Tessy und die Hörigkeit der Malerin - 1
hast nicht einen Funken Fantasie – ich spaziere da rein, mache ein paar eindeutig-zweideutige Bemerkungen, schaue mir mal an, wie die Herren darauf reagieren und schlage dann ein Geschäft vor. Wenn es heiß wird, kann ich immer noch die Biege machen. So läuft das. Ich bin doch kein dummer Junge.“
Mark hatte diesbezüglich durchaus seine eigene Meinung, aber er behielt sie in diesem Moment für sich. Robin war so begeistert.
„Überleg doch mal – ein paar Tausender extra, wäre das nichts? Mal ein kleiner Urlaub und ein paar Nächte durchfeiern. Und natürlich: endlich mal ein paar Portionen richtig gutes Zeug einfahren!“, schwärmte er.
„Lass doch endlich diesen Scheiß!“, fuhr Mark ihn an.
Robin hob die Hände. „Okay, wie du willst – ich dreh das Ding, sorg für ein gutes Geschäft, wir teilen uns den Erlös, und ich nehm keine Drugs mehr, einverstanden?“
Mark hätte ihm zu gerne geglaubt, aber dazu hatte Robin schon zu oft sein Versprechen gebrochen. Er war ein kleiner Junkie, aber wenn er nicht aufpasste, würde es ihn bald so richtig erwischen.
„Nun glotz nicht so“, fügte Robin hinzu und stieß ihm den Ellenbogen in die Seite. „Was soll denn schief gehen? Schlimmstenfalls verprügelt mich der Kerl – meine Güte, es wäre nicht meine erste Tracht, und ich werde es überleben.“
Aber genau das hatte er nicht.
Mark schloss kurz die Augen, als er seinen Bericht beendet hatte.
„Irgendwie ist es meine Schuld“, sagte er dann. „Ich habe ihn erst auf diese Idee gebracht.“
„Quatsch!“, sagte Tessy. „Du hast ihn gewarnt, sich mit denen anzulegen“, wiegelte sie ab. Aber natürlich konnte sie Marks Schuldgefühle gut nachvollziehen. Sie sah zu Paula hinüber. Die schluckte und sah Mark an. „Vergiss das ganz schnell. Robin hat schon immer das Risiko geliebt“, erklärte sie eilig, aber ihre Stimme klang zittrig.
Mark lächelte plötzlich und zum ersten Mal überhaupt. „Danke.“
„Geht die Geschichte noch weiter?“, fragte Tessy.
Er wollte abwinken, zögerte und nickte schließlich. „Von wegen Risiko: Ich hatte letztens eine fiese Begegnung mit zwei Typen, die mich ganz klar gewarnt haben, in Sachen Antiquitäten weiter zu schnüffeln. Da kann nur Simon hinter stecken, denn ich habe meist ihn verfolgt. Wahrscheinlich bin ich ihm irgendwann aufgefallen, und er hat den Spieß umgedreht und rausgekriegt, wer ich bin.“
Tessy warf ihm einen scharfen Blick zu. „Was genau bedeutet das? Hat man dich verdroschen?“
Er sah kurz zum Fenster hinaus. „Ja.“
„Verstehe.“
Wieder lächelte Mark.
„Und du glaubst, dass Robin von diesen Typen ermordet wurde?“
„Ja, das glaube ich.“
„Die Polizei hat aber nichts Ungewöhnliches entdeckt, sondern geht von einem Drogentoten aus, der sich aus Versehen oder absichtlich eine Überdosis gedrückt hat.“
„Kann ich mir denken. Die wissen, was sie tun und wie sie es tun. Profis eben.“
Eine ganze Weile herrschte bedrücktes Schweigen.
„Und nun?“, fragte Paula und sah Tessy an. „Wie geht es jetzt weiter? Was ist mit deinem Freund von der Polizei? Kann der nicht was unternehmen?“
Mark wurde erneut blass. Er schüttelte heftig den Kopf. „Hört gut zu: Wenn da Bullen aufkreuzen und die Bude auseinander nehmen, ohne was zu finden, bin ich dran – das dürfte klar sein, oder?“
Tessy hob rasch die Hände. „Moment! Die Polizei kann ohnehin nur aktiv werden, wenn eindeutige Indizien vorliegen.“
„Was willst du damit sagen?“ Paula runzelte die Stirn. „Ich finde das alles mehr als eindeutig!“
„Nun, all die Hinweise und Zusammenhänge, die wir bisher zusammengetragen haben, mögen uns völlig eindeutig erscheinen – für die Ermittlungsbehörden sind sie es aber deswegen noch lange nicht. Wir haben Mutmaßungen und Verdachtsmomente aufgrund zufällig oder weniger zufällig belauschter Gespräche gewonnen, aber ein seltsames Geschäftsgebaren und unsere persönlichen Schlussfolgerungen reichen noch lange nicht aus, um zum Beispiel eine unangekündigte Durchsuchungsaktion zu rechtfertigen und die Herrschaften fest zu nehmen“, erklärte Tessy. „Wenn wir Anzeige erstatten und berichten, was uns aufgefallen ist, wird die Polizei natürlich nachforschen, aber damit auch Philipp Sommer und seine Leute warnen. Und damit gefährden wir Mark und vielleicht sogar Charlotte.“
Paula atmete heftig ein. „Ja, und? Was machen wir jetzt? Wir können doch nicht die Hände in den Schoß legen
Weitere Kostenlose Bücher