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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Zeit, indem er in ein paar alten, zerknitterten Zeitschrif en las, die auf dem kleinen Tisch lagen. Schließlich konnte er nicht länger still sitzen und trat hinaus. Der Korridor ging hinter der Biegung in eine kleine Diele über, in der mehrere Sessel standen. Ihnen gegenüber war ein Fernsehgerät in die Wand eingelassen. Ein Programm für Luna-Hauptstation aus Australien lief gerade, es war ein Bericht über Leichtathletikwettkämpfe. Sie interessierten ihn nicht sonderlich, aber er nahm Platz und sah zu, bis er schläfrig wurde. Er stand auf und schnellte einen halben Meter hoch – er hatte die geringe Schwerkraf vergessen.
      Wann endlich durf e er die Zivilkleidung ablegen und von wem würde er einen Skaphander bekommen? Wo waren die Instruktionen? Was hatte das alles zu bedeuten? Er wäre irgendwo hingegangen, um sich zu erkundigen, aber dieser Dr. Langner schien die Situation of enbar für die normalste der Welt zu halten … Na, meinetwegen! dachte Pirx. Wenn er nichts sagt, dann sage ich auch nichts …
      Die Übertragung war zu Ende. Pirx schaltete das Gerät aus und kehrte in sein Zimmer zurück. So hatte er sich den Aufenthalt auf dem Mond nicht ausgemalt. Als er unter der Dusche stand, hörte er durch die dünne Wand Stimmen – im Nebenzimmer unterhielten sich Touristen, die er aus der Gaststätte kannte. Der Mond schien sie in Euphorie versetzt zu haben. Er, Pirx, verspürte nichts dergleichen. Er wechselte das Hemd, nur um irgend etwas zu tun, und als er sich aufs Bett legte, kehrte Langner zurück – mit vier anderen Wälzern.
      Pirx überrieselte es kalt, in ihm regte sich der Verdacht, einen fanatischen Wissenschaf ler vor sich zu haben, eine jüngere Version von Professor Merinus.
      Langner legte neue Fotogramme auf den Tisch und betrachtete sie durch die Lupe. Er war aufs höchste gespannt – so eifrig pf egte Pirx nicht einmal die Fotos von Schauspielerinnen zu studieren. Unvermittelt fragt er Pirx nach seinem Alter.
      »Hundertelf«, antwortete Pirx, und als der Astrophysiker den Kopf hob, fügte er hinzu: »Im Zweiersystem.«
      Langner lächelte zum erstenmal, und dadurch wirkte er fast menschlich. Er hatte kräf ige weiße Zähne.
      »Die Russen schicken uns eine Rakete«, sagte er. »Wir f iegen zu ihnen.«
      »Zur Ziolkowski-Station?«
      »Ja.«
      Das war bereits eine Station auf der »anderen Seite«. Also noch einmal umsteigen, überlegte Pirx. Und die restlichen tausend Kilometer? Mit einem Geländefahrzeug werden wir sie wohl kaum zurücklegen, eher mit einer Rakete … Er wollte nicht fragen, wollte nicht eingestehen, daß er nichts wußte. Langner setzte zum Sprechen an, aber er unterließ es. Pirx war eingenickt. Plötzlich wachte er auf, Langner stand über sein Bett gebeugt und berührte seine Schulter. »Es ist Zeit«, sagte er nur.
      Pirx setzte sich auf. Langner schien die ganze Zeit gelesen und geschrieben zu haben – der Stoß Papiere mit den Berechnungen war angewachsen. Im ersten Moment dachte Pirx, Langner meine das Abendessen, aber es handelte sich bereits um den Start. Pirx lud sich den vollgestopften Rucksack auf. Langners Tornister war noch größer und schwerer, er schien Steine zu enthalten. Später stellte sich heraus, daß außer Hemden und Toilettenartikel lauter Bücher darin steckten.
      Ohne durch den Zoll zu müssen und ohne jede andere Kontrolle gelangten sie in das obere Niveau, wo eine Rakete auf sie wartete. Das ehemals silberfarbene, aber nun graue, dickbauchige Projektil stand auf drei gebogenen, gespreizten, etwa zwanzig Meter hohen Füßen. Es war nicht aerodynamisch geformt – es gibt auf dem Mond keine Atmosphäre. Mit solch einer Rakete war Pirx noch nie gef ogen. Ein Astrochemiker sollte sich ihnen anschließen, aber er ließ sich nicht blicken. Sie starteten ohne ihn zur festgesetzten Zeit.
      Aus dem Fehlen einer Atmosphäre erwuchsen besondere Schwierigkeiten. Man konnte keine Flugzeuge benutzen, keine Hubschrauber – nichts, außer Raketen. Nicht einmal die im schwierigen Gelände so bequemen Luf kissenboote waren zu verwenden. Raketen sind zwar schnell, sie können aber nicht überall landen, sie mögen weder Berge noch Felsen.
      Das bauchige, dreibeinige Insekt heulte auf, dröhnte und raste kerzengrade in die Höhe. Die Kabine war etwa doppelt so groß wie das Hotelzimmerchen. An den Wänden leuchteten Illuminatoren, in der Decke war ein rundes Fenster angebracht, der Pilot saß nicht oben,

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