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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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ganze Stunde. Je mehr Sonnenf ecken es gibt, desto stärker »staubt« der Mond ein. Auch diese Erscheinung verschwindet erst einige Stunden nach Einbruch der Nacht, dieser entsetzlichen Nacht, der nur besondere, zweiwandige, thermosartig gefestigte Skaphander gewachsen sind, die selbst auf dem Mond ein verteufeltes Gewicht haben.
      Diese gelehrten Erwägungen fanden mit der Ankunf am Haupteingang der Station vorerst ihr Ende. Man nahm die drei gastlich auf. Der wissenschaf liche Leiter der Station, Professor Ganschin, war sehr groß – Pirx glaubte in seinem hohen Wuchs ein gewisses Gegengewicht zu seiner Pausbäckigkeit zu sehen. Ganschin schaute im wahrsten Sinne des Wortes von oben auf ihn herab, aber sein Kollege, Dr. Pnin, war noch größer, er maß mindestens zwei Meter.
      Es gab dort noch drei andere Russen, vielleicht auch mehr, aber sie ließen sich nicht blicken – sicherlich hatten sie Dienst. Oben waren ein astronomisches Observatorium und eine Rundfunkstation eingerichtet; durch den schräg in den Felsen gehauenen und betonierten Tunnel kam man in eine besondere kleine Kuppel, über der sich große Radarschirme drehten; durch die Illuminatoren konnte man dicht am Rande der Station so etwas wie ein silbrig glänzendes Spinnennetz erkennen. Es war das wichtigste Radioteleskop, das größte auf dem Mond. Mit der Seilbahn war man in einer halben Stunde dort.
      Die Station war viel größer, als es den Anschein hatte. In unterirdischen Räumen befanden sich gewaltige Wasserreservoirs, Luf behälter und Lebensmittelspeicher; in dem vom Talkessel aus unsichtbaren, in den Felsenriß eingebauten Flügel standen Transformatoren, die die Strahlungsenergie der Sonne in elektrische Energie umsetzten. Außerdem gab es dort noch etwas Herrliches: ein gewaltiges hydroponisches Solarium unter einer Kuppel aus stahlbewehrtem Quarz. Pirx erblickte Blumen über Blumen, große Behälter mit irgendwelchen Pf anzen, die Vitamine und Eiweiß lieferten – und einen Bananenbaum. Pirx und Langner kosteten diese auf dem Mond gezüchteten Früchte. Dr. Pnin erklärte ihnen lachend, daß die Bananen noch nicht zur täglichen Nahrung der Mannschaf gehörten, sie seien vorerst nur für Gäste da.
      Langner, der schon gewisse Vorstellungen vom Bauwesen auf dem Mond hatte, begann Fragen über Einzelheiten der Quarzkuppel zu stellen, denn die hatte ihn mehr beeindruckt als die Bananen. Der Bau war wirklich originell. Da außen Vakuum herrschte, mußte die Kuppel dem ständigen Druck von neun Tonnen pro Quadratmeter standhalten, was bei ihren Abmessungen die imposante Zahl von zweitausendachthundert Tonnen ergab. Die im Solarium gehaltene Luf drohte die Kuppel zu sprengen. Da die Konstrukteure auf Eisenbeton verzichten mußten, hatten sie geschweißte Rippen in den Quarz geschmolzen, die die ganze Spannkraf , nahezu drei Millionen Kilogramm, auf ein Iridiumschild an der Spitze weiterleiteten. Von dort führten mächtige Stahlseile nach außen, die tief in dem Basalt der Umgebung verankert waren. Es war ein einzigartiger »Quarzballon an der Leine«.
      Vom Solarium begaben sie sich geradewegs in den Speisesaal, um zu essen – es war die dritte Mittagsmahlzeit hintereinander. Das Leben auf dem Mond schien nur aus Mittagessen zu bestehen. Der Speisesaal, der zugleich Gemeinschaf sraum war, hatte mittlere Ausmaße; seine Wände waren mit Holz verschalt, es handelte sich um richtige Kiefernbretter, die sogar nach Harz rochen. Diese außergewöhnliche Erdverbundenheit war Pirx nach den gleisnerischen Mondlandschaf en besonders lieb und wert. Professor Ganschin verriet ihnen, es handele sich nur um eine dünne Schicht und sie diene lediglich dem Zweck, das Heimweh der Männer ein wenig zu dämpfen.
      Während des Essens und auch danach schwieg man sich über Mendelejew, über den Unfall und über die unglücklichen Kanadier aus. Man sprach auch nicht vom Abf ug; es war ganz so, als wären sie für längere Zeit zu Besuch gekommen. Die Russen waren überaus zuvorkommend, sie widmeten sich ihren Gästen, als gäbe es für sie nichts weiter zu tun. Sie fragten nach Neuigkeiten und gaben Pirx recht, der sich über das Touristenunwesen beklagte. Ab und zu ging einer von ihnen hinaus, kehrte aber rasch wieder zu rück. Später stellte sich heraus, daß sie ins Observatorium eilten – auf der Sonne war eine sehr schöne Protuberanz entstanden. Als dieses Wort f el, hatte für Langner alles andere zu existieren aufgehört. Eine

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