Tessy und das Geheimnnis des Sexclubs
fürchterlich für die Angehörigen sein“, meinte Sandra Kramer schließlich und ging voran zu einer Sitzecke im hinteren Bereich des Geschäfts, wo sie Tessy mit knapper Handbewegung einen Platz anbot.
„Darf ich fragen, woher Sie wissen, dass mein Mann und ich Rhea kennen?“ Ihr Blick war direkt und forschend, aber frei von Abwehr und Misstrauen.
„Selbstverständlich. Als die Polizei die Eltern darauf hinwies, dass von Behördenseite kein Handlungsbedarf mehr bestehen würde, haben die Kossners die Initiative ergriffen und sich in ihrer Wohnung umgesehen. Dort fanden sie einen Hinweis auf Rheas Tätigkeit im Club sowie verschiedene Namen, denen ich nun im einzelnen nachgehe …“
Der letzte Satz war schlicht gelogen. Weder Polizei noch Eltern hatten irgendetwas entdeckt, was zum Club geschweige denn zu den Kramers führte, aber Tessy blieb nichts anderes übrig, als an dieser Stelle zu flunkern, und zwar möglichst überzeugend. Es war nicht auszuschließen, dass die Kramers von der Bekanntschaft zu Franka wussten und entsprechende Rückschlüsse ziehen würden.
Die Geschäftsfrau schlug ein Bein über das andere und runzelte die Stirn. „Ach? Das wundert mich aber.“
Tessy schluckte. Ihre Erklärung rief deutlich spürbare Skepsis hervor, aber nun musste sie dabei bleiben. Sie hob die Hände. „Die Eltern halten sich ziemlich bedeckt und haben mir Ihre und andere Namen genannt, ohne genauer zu erläutern, wie sie darauf gestoßen sind. Rheas Job ist ihnen nicht nur neu, sondern auch ziemlich unangenehm.“
Sandra Kramer nickte und fixierte Tessy mit dunklem Blick. „Sie hat ihn verheimlicht – deshalb kann ich mir auch gar nicht vorstellen, dass die Verbindung zum Club und zu uns so offensichtlich nachvollziehbar ist.“
„Ich schätze, man sieht sich mit anderen Augen um, wenn man befürchtet, dass einem Menschen, noch dazu der eigenen Tochter, etwas zugestoßen sein könnte“, wandte Tessy ein. „Jede Notiz und beiläufige Bemerkung bekommt plötzlich Gewicht.“
„Ja, möglich. Das ist allerdings ein Argument“, gab Frau Kramer zu. Sie überlegte einen Moment. Dann lächelte sie. „Ich kann mich auf Ihre Diskretion verlassen?“
„Selbstverständlich.“
Das Lächeln wurde tiefer. „Nun, mein Mann und ich haben Rhea im Club kennen gelernt. Sie ist eine zauberhafte junge Frau. Mehr kann ich Ihnen im Grunde gar nicht sagen.“
Das kann ich mir nicht vorstellen, dachte Tessy. „Haben Sie Rhea auch außerhalb des Clubs getroffen?“
Die Frage überraschte Sandra Kramer, aber sie hatte sich bemerkenswert schnell wieder in der Gewalt. „Um ehrlich zu sein: ja. Wir haben vor einiger Zeit mal ein Wochenende zusammen verbracht – das sollte allerdings im Club nicht bekannt werden.“
„Wissen Sie noch genau, wann das war?“, fragte Tessy, als ein Geräusch an der Tür sie ablenkte. Ein hochgewachsener Mann betrat das Geschäft.
„Mein Mann“, sagte Sandra Kramer und stand rasch auf.
Tessy tat es ihr gleich und beobachtete, wie sich das Ehepaar begrüßte – mit Kuss und inniger Umarmung.
„Stell dir vor, Rhea ist verschwunden“, erklärte Sandra ihrem Mann Burkhard dann sofort und hakte sich bei ihm ein, während sie gemeinsam zur Sitzecke gingen. „Die Polizei hat die Ermittlungen eingestellt, aber eine Privatdetektivin soll nun den Dingen auf den Grund gehen. Darf ich dir Frau Ritter vorstellen?“
„Ach du liebe Güte!“, entfuhr es Burkhard Kramer – einem braungebrannten, dunkelblonden Mann, der nicht unbedingt Tessys Typ war, weil er zu sehr die Ausstrahlung des ambitionierten Golfspielers und erfolgreichen Geschäftsmanns hatte, aber dennoch sympathisch und freundlich wirkte. „Um Gottes willen, das ist ja schrecklich. Hat man denn gar keine Spur?“
„Bisher nicht.“
Burkhard Kramer trat näher und gab Tessy die Hand. Seine blassblauen Augen verdunkelten sich einen Moment. Er setzte sich und strich sein Haar zurück.
„Frau Ritter fragte gerade, wann wir Rhea zum letzten Mal gesehen haben“, erläuterte Sandra ihrem Mann. „Um die Nachforschungen zu erleichtern, habe ich ihr ganz offen von unserem gemeinsamen Wochenende erzählt … Wann war das gleich noch, Schatz? Ende Mai, Anfang Juni?“
Burkhard zwinkerte. Er ist irritiert, vielleicht sogar verblüfft und alles andere als erfreut, stellte Tessy fest. Allerdings war die Reaktion nur allzu verständlich. Wer wird schon gerne vor wildfremden Leuten auf seine erotischen Vorlieben
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