Tessy und das Geheimnnis des Sexclubs
Fragen zu beantworten.“ Damit nickte er ihr amüsiert zu und ging ohne ein weiteres Wort ans andere Ende der Theke, wo er mit einem Gast das Gespräch aufnahm.
Keine Antwort ist auch eine Antwort, dachte Tessy, nahm sich jedoch vor, Bohls Zurückhaltung nicht überzubewerten. Der Mann hatte vielleicht einfach keine Lust oder es war nicht sein Stil, hinter dem Rücken seiner Mitarbeiterinnen über sie zu sprechen. Sie drehte ihren Barhocker, so dass sie Franka beim Tanzen beobachten konnte. Die Bewegungen der zarten Frau wurden zunehmend eindeutiger. Ihr knappes Kleid gab den Blick auf schlanke, aber muskulöse Oberschenkel frei. Tessy stellte sich vor, wie Franka ohne Höschen tanzte, aber bevor sie sich detaillierter ausmalen konnte, was sie mit der jungen Frau so alles anstellen könnte, klang das Musikstück aus, und die Tänzerin verließ ihre Bühne. Tessy fing ihren Blick ein und nickte ihr einladend zu. Sie wies auf den Hocker neben sich, als Franka näher trat und sie neugierig ansah.
„Ich bin Tessy Ritter“, stellte die Detektivin sich vor. „Haben Sie einen Moment Zeit für mich?“ Sie zeigte kurz in Bohls Richtung. „Ich arbeite als private Ermittlerin, und Ihr Chef hat mir freundlicherweise erlaubt, im Fall Ihrer verschwundenen Kollegin Rhea auch hier im Club nachzuforschen.“
Die junge Frau schwang sich sofort auf den Sitz und ließ sich von der Barkeeperin ein Wasser geben. „Ja, ich weiß.“, meinte sie dann und strich sich eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Larissa hat mich bereits informiert.“
Prima, dachte Tessy. Dann kann ich mir ja die langen Vorreden sparen. Sie hoffte sehr, dass die Unterredung mit Franka erfolgreicher verlaufen würde als die mit Rheas Bruder, mit dem sie sich zuvor am Hauptbahnhof getroffen hatte. Jakob hatte kaum mehr zu der Angelegenheit beizutragen gehabt als seine Eltern, außerdem war er in Eile gewesen und hatte unkonzentriert gewirkt. Das Treffen hätten Tessy sich sparen können, aber hinterher war man immer schlauer.
„Ich würde Ihnen gerne einige Fragen stellen“, hob die Detektivin an. „Ein behutsamer Umgang mit Informationen ist natürlich selbstverständlich, insbesondere da Rhea ihren Job hier im Club verheimlicht hat …“
Franka zeigte ein feines Lächeln. „Behutsamer Umgang … schön gesagt.“
Tessy lächelte zurück. Ihr wurde warm. Franka war sehr attraktiv. Der zarte Schweißfilm, der ihre Haut benetzte, glänzte im schummrigen Licht der Bar. „Ich komme ursprünglich aus der Zeitungsbranche, wo der Schutz von Informanten ebenfalls oberstes Gebot ist. Sie können sich darauf verlassen, dass ich Ihre Hinweise absolut vertraulich behandeln werde.“
Franka spitzte die Lippen. „Warum haben Sie die Branche gewechselt?“
„Ich war zu forsch und zu direkt.“
„War das alles?“
„Nicht ganz … Ich habe mit der Freundin meines Chefs geschlafen.“
Franka lächelte erneut. „Verstehe. Hat es sich wenigstens gelohnt?“
„Und ob.“
Die Tänzerin schmunzelte. „Okay. Fragen Sie einfach, und ich entscheide, ob ich antworte.“
Tessy überlegte nur kurz. „Larissa erörterte mir, dass Rhea auf Ihre Empfehlung hin den Job hier im Club bekam. Sie arbeitet als Küchenhilfe und an der Bar. Können Sie das bestätigen?“
Franka zögerte. „Sie fing als Küchenhilfe und Barfrau an.“
„Aha.“
Die Tänzerin beugte den Kopf zu Tessy. Der zarte Duft eines lieblichen Parfums stieg der Detektivin in die Nase.
„Sie ist recht schnell in den Animierbereich gewechselt“, sagte Franka schließlich mit gedämpfter Stimme. „Aber das haben ich Ihnen niemals gesagt.“
„Natürlich nicht. Wie weit ist Rhea gegangen?“
Franka ließ wieder dieses zauberhafte Lächeln über ihr Gesicht huschen. „Sie möchten wissen, ob sie erotische und sexuelle Wünsche erfüllt hat.“
„Das hätte ich nicht annähernd so charmant ausdrücken können“, entgegnete Tessy vergnügt.
„Oh, danke. Nun, Rhea war offen für alles, was ihr selbst auch gefiel, und um Ihre nächste Frage gleich vorwegzunehmen: Ja, sie hat mit Gästen geschlafen und gutes Geld verdient.“
„Ist in letzter Zeit etwas Besonderes vorgefallen?“
Franka schüttelte den Kopf, während sie ihren Blick über die Bar in Konrad Bohls Richtung schweifen ließ. Sie wandte Tessy wieder das Gesicht zu, und ihre Lippen formten plötzlich ein „Ja“.
Die Detektivin nestelte rasch und unauffällig eine Visitenkarte aus ihrer Jackentasche.
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