Test: Phantastische Erzahlungen
nun alle moralischen Bedenken fahren und entschloß sich zu einem radikalen Schritt. Es erklärte: Der Zeugungsvorgang, der im kausal-f nalen Sinne der Geburt von Kindern vorausgehe, unterscheide sich grundsätzlich von der Programmierung von Robotern.
Darauf hatte der Anwalt nur gewartet. Gewisse einleitende Handlungen bei der Zeugung, so sagte er, seien genaugenommen auch nichts anderes als Programmierungen. Deshalb schlage er dem State Departement vor, exakt festzulegen, wie man denn eigentlich Kinder zu zeugen habe, damit dies mit den Buchstaben des Gesetzes im Einklang stehe.
Das Departement rief Experten zu Hilfe und bereitete ein umfassendes, reich illustriertes Werk vor, das sogenannte Rosabuch mit entsprechenden Anschauungstafeln und topographischen Skizzen. Verfasser der Schrif war der neunundachtzigjährige Professor Truppledrack, Senior der amerikanischen Geburtshilfekunde. Mattrass’ Anwalt grif sogleich ein, indem er auf das weit vorgerückte Alter des Autors verwies und ihm jegliche Kompetenz absprach. Er bezeichnete es als höchst unwahrscheinlich, daß sich ein Greis wie Truppledrack noch an Einzelheiten erinnere, die für die Klärung des Problems entscheidend seien. Man müsse deshalb als sicher annehmen, daß der Inhalt des Buches auf Gerüchten beziehungsweise auf Aussagen dritter Personen beruhe.
Das Departement beschloß darauf in, den Text des Rosabuchs durch eidesstattliche Erklärungen vieler Väter und Mütter zu untermauern, aber dabei stellte sich heraus, daß ihre Aussagen zum Teil beträchtlich voneinander abwichen, das heißt, die Elemente der einleitenden Phasen stimmten in vielen Punkten nicht überein. Als man im Departement merkte, daß dieses Schlüsselproblem allmählich im Nebel der Unklarheit zu versinken drohte, schickte man sich an, das Material anzuzweifeln, aus dem die sogenannten Kinder des Mattrass und der Fortinbrass bestanden. Diesen Plan ließ man jedoch rasch wieder fallen, als gewisse Gerüchte auf auchten, die, wie sich später herausstellte, der Anwalt selbst verbreitet hatte. Mattrass, so hieß es, habe bei der Corned Beef Company vierhundertfünfzigtausend Tonnen Kalbf eisch bestellt.
Der Unterstaatssekretär im State Departement hielt es darauf in für das beste, auf sein Vorhaben zu verzichten. Statt dessen erlag er bedauerlicherweise den Einf üsterungen eines T eologieprofessors, des Superintendenten Spe ritus, und berief sich auf die Heilige Schrif . Das war äußerst unüberlegt, denn Mattrass’ Anwalt parierte diesen Hieb mit einem weitschweif gen Elaborat, in dem er anhand von Bibelzitaten nachwies, daß Gott die Eva programmierte, indem er nur von einem Teil ausging und dabei sogar ausgesprochen extravagant verfuhr, verglichen mit den Methoden der Menschen. Dennoch sei nicht zu bestreiten, daß er Menschen geschaf en habe, denn niemand, der über einen klaren Kopf verfüge, könne Eva als Roboter bezeichnen. Das Departement bezichtigte Mattrass und seine Nachfolger nun der widerrechtlichen Aneignung eines Himmelskörpers. Damit, so hieß es, habe er gegen das Mac-Flacon-Gesetz und außerdem gegen eine Reihe anderer Rechtsgrundsätze verstoßen.
Der Anwalt unterbreitete dem Obersten Gericht darauf in alle Akten und verwies auf die Widersprüchlichkeit der vom Departement erhobenen Anschuldigungen. Vergleiche man einzelne aktenkundige Behauptungen miteinander, so sei sein Klient mal Vater und mal Sohn, mal Roboter und mal Himmelskörper. Er, der Anwalt, sehe sich deshalb gezwungen, das Departement der willkürlichen Auslegung des Mac-Flacon-Gesetzes anzuklagen. Besonders absurd sei es, den Körper einer Person, des Bürgers Kathodius Mattrass, zum Planeten zu erklären – absurd in juristischer, logischer und semantischer Hinsicht.
So hatte es begonnen. Bald schrieb die Presse nur noch über den »Vater-Sohn-Planetenstaat«. Die Behörden leiteten neue Verfahren ein, aber sie wurden von dem uner müdlichen Anwalt des Kathodius Mattrass samt und sonders im Keime erstickt.
Das State Departement wußte genau, daß sein durchtriebener Gegenspieler nicht nur zum Scherz im Nebelf eck des Krab herumschwamm. Mattrass wollte einen Präzedenzfall schaf en, gegen den es keine gesetzliche Handhabe gab, und man war sich darüber im klaren, daß sein Schritt unabsehbare Konsequenzen nach sich ziehen würde, wenn es nicht gelänge, ihn als straf ar zu deklarieren. So brüteten denn die f ndigsten Köpfe Tag und Nacht über den Akten,
Weitere Kostenlose Bücher