Tessy und die Hörigkeit der Malerin - 1
passierte … Na ja.“ Er schluckte.
Tessy sah zur Seite und bemerkte, dass Paula feuchte Augen bekommen hatte.
„Und dann?“, fragte Tessy. „Was ist passiert?“
„Vor ein paar Monaten hab ich zufällig ein Gespräch zwischen meinem Chef und Simon mitbekommen …“
„Du kennst Simon?“, unterbrach Paula.
„Er war mal einer von Chripos wichtigsten Leuten.“
„Kripo?“
„Christoph Pohlmann in Kurzform zusammengesetzt: Chripo.“
Paula verdrehte die Augen. „Saukomisch.“
„Ja, nicht wahr?“
„Die Branche passt allerdings zu Simon wesentlich besser als Antiquitäten“, meinte sie.
„Finde ich auch.“ Tessy nickte. „Und was genau hast du mitbekommen?“, wandte sie sich dann wieder an Mark. Sie war gespannt.
„Ich hab was aus dem Keller geholt. Auf halber Treppe nach oben höre ich, wie Chripo Simon begrüßt, der gerade auf den Hinterhof gefahren war. Ich bin stehen geblieben … einfach so. Ich mochte Simon noch nie. Ich wollte warten, bis die beiden im Büro verschwunden waren, um ihm nicht zu begegnen. Dann höre ich, wie mein Chef sagt, dass er mit den ganzen Möbeln bald selbst einen Antiquitätenladen aufmachen könnte. Dabei klingt seine Stimme halb genervt, halb amüsiert.“
„Reg dich wieder ab“, erwiderte Simon. „Du kennst die Bedingungen. Es läuft so und nicht anders. Philipp handelt mit Antiquitäten und fertig. Und es sind doch schöne Stücke, oder etwa nicht? Wir geben uns wirklich Mühe bei der Auswahl.“ Er lachte.
Chripo fiel in Simons Lachen ein. „Unbedingt, da gebe ich dir recht. Aber was hältst du eigentlich davon, wenn du den Garderobenschrank aus dem oberen Flur gleich wieder mitnimmst? Die Türen klemmen. Bei der Gelegenheit könnt ihr ihn gleich noch mal auffüllen. So in ungefähr vier bis sechs Wochen könnte ich wieder etwas gebrauchen. Es können auch acht Wochen werden.“
„Gar keine schlechte Idee“, antwortete Simon nach einer kleinen Pause. „Ich spreche mit Philipp darüber.“
Mark schüttelte den Kopf – Möbelstücke auffüllen? Er schlich erst nach oben, als er hörte, dass die beiden ihre Unterredung beendet hatten und ihrer Wege gingen.
Ungefähr zwei Wochen später nahm Mark einen Telefonanruf entgegen. Es war Philipp, der zu Chripo durchgestellt werden wollte. Mark wählte mit der drehbaren Wählscheibe des altertümlichen Apparats das Büro seines Chefs an, stellte die Verbindung mittels der Erdtaste her und wollte gerade den Hörer auflegen, als ihm das Hinterhofgespräch zwischen Simon und Chripo erneut in den Sinn kam. Einige Tage war es immer wieder in seinem Kopf herumgeistert, dann hatte er es kopfschüttelnd zu den Akten gelegt und sich entschlossen, keinen Gedanken mehr daran zu verschwenden. Was ging es schließlich ihn an, wofür der Chef sein Geld ausgab? Doch die Gelegenheit war einfach zu günstig. Ohne lange nachzudenken, behielt er den Hörer in der Hand und hob ihn schließlich ans Ohr, um atemlos zu lauschen.
„Na, mein Freund, wie geht es dir?“, fragte Philipp mit dunkler, lächelnder Stimme. „Ich hoffe, die Geschäfte laufen nicht nur zufriedenstellend.“
„Danke der Nachfrage – es geht alles seinen Gang. Unsere Freunde am Schwarzen Meer sind hochzufrieden mit der straffen Organisation. Eine Hand wäscht die andere.“
„Selbstverständlich. Du hast wie immer einen Bonus. Aber sei achtsam mit deinen Kunden. Keine abgerissenen Typen. Wie viel brauchst du?“
Chripo überlegte einen Moment. „Drei, vier Pakete müssten genügen. Packt ihr es in den Garderobenschrank?“
„Ja. Es ist übrigens eine hervorragende Idee, den Schrank noch einmal zu benutzen“, sagte Philipp. „Nur, wir sollten es mit dieser Masche nicht übertreiben. Ich muss schließlich auch bei der Buchhaltung aufpassen.“
„Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“, stimmte Chripo ihm zu. „Nur: ich habe bald keinen Platz mehr für all den Plunder, und strecken will ich nicht. Das spricht sich schnell herum. Da reicht schon so ein abgemagertes Küken, das auf irgendeinem Klo …“
„Sei still!“ unterbrach Philipp ihn brüsk. „Manchmal haben die Wände Ohren. Und die Leitungen erst recht.“
Mark wartete, bis Chripo eine langatmige und laute Entschuldigung von sich gab und legte dann behutsam den Hörer auf. Seine Wangen waren heiß und sein Kopf dröhnte. Es gehörte nur noch eine kleine Portion Fantasie dazu, um sich auszumalen, womit die Möbel aufgefüllt wurden, aber Mark verbot sich zunächst,
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