Tessy und die Hörigkeit der Malerin - 1
kritisch beäugt und sich ungefragt einmischt. Das kann ich auf den Tod nicht leiden, wie du weißt.“
„Aber ist es nicht ihr Job, dich darauf aufmerksam zu machen, wenn ihr etwas …?“
Philipp schüttelte unwillig den Kopf. „Nein, ganz und gar nicht. Ihr Job ist es gewesen, die Aufgaben zu erledigen, die ich ihr gebe und auf keinen Fall mehr. Auf gar keinen Fall!“, wiederholte er energisch.
„Das verstehe ich nicht.“
„Musst du auch nicht.“
„Nein?“ Charlotte spürte, dass sie ärgerlich wurde. „Was soll das? Ist es wirklich nötig, dass du mich so konsequent aus deinem Geschäftsleben ausschließt? Ich bin weder dumm noch klatschsüchtig. Und ich will dir auch nicht reinreden, aber du kannst mir doch wenigstens eine vernünftige Antwort geben.“
Philipp lächelte breit. „Du bist noch hübscher, wenn du wütend wirst.“ Er sah auf die Uhr. „Etwas Zeit hab ich noch. Ich wüsste ja …“
Charlotte machte eine unwillige Handbewegung. „Hör schon auf! Was ist mit Paula? Hat sie Mist gebaut?“
Philipp runzelte die Stirn. „Ja, sie hat Mist gebaut, aber ich will nicht mehr davon sprechen. Die geschäftlichen Belange sind meine Sache. Das weißt du. Also lass mich in Ruhe.“
Sein Blick wurde dunkel und starr, und Charlotte wehrte sich gegen die leise, aufgeregte, mit seltsamer Freude durchsetzte Furcht, die neben der Wut in ihr hoch kroch – schon wieder einmal in ihr hoch kroch –, aber sie senkte als erste den Blick. Beschämt über sich selbst und ihre immer wieder drängende Lust, aufzubegehren, um sich von ihm unterwerfen zu lassen.
„Ist ja schon gut, reg dich bloß nicht so auf“, wiegelte sie ab. „Ich kenne deine Auffassung, aber darum verstehe ich sie trotzdem nicht – jedenfalls nicht in dieser übertriebenen Form. Und ich bin grundsätzlich anderer Ansicht. Das zumindest wirst du dir von mir anhören, ob es dir passt oder nicht.“
„Bist du sicher?“
Charlotte sah ihm in die Augen und biss die Zähne zusammen. Doch im selben Augenblick lächelte Philipp, und sein Gesicht glättete sich – gänzlich unerwartet. „Du bist ganz schön widerborstig heute Morgen. Dabei weißt du doch, dass ich ein ziemlicher Eigenbrötler bin. Lass uns jetzt aufhören mit der Streiterei. Das bringt nichts.“
Sie atmete tief durch und lächelte dann zurück. „Na schön, du hast wahrscheinlich Recht. Streit ist auch nicht nach meinem Geschmack.“ Sie betrachtete ihn einen Moment nachdenklich und entschloss sich dann, einen weiteren Vorstoß zu wagen. Jetzt oder nie.
„Was hältst du davon, wenn ich ein bisschen im Büro aushelfe, jetzt, wo Paula nicht mehr da ist?“, fragte sie.
„Gar nichts – konzentriere dich aufs Malen“, gab Philipp rasch zurück, bemühte sich aber, freundlich zu bleiben. „Ich finde schon jemanden, der hier einspringt.“
„Kannst du denn nicht verstehen, dass ich auch etwas tun möchte?“, hielt sie ihm entgegen. „Du bist sehr großzügig, und ich bin es gewohnt zu arbeiten. Den ganzen Tag nur an der Staffelei zu verbringen war noch nie mein Ding – noch dazu auf deine Kosten. Das gefällt mir nicht. Außerdem muss ich mich auch mal mit etwas anderem beschäftigen.“
Philipp musterte sie und schüttelte den Kopf. „Geh einkaufen oder ins Fitnessstudio, mach irgendwas, aber hier …“
Charlotte stand auf, trat rasch zu ihm und zog seinen Kopf an ihren Bauch, damit er ihr Gesicht nicht sehen konnte. „Sei nicht so störrisch. Ich bin keine Puppe, die man einfach in eine Ecke packt …“
„Nein, man packt dich ins Bett und besorgt es dir, dann gibst du Ruhe – jedenfalls hinterher.“ Er hob das Gesicht zu ihr hoch und grinste anzüglich. Dann schob er den Stuhl zurück und stand er auf.
„Philipp, bleib mal ernst!“, sagte Charlotte. „Lass mich was tun – ein, zwei Stunden am Tag. Ich könnte Telefonate entgegennehmen, Termine vereinbaren, Briefe am PC schreiben und Belege eingeben und ordnen. Mehr kann ich sowieso nicht.“
Sie war erstaunt, dass ihr der Schwindel so mühelos über die Lippen ging. Charlotte hatte bereits häufig im kaufmännischen Bereich gejobbt, und die üblichen Computerprogramme waren ihr genauso geläufig wie der Unterschied zwischen Soll und Haben. Aber offensichtlich war Philipp gar nicht daran gelegen, jemanden mit einschlägigen Kenntnissen oder gar fundierter Ausbildung im Büro zu beschäftigen. Er suchte eine Hilfskraft, die gerade mal bis drei zählte.
„Ich könnte noch einmal in aller
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