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Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Titel: Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauritius Much
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bedauert Eberhard überhaupt nicht. Allerdings schmeckt es ihm gar nicht, dass dann auch keine Wehrdienstleistenden zur Bundeswehr gehen. Orientierungslose Jugendliche finden dann nämlich nicht mehr so einfach zu ihrer soldatischen Berufung.
    Immer dieselbe alte Leier. Olaf hat keinen Bock mehr, weiterzudiskutieren. Er sagt nichts mehr. Triumphierend blickt Eberhard erst Olaf, dann Nadine an. Denen hat er es gegeben. Dann fällt sein Blick im Rückspiegel auf den jungen Burschen neben Olaf. Eberhard schätzt ihn auf etwa 20. Keinen Ton hat der bisher gesagt, der muss aber doch auch eine Meinung haben. »Hey, du hast doch hoffentlich gedient, oder?«, grinst der Fahrer ihn an. Lange schweigt der junge Typ, dann antwortet er. »Nein, ich habe verweigert.« – »Noch so einer«, entrüstet sich Eberhard.
    »Warum bist du nicht zur Bundeswehr?«, fragt der Fahrer scharf. Der Junge schaut in den Rückspiegel, so dass Eberhard ihn sehen kann. »Mein Vater war Soldat und genauso euphorisch wie du. Vor einem Jahr hat ihn ein Taliban erschossen. Auf Krieg spielen habe ich absolut keine Lust.« Augenblicklich herrscht Totenstille im Auto, sogar Eberhard hält den Mund, bis sie in Fulda ankommen. Da hat selbst er kein Argument mehr.

Wer mitfährt, muss nicht Deutsch können. Wäre ja noch schöner, wenn jeder vor Fahrtantritt eine Deutschprüfung ablegen müsste – wie beim Einbürgerungstest. Trotzdem spricht die Mehrheit der Mitfahrer die deutsche Sprache, was bei der Suchmaske von www.mitfahrgelegenheit.de schon mal eine große Hilfe ist. Jedoch werden Fahrten am Telefon auch mal auf Englisch vereinbart. Oder man lässt Freunde, die Deutsch können, für sich anrufen. Solche Mitfahrer sind meist erst kurz im Land oder nur zu Besuch hier.
    Holger weiß das. Deshalb ist er gar nicht überrascht, als ihn ein Mann in gebrochenem Deutsch mit arabischem Akzent anruft, um eine Fahrt für seinen Kumpel Murad zu organisieren. Im Gegenteil, Holger freut sich, dass Murad sogar bis Achern mitfahren will. Aus dieser badischen Kleinstadt mit 25 000 Einwohnern kommt er nämlich. Super, dann muss er die Fahrt nicht alleine machen, denn sonst fährt kaum jemand von München bis Achern, fast alle Mitfahrer wollen nur bis Karlsruhe – außer Murad. Und ein paar Euro mehr bringt der ihm obendrein.
    Jetzt ist sein 1er BMW nämlich voll – mit drei Mitfahrern und einer Extra-Tasche. Die hat ein Typ in München vergessen, der jetzt aber schon in Karlsruhe ist. Holger soll sie ihm an einer Straßenbahnhaltestelle übergeben. Dafür bekommt er 10 Euro. Klasse, findet Holger. Langsam versteht er, warum manche Fahrer täglich Fahrten anbieten. Das scheint sich richtig zu lohnen …
    Um 16 Uhr sammelt Holger seine Mitfahrer am Münchner Hauptbahnhof ein. »Hello« und »thank you« – mehr sagt Murad nicht, dann setzt er sich auf die Rückbank und pennt sofort ein. Ein Mädchen bringt die Tasche vorbei, die zu ihrem Freund nach Karlsruhe soll. Pünktlich verlässt der BMW München. Drei Stunden bis Karlsruhe rechnet Holger, dann noch mal eine Dreiviertelstunde nach Achern. Um kurz vor acht müsste der Informatiker bei seinen Eltern sein.
    Doch Holger hat seine Rechnung ohne Stuttgart gemacht. Um 18 Uhr erreichen sie die Stadt. Schlechtes Timing. Der Feierabendverkehr hat die Autobahnen rund um die Stadt fest im Griff. Der BMW steht im Stau. Zusätzlich zum Berufsverkehr sind auch noch mehrere Autos aufeinandergekracht. Zwei Stunden geht auf der A8 gar nichts mehr.
    Holger schüttelt den Kopf, dann ruft er mit seinem Handy den Mann an, der seine Tasche an der vereinbarten Straßenbahnhaltestelle um sieben Uhr abholen soll. Jetzt ist es Viertel vor, doch Holger und die Tasche stecken noch bei Stuttgart fest. Mist, Mailbox. Holger spricht drauf. Er erzählt vom Stau und verspricht, sich zu melden, sobald sie in der Nähe von Karlsruhe sind. Dann muss Roland, so heißt der Typ, nicht die ganze Zeit am Treffpunkt warten …
    Doch dummerweise ist der Akku von Rolands Handy leer. Deshalb hat er Holgers Nachricht nicht bekommen. Also wartet Roland pünktlich um 19 Uhr an der Straßenbahnhaltestelle. Es schlägt Viertel nach sieben, dann halb acht. Roland schaut in alle Richtungen, kein BMW mit Münchner Kennzeichen in Sicht. Er friert, schließlich ist es Anfang Februar und saukalt. 200 Meter vom Treffpunkt entfernt steht eine Tankstelle. Holger wird ihn dort schon finden …
    Um zwanzig nach acht passiert der Golf endlich die Unfallstelle,

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