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Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Titel: Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauritius Much
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Claudia. Denn gerade versucht Sam, seine leere Bierflasche durch die schmale Fensteröffnung zu drücken, mitten auf die Autobahn! Auf dem Beifahrersitz hat Claudia eine große Plastiktüte liegen. Sie reicht sie nach hinten. »Bitte Flaschen und Kronkorken da rein.« Mike und Sam gehorchen, dann zischt es wieder. Das zweite Bier.
    Eine Viertelstunde später wiederholt sich das Prozedere: Flasche leer, Tüte her, Flasche rein, neue Flasche auf. Die beiden Punks haben sich warmgetrunken. Claudia merkt, wie das Bier anfängt zu wirken. Sie beginnen zu quatschen, jede Minute wird das Gespräch lauter. »Weißte, dass Ratte jetzt nich’ mehr mit Pony zusammen is?«, fragt Sam. »Echt … ey? … is ja krass. Was hatte … eigentlich Locke … heute?« Dann erzählt Mike, wie bescheuert er seine Betreuerin Agnes findet und wie dämlich seine Mitbewohner. Claudia erfährt, dass der Mann mit dem Iro in einer betreuten Wohngruppe untergebracht ist, Sam hingegen wohnt mit George auf der Straße. Die beiden können nicht älter als Anfang 20 sein.
    Zwischendurch prosten sie sich zu. Dann röhrt es hinter Claudia. Oh Mann, offenbar kann Irokese Mike viel lauter rülpsen als sprechen. Dann verlangen sie, dass Claudia einen Rastplatz anfährt. Jetzt muss nicht der Hund pinkeln, sondern die beiden Punks. Je mehr die beiden trinken, desto öfter müssen sie aufs Klo, und umso häufiger muss Claudia anhalten. Zurück im Wagen, öffnen sie dann das nächste Bier.
    »Hey … kannste … die Scheibe … ma… einschmeissen?« Der rote Irokese reicht ihr eine gebrannte CD nach vorne. Claudia liest »Turbostaat« und legt sie widerwillig in den Player. Der Name sagt ihr sogar was, das ist eine bekannte Punkband. Das kann ja heiter werden. Doch statt schneller Pogo-Musik hören die drei nur ein Fiepen, dann spuckt der Player die CD wieder aus. Er kann sie nicht lesen. Claudia grinst und fährt vergnügt weiter. Wenigstens die Musik bleibt mir erspart. Ihre Mitfahrer dagegen sind sauer. »So ’ne Scheiße, ey, was is’n das fürn Scheiß-CD-Player, ey?«, ärgert sich Glatzkopf Sam. »Mann ey.«
    Der Ford Ka fährt an Hannover vorbei, Mike und Sam trinken weiter. Doch mit der Zeit werden sie immer ruhiger. Nur ab und an rülpsen sie noch, ansonsten starren die beiden stumm vor sich hin. Mike nickt langsam, aber kontinuierlich mit dem Kopf. Dann hört Claudia ein Kratzen an der Decke. Die Fahrerin dreht ihren Rückspiegel und sieht, wie Mike durch sein Nicken mit seinem roten Irokesenschnitt an der weißen Decke schubbert. Mittlerweile hat das Rot zentimeterlang eine richtige Spur hinterlassen. Ein Andenken an die Punks, das ihr bleiben wird.
    Dann hört Claudia ein heftiges Schnarchen von hinten rechts. Sam. Neben ihm schnauft Mike. Die beiden sind eingeschlafen. Claudia freut sich, endlich hat sie Ruhe. Doch das Radio traut sie sich nicht einzuschalten. Ihre Mitfahrer sollen bloß nicht mehr wach werden. Sie entspannt sich und freut sich auf Köln und das Wochenende mit vielen alten Freunden.
    Doch plötzlich hört sie ein Winseln im Auto. Zuerst leise, dann wird es immer lauter. Im Rückspiegel sieht sie, wie Welpe George auf Mikes Schoß umhertrippelt und winselt. Doch der und sein Kumpan schlafen seelenruhig weiter. Das macht der Rausch. Oh nein, denkt Claudia. Der Kampfhundwelpe muss mal, und die beiden pennen einfach. Bei der Raststätte Remscheid hält sie an. Sie stellt den Motor ab und hofft, dass die beiden Punks dadurch wach werden. Doch die lassen sich überhaupt nicht stören. Mist, es hilft nichts, Claudia muss sich selbst um den Hund kümmern, sonst pisst er ihr in den Wagen. Sie steigt aus, klappt den Fahrersitz nach vorne und greift sich George von Mikes Schoß. Dann setzt sie den Hund auf den Asphalt und geht ein paar Schritte in Richtung einer winzigen Grünfläche neben dem LKW-Parkplatz. An der Leine trottet ihr George hinterher und erleichtert sich auf dem Weg dahin bestimmt fünf Mal. Das war aber höchste Zeit. Claudia schaut zu ihrem Auto, wo die beiden Punks friedlich schlafen, und wird langsam richtig sauer.
    Nach fünf Minuten hebt sie George ins Auto und setzt ihn auf den Beifahrersitz. Von hinten hört sie nur Sams lautes Schnarchen und Mikes Atmen.
    Dann fährt sie weiter Richtung Köln. Eine halbe Stunde später lenkt sie ihren Ford Ka von der Autobahn in Richtung Zentrum. Sie hatte mit den beiden Punks abgemacht, sie an der Domplatte abzusetzen. Ähnlich wie in Berlin am Alex treffen sich dort

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