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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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sondern unten, fast zwischen den Auspuf düsen, damit er die Landeplätze gut erkennen konnte. Pirx kam sich vor wie ein Gegenstand, wie ein Paket, das man irgendwohin schickte. Er kannte weder Grund noch Ziel der Reise – jedenfalls nicht genau –, und er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete. Das ewige Lied …
      Sie waren auf die Parabel gekommen. Die Kabine neigte sich schräg, sie schleppte die langen Beine hinter sich her. Unter ihr glitt die riesige gewölbte Mondscheibe dahin, der Erdtrabant sah aus, als habe ihn noch keines Menschen Fuß betreten. Im Raum zwischen Erde und Mond gibt es eine Zone, in der beide Körper gleich groß erscheinen. Pirx erinnerte sich noch genau des Eindrucks, den er bei seinem ersten Flug empfangen hatte. Die Erde, bläulich schimmernd, nebelverhangen, mit den verwaschenen Konturen der Kontinente, wirkte weniger real als der Mond, der wie ein Stein dahing, mit scharf hervortretenden Felsenreliefs. Sein statistisches Gewicht war nahezu fühlbar.
      Sie f ogen über dem »Meer der Wolken«, den Krater des Bullialdus hatten sie bereits hinter sich. Im Südosten lag der Tycho, umgeben vom Glorienschein seiner Strahlen, die über den Äquator bis auf die »andere Seite« reichten. Wie gewöhnlich herrschte in dieser beträchtlichen Höhe ein Eindruck vor, der sich schwer def nieren ließ – eine übergeordnete Regelmäßigkeit schien diesen Felsentotenkopf geformt zu haben. Der Tycho war vom Sonnenlicht überf utet, er umfaßte und durchschnitt mit seinen weißlichen Armen das Mare Humorum und das Mare Nubium, und sein nördlicher Ausläufer, der größte übrigens, verschwand irgendwo hinter dem Horizont in Richtung Mare Serenitatis. Als jedoch im Osten der Zirkus des Clavius hinter ihnen lag und sie sich über dem Äquator herabzulassen begannen und schon auf der »anderen Seite« über dem »Meere der Träume« f ogen, schwand in dem gleichen Maße, wie sich die Rakete senkte, die Illusion von der Ord nung. Die scheinbar glatte, dunkle Oberf äche des »Meeres« of enbarte nun ihre Risse und Spalten. Sie verloren ständig an Höhe, und nun zeigte der Mond aus der Nähe, was er in Wirklichkeit war – Hochplateaus, Ebenen, Krater und Ringberge waren gleichermaßen durch Trichter des kosmischen Bombardements aufgewühlt. Ringe von Felsresten, von Lava grif en ineinander über, sie durchdrangen einander, als ob jene, die diesen titanischen kosmischen Beschuß vollführt hatten, noch immer nicht mit der erreichten Zerstörung zufrieden wären. Ehe Pirx das Ziolkowski-Massiv erkennen konnte, stellte sich die Rakete, deren Geschwindigkeit durch das Einschalten der Triebwerke beschleunigt worden war, senkrecht auf. Das letzte, was Pirx zu sehen bekam, war ein Ozean der Finsternis, ein Ozean, der die ganze westliche Hemisphäre verschlang. Schon ragte hinter der Grenzlinie mit f ammender Spitze der Lobatschewski-Gipfel hervor. Die Sterne im oberen Fenster standen unbewegt. Die Rakete ging nieder wie ein Fahrstuhl, und da sie durch die Flamme der eigenen Triebwerke hindurch mußte, die sich am Heck konzentrierte, knallten die Gase brüllend gegen die erhabenen Stellen der äußeren Panzerung. Das Ganze erinnerte ein wenig an das Eindringen in die Atmosphäre. Die Sessel klappten von selbst zurück. Die Rakete stürzte hinab wie eine Kugel, aber man spürte einen sanf en Widerstand, mit dem die in entgegengesetzte Richtung speienden Düsen dem Fall entgegenwirkten. Plötzlich heulten die Düsen ohrenbetäubend auf. Aha, wir stellen uns auf das Feuer! dachte Pirx, um sich selbst zu beweisen, daß er schon ein echter Astronaut war, wenngleich noch ohne Diplom. Ein Schlag, ein Klappern, ein Krachen – ein gewaltiger Hammer schien auf die Steine einzuschlagen. Die Kabine fuhr sanf nach unten, wieder nach oben, sie ging auf und ab, und so schwankte sie noch eine gute Weile auf den wütend ächzenden Amortisatoren, auch dann noch, als sich die drei zwanzig Meter langen, gespreizten Füße der Rakete bereits fest in das Geröll gebohrt hatten.
      Schließlich gelang es dem Piloten, das Schwanken zu beheben, indem er etwas Druck in die Ölleitungen gab. Ein kurzes Zischen, und die Kabine kam zur Ruhe.
      Der Pilot kroch durch eine Klappe im Fußboden zu ihnen herein und öf nete den Wandschrank. Die Skaphander! Endlich!
      Pirx war guter Dinge, aber diese Stimmung hielt nicht lange vor. Es waren vier Skaphander da – einer für den Piloten, dann ein kleiner, ein mittelgroßer und ein

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