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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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mit unendlicher Güte und Nachsicht gegenüber den Mitreisenden, die ja nicht ahnen konnten, wer dort mit ihnen im Bauch des großen Düsenf ugzeuges saß. Er betrachtete sie, wie Einstein am Ende seines Lebens Säuglinge betrachtet haben mochte, die im Sande spielten.
      »Selene«, das neue Schif der Transgalaktik-Linie, startete vom nubischen Kosmodrom im Herzen Afrikas. Pirx war zufrieden. Nicht daß er glaubte, man werde dort eine Gedenktafel mit seinem Namen anbringen – nein, so kühn waren seine Träume nicht –, aber immerhin, viel fehlte da nicht. Um so bitterer waren die Wermutstropfen, die in den Becher seiner Eigenliebe f elen, als er die Rakete bestieg. Daß ihn im Flugzeug niemand erkannt hatte, war nicht so schlimm, aber daß man ihn auch im Raumschif nicht beachtete, war schlechthin empörend. Er war gezwungen, in der Touristenklasse Platz zu nehmen, mitten zwischen Franzosen, die Fotoapparate um den Hals trugen und sich gegenseitig zu überschreien versuchten – rasend schnell und völlig unverständlich. Er, Pirx, zwischen lärmenden Touristen!
      Niemand befaßte sich mit ihm, niemand zog ihm einen Skaphander über und pumpte ihn auf, niemand fragte, wie er sich fühle, niemand hängte ihm Flaschen auf den Rükken. Sicherlich geschieht das zu meiner Tarnung! redete er sich ein, und eine Zeitlang spendete ihm dieser Gedanke Trost.
      Der Raum der Touristenklasse ähnelte der Kabine eines Düsenf ugzeugs – nur die Sessel waren größer, tiefer, und vor seinen Augen hing ein Schild mit Verbotsaufschrif en. Man durf e nicht aufstehen und nicht rauchen. Vergebens versuchte Pirx in der Menge der Laien dadurch aufzufallen, daß er eine zünf igere Haltung einnahm als sie, indem er ein Bein über das andere schlug und die Sicherheitsgurte nicht benutzte. Es war nicht die hübsche Stewardeß wie im Flugzeug, sondern der Assistent des Piloten, der ihm befahl, sich anzuschnallen. Das war der einzige Augenblick, da ihn jemand von der Besatzung beachtete. Schließlich bot ihm einer der Franzosen – wahrscheinlich aus Versehen – ein Fruchtbonbon an. Pirx nahm es, verkleisterte sich mit der klebrig-süßen Masse die Zähne, lehnte sich resigniert in seinem Polstersitz zurück und begann, Betrachtungen anzustellen. Mehr und mehr festigte sich in ihm die Über zeugung, daß seine Mission sehr gefährlich sei. Er kostete die nahende Gefahr ohne jede Hast aus, er genoß die Vorfreude wie ein Trunksüchtiger, dem eine moosbewachsene Flasche Wein aus den napoleonischen Kriegen in die Hand gefallen ist.
      Er hatte einen Fensterplatz, aber es versteht sich von selbst, daß er beschloß, das Fenster zu ignorieren. Wie of hatte er schon hinausgesehen!
      Er hielt es jedoch nicht aus. Als die »Selene« ihre Umlauf ahn um die Erde begann, von der sie zum Mond f iegen sollte, warf er doch einige Blicke durch die Scheibe. Es war ein faszinierender Moment. Die Erdoberf äche, von den Linien der Straßen und Kanäle gerillt und durch Siedlungen und Städte bunt bef eckt, reinigte sich allmählich von all diesen Spuren menschlicher Gegenwart. Als die letzten verschwunden waren, lag unter dem Schif die f ekkige, von Wolkenfetzen belebte Rundung des Planeten, und der Blick, der von dem Schwarz der Ozeane auf die Kontinente überging, bemühte sich vergebens, etwas zu f nden, was durch den Menschen geschaf en worden wäre.
      Aus der Entfernung von mehreren hundert Kilometern sah die Erde leer, entsetzlich leer aus – als sei darauf das Leben erst geboren. Nur ihre wärmeren Gegenden waren durch einen schwachen Anf ug von Grün gekennzeichnet.
      Im Grunde hatte er das schon of beobachtet, aber es beeindruckte ihn immer wieder aufs neue – es lag etwas darin, womit er sich nicht einverstanden erklären konnte. War es der Umstand, daß dabei zum erstenmal die mikroskopische Größe des Menschen gegenüber der riesigen Leere sichtbar wurde? War es der Übergang in den Bereich einer anderen, der planetaren Größenordnung? War es die Erkenntnis der menschlichen Nichtigkeit, der Bedeutungslosigkeit tausendjähriger Bemühungen? Oder verhielt es sich umgekehrt? War es der Triumph dieser Nichtigkeit über die tote, allem gegenüber gleichgültige Gewalt der Gravitation dieses entsetzlichen Quaders – der Triumph des Menschen, der die Wildheit der Bergmassive und die Panzer des Polareises hinter sich ließ und die Gef lde anderer Himmelskörper betrat? Diese Erwägungen oder Gefühle waren nicht von langer

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