wechseln, Tee einflößen, Schweiß vom Körper wischen …
Ich lege meine Hand auf Kaylas Stirn, sie ist warm, aber nicht so heiß wie Vater. Ihre Wangen sind gerötet, ihre Lippen fiebrig. Ein wenig Ruhe wird ihr helfen. Wir haben den ganzen Tag. Kayla verzieht das Gesicht, als ich ihr den Saft gegen Husten gebe. Das Wasser im Topf über der Flamme ist heiß. Ich gebe getrocknete Kräuter von William dazu, warte einige Minuten, und trinke dann mit Kayla zusammen Tee.
16. Kapitel
»Bis zum Morgen sollten wir es in die Stadt geschafft haben. Dort gibt es mehrere Möglichkeiten, wo wir unterschlüpfen können. Wir kontaktieren meine Station und dann müssen wir abwarten.« Roland scheint heute noch mürrischer als am vergangenen Tag. Er stapft vor uns her, ohne uns weiter zu beachten.
Ich muss mich an Luca orientieren, weil Roland so weit vorweg läuft, dass ich ihn zwischen den Bäumen nicht sehen kann. Er hat uns schon am späten Nachmittag aus dem Luftschutzbunker getrieben. Seither arbeiten wir uns durch einen dichten Wald. Das Knacken von Holz begleitet uns auf Schritt und Tritt. Rolands Richtung kann ich die meiste Zeit nur anhand seines Hustens bestimmen, der mir von Zeit zu Zeit verrät, dass er wirklich noch in der Nähe ist. Manchmal habe ich das Gefühl, er will vor uns davonlaufen.
Erst habe ich auf ihn geschimpft wegen des Tempos, das er vorlegt, aber dann habe ich mir gesagt, dass es mir egal sein kann. Luca kennt das Ziel. Er wird uns dort hinbringen, auch wenn wir erst Stunden nach Roland ankommen. Als mir das klar geworden ist, habe ich mein Tempo gedrosselt. Ein Blick von Luca auf Kayla und auch er ist langsamer geworden.
»Da seid ihr ja«, dröhnt Rolands Stimme durch den Wald. Das Kaninchen sitzt auf einem Baumstamm. Ein kleines Feuer zu Füßen. Zwei Äste sind um das Feuer herum in die Erde gerammt. Er hat etwas auf ihre Spitzen gespießt. »Heute gibt es mal keine Konserven, die älter sind als ich. Heute gibt es Hase. Ich hab ihn geteilt, dann ist er schneller durch.«
Kayla betrachtet das Fleisch zweifelnd. Ich kann mich nicht erinnern, wann wir das letzte Mal frisches Fleisch zu essen hatten. Ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, wann wir überhaupt das letzte Mal Fleisch hatten. Seit Ewigkeiten gab es bei uns nur noch Trockenfleisch. Und das, was in den Suppen im Minencamp geschwommen ist, war auch eher undefinierbar gewesen. Heute würde es wirklich gebratenes Fleisch geben.
»Du warst auf der Jagd ?« Luca setzt sich neben Roland auf den Stamm.
»Vielleicht sammelt ihr noch paar Zweige, Mädchen? Unser Alfratol ist so gut wie leer, sonst bekommen wir das Kerlchen hier nicht durch.«
Kayla nimmt mich an der Hand und zieht mich zwischen die Bäume. »Gebratenes Fleisch«, flüstert sie ehrfürchtig. »Richtiges gebratenes Fleisch.«
Ich bin dem Kaninchen fast dankbar für diese Überraschung. Wir sammeln jede einen ganzen Armvoll mit Holz. Die ganze Zeit kann ich nur noch an den Braten denken, der auf uns wartet. Ich wünschte, Mutter könnte auch hier sein. Ich wünschte, sie könnte sehen, dass wir wirklich frei sind und genug zu essen haben.
Als wir zurückkommen, sitzen die beiden Männer noch immer vor dem Feuer. Jeder hält einen Hasenspieß in die Flammen. Sie unterhalten sich. Roland sieht irgendwie wütend aus, Luca nachdenklich. Als wir näherkommen, sehen beide auf und verstummen. Roland starrt in die Flammen, Luca schaut mich auf eine Art an, die mich schaudern lässt. Er sieht fast ein wenig schuldbewusst aus. Er runzelt die Stirn und senkt den Blick auf seine Schuhe. Ich beschließe, so zu tun, als hätte ich nichts davon bemerkt. Wahrscheinlich ging es sowieso nur um irgendwelche Rebellenangelegenheiten.
Ich lasse meinen Holzstapel neben Kaylas fallen und bleibe unentschlossen neben der Feuerstelle stehen. Das gebratene Fleisch riecht lecker und mein Magen zieht sich in Vorfreude zusammen. Ich sehe zu, wie Luca seinen Ast im Feuer dreht, und ich habe sofort vergessen, dass hier eben etwas abgelaufen ist, was Kayla und ich wohl nicht mitbekommen sollten.
Wir brauchen die gesammelten Äste nicht. Wenig später ist der Hase gar. Und er schmeckt so köstlich, dass ich mir vornehme, diesen Tag als den besten meines Lebens tief in meinem Gedächtnis zu speichern. Viel zu schnell bleiben nur noch die
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