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Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Titel: Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauritius Much
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Die Bundeswehr ist seine große Liebe. Er erzählt, wie er nach der Schulzeit nicht wusste, was er mit seinem Leben anfangen sollte. Der Wehrdienst war ein Geschenk des Himmels. Nun war ihm schlagartig klar, dass er Soldat werden will. Er wird körperlich gefordert, ständig robben seine Kameraden und er durchs Gelände oder klettern durch die Berge. Außerdem habe er dort Freunde fürs Leben gefunden, erzählt er. Eine solche Kameradschaft finde man sonst nirgendwo. Jeder steht für den anderen ein, keiner sucht seinen eigenen Vorteil …
    ›Du lieber Himmel‹, denkt Nadine, ›an wen bin ich denn da geraten? Ist ja schön und gut, dass Eberhard gerne Soldat ist. Aber muss er mich deshalb die ganze Zeit zuschwallen?‹ Nadine kommt überhaupt nicht zu Wort. Eberhard scheint nicht mal Luft holen zu müssen, er redet ohne Punkt und Komma. Amüsiert beobachtet der junge Mann von hinten, wie Eberhard auf Nadine einredet. »Na, Eberhard, erzählste wieder vom Krieg?«, feixt er. »Sei doch ruhig, du Vaterlandsverräter!« Die beiden kennen sich, der junge Mann fährt häufiger mit Eberhard. Deshalb weiß der Fahrer auch, dass der Blonde seinen Wehrdienst verweigert hat. Der Mann auf dem Rücksitz erklärt der verblüfften Nadine, dass Eberhard jeden mit seinen Bundeswehr-Geschichten vollquatscht.
    ›Na super, und ich dachte, dass der Typ einfach nur nett zu mir sein wollte, als er mich vorne hat sitzen lassen. Stattdessen wollte er nur nicht vollgequatscht werden. Gott, bin ich naiv‹, ärgert sich Nadine. In der Tat – ein Anfängerfehler. Wenn nämlich jemand bei einer Mitfahrgelegenheit seine Ruhe haben will, muss er sich gleich nach hinten setzen. Auf dem Beifahrersitz muss man sich im Zweifel mit dem Fahrer unterhalten. Wenn’s blöd läuft, textet er einen dann zu.
    Kurz ist Eberhard ruhig, dann redet er weiter. Er erzählt Nadine von seinen Auslandseinsätzen. In den 90er-Jahren war er zuerst in Bosnien, dann in Mazedonien, schließlich im Kosovo. In den vergangenen fünf Jahren war er zweimal in Afghanistan. »Das war toll«, schwärmt er. Wie er mit seinen Kameraden bei Schießereien mit den Taliban oder auf Patrouille durch dick und dünn gegangen sei, werde er sein Leben lang nicht vergessen, schwört er. Seine Augen glänzen. Auf die Straße achtet er kaum. Die ganze Zeit fährt er exakt 120 km/h – egal, ob die Strecke frei ist oder er durch eine Baustelle fährt, in der nur 60 km/h erlaubt sind.
    Nadine rauchen die Ohren. Der Typ ist wirklich unglaublich, seit einer Stunde redet er ohne Unterbrechung. Textet der seine Kameraden auf Patrouille auch so zu? Wie halten die das bloß aus? Da kann sich ja kein Mensch konzentrieren. Da übersieht man garantiert jeden Heckenschützen. Der bringt einen mit seinem Gelaber glatt in Lebensgefahr. Oder vielleicht stopfen sich seine Kameraden die Ohren zu, bevor sie losgehen …
    Der junge Mann hinten merkt, wie Nadine unter dem Redeschwall leidet. Er muss sie erlösen. »Hey Eberhard, meinste nicht, dass du dem armen Mädel jetzt genug erzählt hast?« Kurzzeitig bleibt dem Fahrer die Spucke weg. Was für eine Unverfrorenheit! Doch schnell fängt er sich wieder. »Mit dir rede ich gar nicht, du hast ja nicht mal gedient.«
    Selbstverständlich habe er seinen Dienst für den Staat geleistet, antwortet der junge Mann. Er heißt Olaf. Als Zivi hat er behinderte Menschen in einem Wohnheim betreut. »Das ist viel sinnvoller, als unschuldige Menschen in Afghanistan zu erschießen.« Eberhard schnaubt. Das kann doch nicht wahr sein. Seine Kameraden und er verteidigen Deutschland am Hindukusch – und der Knilch stellt sie als schießwütige Rambos hin. Dabei ist der Kerl ein Jahr lang auf der faulen Haut gelegen, und der Staat hat ihn dafür auch noch bezahlt. »Hör doch auf«, brüllt er. »Anstatt irgendwelchen Leuten das Essen hinterherzutragen, sorge ich dafür, dass hier in Deutschland Frieden herrscht.«
    Eberhard kann Wehrdienstverweigerung absolut nicht nachvollziehen. »Das ist doch Vaterlandsverrat. Das höchste Ziel muss doch sein, der Heimat zu dienen.« Der junge Kerl schüttelt den Kopf. Er habe Deutschland einen wesentlich besseren Dienst erwiesen, indem er behinderte Menschen gepflegt habe. Das will nämlich sonst keiner machen. Außer den Zivis.
    »Aber nicht mehr lange«, kontert Eberhard. Da hat er recht. Bald wird in Deutschland die Wehrpflicht abgeschafft – und damit auch der Zivildienst. Dass es künftig keine Zivis mehr geben wird,

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