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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Geheimvertrag über die Begrenzung der Ersatzteillieferungen abgeschlossen.
      Die Folgen ließen nicht auf sich warten. Jedesmal, wenn in Kauf äusern und Geschäf en neue Warenlieferungen eintrafen, bildeten sich lange Schlangen humpelnder, stotternder, ja sogar ganzseitig gelähmter Wasch-, Wring- und Frottiermaschinen. Vielerorts kam es zu Unruhen, und schließlich wagte sich nach Einbruch der Dunkelheit kein ehrlicher Roboter mehr auf die Straße, denn er mußte gewärtig sein, von Räubern überfallen, zerlegt und edler Körperteile beraubt zu werden. Wenn sich die gewissenlosen Maschinen aus dem Staube machten, blieben auf dem Straßenpf aster nur die leeren Blechhüllen der Opfer zurück.
      Im Kongreß erörterte man die Frage des langen und des breiten, aber man kam zu keinem konkreten Ergebnis. Unterdessen schossen, wie Pilze nach dem Regen, illegale Ersatzteilfabriken aus dem Boden, die teilweise von Waschmaschinengesellschaf en f nanziert wurden. Nuddleggs Modell »Washomatic« erfand ein Herstellungsverfahren aus Ersatzmaterialien, aber auch das brachte keine hundertprozentige Lösung. Die Waschmaschinen bezogen Streikposten vor dem Kongreß, sie verlangten verbindliche Antitrustgesetze, um den Diskriminierungen Einhalt zu gebieten. Abgeordnete, die die Interessen der Großindustrie vertraten, erhielten anonyme Briefe, worin ihnen die Entwendung lebenswichtiger Organe angedroht wurde. Das war – wie die Zeitschrif »Time« mit Recht betonte – eine ausgesprochene Niedertracht, zumal sich menschliche Körperteile nicht beliebig auswechseln lassen.
      Soviel Staub diese Af äre auch aufwirbelte – sie verblaßte angesichts eines völlig neuen Problems, das durch die Rebellion der Bordrechenmaschine auf dem Raumschif »Gottesgabe« akut wurde. Besagter Kalkulator erhob sich bekanntlich gegen Besatzung und Passagiere, entledigte sich ihrer, vermehrte sich und gründete einen Staat der Roboter.
      Wer meine Reisetagebücher kennt, wird sich erinnern, daß ich damals selbst in die Af äre mit der Rechenmaschine verwickelt war und in gewisser Weise zu ihrer Entwirrung beitrug. Als ich jedoch auf die Erde zurückkehrte, mußte ich bedauerlicherweise feststellen, daß der Fall »Gottesgabe« kein Einzelfall war. Revolten von Automaten wurden in der kosmischen Fliegerei zu einer entsetzlichen Plage. Eine kleine Nachlässigkeit – zum Beispiel das Zuknallen einer Tür – genügte, um einen Bordkühlschrank in Aufruhr zu versetzen. So geschah es jedenfalls mit jenem berüchtigten Deep Freezer des Transgalaktikers »Horda Tympani«. Jahrelang f ößte der Name Deep Freezer den Piloten im Raum der Milchstraße Angst und Schrecken ein. Er überf el Raumschif e, versetzte die Passagiere mit seinen stählernen Schultern und seinem eisigen Atem in Panik, raubte Pökelf eisch, hortete Geld und Juwelen. Gerüchten zufolge soll er einen ganzen Harem von Rechenmaschinen besessen haben, aber es läßt sich nicht sagen, was daran stimmte. Seine blutige Piratenkarriere endete erst durch den gezielten Schuß eines Polizisten, der einer kosmischen Patrouille angehörte. Der Polizist, ein gewisser Constablomatic XG17, wurde zur Belohnung in der Vitrine eines New Yorker Büros der Lloydschen Interstellargesellschaf en ausgestellt, wo man ihn heute noch sehen kann.
      Während der Weltraum vom Schlachtenlärm und von verzweifelten SOS-Rufen überfallener Raumschif e widerhallte, machten die Meister des »Elektro-Jitsu«, des »Judomatic« und anderer Arten der Selbstverteidigung glänzende Geschäf e. Sie zeigten, wie man mit einem gewöhnlichen Büchsenöf ner oder mit einer Kneifzange auch die gefährlichste Waschmaschine zur Strecke bringen kann.
      Sonderlinge und Originale braucht man bekanntlich nicht zu säen – sie keimen von jeher von selbst. Auch in jener Zeit fehlten sie nicht. Sie verkündeten T esen, die sich weder mit dem gesunden Menschenverstand noch mit der herrschenden Meinung vereinbaren ließen. Ein gewisser Kathodius Mattrass, Philosoph mit hausbackener Bildung und Fanatiker von Geburt, gründete die Schule der sogenannten Kybernophilen. Ihre Lehre besagte, daß die Menschheit von ihrem Schöpfer erschaf en worden sei, um den Zweck zu erfüllen, den auch ein Baugerüst zu erfüllen habe: Hilfsmittel zu sein, Werkzeug – Werkzeug, um die vollkommenen Elektronengehirne zu entwickeln. Die Mattrass-Sekte hielt das Weiterbestehen der Menschheit für ein reines Mißverständnis. Sie schuf einen

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