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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Dauer, denn das Raumschif hatte seinen Kurs geändert, um durch das »Loch« der Strahlungsgürtel, das am Nordpol klaf e, zu den Sternen emporzuschießen.
      Pirx konnte die Sterne nicht länger betrachten, denn die Lichter f ammten auf. Während die Triebwerke arbeiteten, um einen Schwereersatz zu erzeugen, wurde das Mittagessen gereicht. Nach der Mahlzeit machten es sich die Passagiere wieder in den Sitzen bequem. Die Lichter verloschen, man konnte den Mond sehen.
      Sie näherten sich ihm von der Südseite. Wenige hundert Kilometer unterhalb des Pols klaf e der Tycho, er spiegelte sich im Sonnenlicht, ein weißer Fleck, der nach allen Seiten Strahlungsgürtel aussandte, deren erstaunliche Regelmäßigkeit ganze Generationen irdischer Astronomen in Erstaunen versetzt hatte, um schließlich, nach der Lösung des Rätsels, Gegenstand von Studentenwitzen zu sein. Hatte man den ersten Studenten nicht eingeredet, der weiße Kreis des Tycho sei das »Loch der Mondachse« und seine strahlende Streifen nichts weiter als dick gezeichnete Meridiane?
      Je mehr sie sich der im schwarzen Vakuum hängenden Kugel näherten, desto deutlicher erkannte man, daß es ein in starren. Lavamassiven festgehaltenes Weltbild sei aus einer Zeit von vielen Milliarden Jahren, da die heiße Erde mit ihren Satelliten durch Meteoritenwolken wanderte, durch Reste einer Planetogenese, da eiserner und steinerner Hagel pausenlos gegen die dünne Schale des Mondes schlug, sie durchbohrte, Magmawogen an die Oberf äche warf; und als sich der Raum nach unendlich langer Zeit gereinigt hatte und leer geworden war, erstarb der Globus als ein Schlachtfeld der Epoche bergbildender Katastrophen, bis schließlich seine durch die Bombardierungen verwundete steinerne Maske die Intuition der Poeten und die lyrische Lampe der Verliebten wurde.
      Die »Selene«, die eine Last von vierhundert Tonnen trug – Menschen und Ladung –, drehte sich mit dem Heck zur stetig wachsenden Mondscheibe und begann in Etappen zu bremsen, bis sie sich leicht zitternd in einem der großen Trichter des Kosmodroms niederließ.
      Pirx war schon dreimal auf dem Mond gewesen, davon zweimal allein, das heißt, er hatte sich eigenhändig auf ein Prüf eld gesetzt, das eine halben Kilometer vom Zivilf ughafen entfernt war.
      Jetzt konnte er das Prüf eld nicht einmal sehen, denn der riesige, von keramischen Platten eingefaßte Körper der »Selene« wurde auf das Gerüst eines hydraulischen Krans gehoben und fuhr unter die Oberf äche des Flughafens, zum hermetisch abgeschlossenen Hangar, wo eine Zollkontrolle stattfand: Narkotika? Alkohol? Explosive, gif ige, ätzen de Stof e? Pirx besaß eine geringe Menge gif igen Materials, nämlich ein f aches Fläschchen mit Kognak, das Matters ihm zugesteckt hatte. Er verbarg es in der Gesäßtasche. Dann gab es Sanitätskontrolle – Impfschein, Sterilisierung des Gepäcks, damit keine Keime auf den Mond verschleppt würden –, die im Nu erledigt war.
      Hinter der kleinen Schranke blieb er stehen, denn er wußte nicht, ob er erwartet wurde.
      Er stand im Zwischenstock. Der Hangar war eine riesige, in den Fels getriebene betonierte Kammer mit einer Decke in Halbkugelform und f achem Boden. Licht gab es zur Genüge – künstliches Sonnenlicht, Licht aus Glühplatten. Viele Menschen liefen hin und her, Gepäck, Preßgasf aschen, Tanks, Kisten und Kabeltrommeln wurden auf Elektrokarren verladen. Im Hintergrund war die Ursache dieses f eberhaf en Treibens zu sehen – der reglose Rumpf der »Selene«, eigentlich nur ihr mittlerer Teil, der einem gewaltigen Gasbehälter glich, denn das Heck ruhte tief unter Beton, in einem geräumigen Schacht, und die Spitze des massiven Rumpfes ragte durch eine runde Öf nung ins höhere Stockwerk.
      Pirx stand so, bis ihm einf el, daß er eigene Dinge zu erledigen habe. In der Flughafenbehörde wurde er von einem Beamten empfangen, der ihm einen Block für das Nachtquartier aushändigte und ihm mitteilte, daß die Rakete in elf Stunden zur »andern Seite« abf iege. Aus irgendeinem Grunde hatte er es eilig und gab ihm keine weiteren Erklärungen. Pirx trat auf den Korridor hinaus. Chaotische Zustände! dachte er verärgert. Er wußte nicht einmal genau, welchen Weg die Rakete nehmen werde. Über die SmythSee oder direkt zu Ziolkowski? Und wo sein unbekannter Mondgefährte steckte, wußte er auch nicht. Und die Kommission? Der Arbeitsplan?
      Solchen Überlegungen widmete er sich, bis seine

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