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Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Titel: Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauritius Much
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die Punker Kölns.
    In der Nähe des Doms hält Claudia an. Geschafft. Fünf richtig lange Stunden sind endlich vorbei. Keiner der beiden Mitfahrer rührt sich. Dass der Wagen angehalten hat und der Motor aus ist, haben sie gar nicht gemerkt. Claudia schüttelt den Kopf. Das gibt’s doch nicht. Die sollen endlich aufstehen! Aber es ist zwecklos, sie muss die beiden wecken. »Hey«, sagt sie. Doch niemand bewegt sich. Da greift sie an Mikes Knie und schüttelt es leicht. Keine Reaktion. Sie rüttelt fester. Dann hört sie ein lautes Seufzen, und Mike dreht sich. »Hallo, wir sind da.«
    Der Punk reibt sich die Augen und schüttelt sich. »Hä?«
    »Wir sind an der Domplatte. In Köln«, sagt Claudia. Langsam wird sie ungeduldig.
    »Ah, so … das’ ja … super«, gröhlt Mike. Er schüttelt seinen Kumpel Sam, bis der wach wird. »Hey, Alter … sin’ in Köln, Mann.«
    Es dauert noch fünf Minuten, bis die beiden endlich ausgestiegen sind. Claudia drückt ihnen den Kampfhundwelpen in die Hand. »Also … tschüss dann«, sagt Mike und trottet los. Doch Claudia hält ihn fest. »Moment mal, ich kriege von jedem von euch noch 25 Euro für die Fahrt.« Ungläubig schauen sich die beiden Punks an. »Ich hab keine Kohle, hast du welche?«, fragt Sam, der Mann mit der Glatze. Der rote Irokese schüttelt den Kopf. Claudia wird langsam sauer. »Ich kriege 50 Euro von euch!« Langsam nickt der Iro. »Ja … ja, ich hab ne … Karte … vonner Sparkasse … Ich hol … dir deine … Kohle … Wo isn … ne Bank?«
    Zum Glück ist direkt in der Straße, wo Claudia das Auto abgestellt hat, eine Sparkasse. Sie zeigt Mike die Filiale. Langsam torkelt er davon. Sam setzt inzwischen den kleinen George auf den Boden. Zehn Minuten später kommt der Mann mit dem roten Iro zum Ford zurückgewackelt. »Hey … scheiße, Mann, … da kommt … kein Geld … ausm… Automaten … raus.« Fassungslos starrt Claudia den Punk an. Wenn der Bankautomat kein Geld ausspuckt, kann sie ihre 50 Euro vergessen. Mike hat sicher überhaupt keine Kohle auf dem Konto.
    »Hey …«, sagt Mike. »Ich kann dir … die Kohle auch … überweisen … Haste nen Zettel … und nen … Stift?« Zähneknirschend zuckt Claudia ihr Notizbuch, reißt zwei Seiten raus und schreibt ihre Kontoverbindung auf die eine Seite. Die andere Seite reicht sie Mike. »Hier, schreib mal deine Handynummer drauf.« Der rote Irokese kritzelt seine Nummer drauf und steckt den Zettel mit Claudias Kontodaten in die Tasche seiner Lederjacke. Dann klopft er Sam kräftig auf die Schulter, und die beiden trotten in Richtung Domplatte. Hinter ihnen watschelt Kampfhundwelpe George her.
    Claudia nimmt Mikes Zettel in die Hand und nickt mit dem Kopf. Immerhin sieben Ziffern hinter der Handy-Vorwahl. Könnte stimmen. Dann schnauft sie durch. Zumindest ist sie die beiden Punks los.
    Drei Wochen später sind die 50 Euro immer noch nicht auf ihrem Konto. Claudia greift zu Mikes Zettel und starrt die Nummer an. Aber irgendwie traut sie sich doch nicht anzurufen. Ihr gruselt bei der Vorstellung, die müde Stimme des Punks wieder hören zu müssen. Dann schüttelt sie den Kopf. Wahrscheinlich hatte der noch nicht mal eine Bankkarte, ist einfach in die Richtung gegangen und hat so getan, als hätte er versucht, Geld aus dem Automaten zu ziehen. Und ich bin voll drauf reingefallen … Auf zwei besoffene Punks. Wie doof ist das denn? Sie schüttelt den Kopf, doch dann lächelt sie anerkennend. Die Typen waren gar nicht so blöd. Das muss man erst mal schaffen: Einen Dummen finden, der einen umsonst von Berlin mit nach Köln nimmt.

»Kannst dich ruhig vorne hinsetzen«, sagt der junge Mann mit den blonden Haaren und klettert auf den Rücksitz. ›Ist der Typ aber nett‹, freut sich Nadine. Ein bisschen Bammel hatte sie schon vor ihrer ersten Fahrt mit der Mitfahrzentrale. Dass die Leute dort so zuvorkommend sind, hätte sie nicht vermutet. Begeistert steigt sie in den Toyota.
    Genüsslich streckt Nadine ihre Beine aus, denn auf der Rückbank wäre es viel enger. Der Typ mit den blonden Haaren ist ein echter Gentleman. Dann steigt der Fahrer ein und gibt Nadine die Hand. Boah, hat der einen festen Händedruck. Eberhard heißt er und trägt kurz geschorene, braune Haare und einen gestutzten Klodeckelbart. Dazu eine olivgrüne Hose und ein passendes T-Shirt. Keine Frage, der ist beim Bund.
    Kaum hat Eberhard den Zündschlüssel umgedreht, fängt er auch schon an zu schwärmen.

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