Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)
Noch so eine Phrase hinterher. Peinlich.
»Danke«, sagt Johannes. Er scheint sich wirklich zu freuen. »Jetzt habe ich wieder Hoffnung.« Johannes strahlt über beide Ohren. »Jetzt bin ich gut drauf und brauche … MUSIK!« Der Fahrer dreht am Radio und sucht nach einem Sender, er konzentriert sich nur aufs Radio. Sofort macht das Auto einen großen Schlenker nach rechts, im nächsten Moment schlingert es wieder nach links. Cornelia erschrickt. Ein paar Augenblicke später zieht der Wagen wieder nach rechts. Der rechte Reifen ist bereits auf der weißen Fahrbahnmarkierung. Dass die einen dumpfen Warnton von sich gibt, hört Johannes gar nicht. Munter dreht er weiter am Radio und reißt das Steuer nach links. Seiner Mitfahrerin wird übel.
Das kann doch nicht wahr sein. An wen ist Cornelia denn da geraten? Der kann ja wirklich gar nichts – nicht mal Autofahren. Sie ist froh, als Johannes endlich einen Radiosender gefunden hat, dann hält er wenigstens das Auto in der Spur. Sie hören Take on me von A-ha. Johannes summt mit. »Das erinnert mich an meine Jugend«, sagt er. Das passt. Bloß, dass er aus dieser Jugend in den 80ern bis heute nicht herausgefunden hat.
Nach dem Song kommt Lady Gaga. Sofort fummelt Johannes wieder am Radio herum. Die Hits von heute scheint er nicht zu mögen. Wieder schlingert der Wagen nach rechts, um ein paar Sekunden später wieder nach links zu driften. Der Schrecken fährt Cornelia in die Glieder. Lang hält sie das nicht mehr aus. Jedes Mal, wenn der einen Radiosender sucht, verliert der die Kontrolle über seine Karre. »Lass mal«, sagt Cornelia. »Ich kümmere mich um den Sender. Du sagst einfach Stopp, wenn dir was gefällt. Du konzentrierst dich am besten auf die Straße, ist nämlich ganz schön was los.« Die Autobahn ist zwar völlig leer, aber egal. Mal sehen, ob Johannes den Hinweis verstanden hat. »Super, das ist mir eh viel lieber! Du machst das sicher besser!«
Guter Junge, denkt sich Cornelia. Ich kann ihn also bearbeiten, wenn ich will. Nur in einem Punkt schafft sie es nicht: die Meerschweinchen. Johannes lässt sich partout nicht davon abbringen, ständig an einer Raststätte rauszufahren, um nach den Meerschweinchen zu schauen.
Aber wenigstens konzentriert er sich ansonsten auf die Fahrbahn. Cornelia atmet durch. Doch dann taucht ein LKW auf ihrer Spur auf. Johannes fährt immer weiter auf. ›Überhol’ ihn doch endlich! Nun mach’ schon‹, fleht Cornelia innerlich. Doch der graue Ford fährt weiter auf den LKW zu. Cornelia kann auf der Plakette am Nummernschild schon ablesen, wann der nächste TÜV fällig ist – so nah fährt Johannes auf. Dann reißt der das Lenkrad plötzlich nach links und schert aus. Ein Blick in den Rückspiegel, ob jemand auf der Überholspur fährt? Nein. Blinker links. Auch nicht. Cornelia krallt sich an ihrem Sitz fest. Wo hat er bloß seinen Führerschein her?
Erleichtert sinkt Cornelia in den Sitz zurück, nachdem Johannes den Lastwagen überholt hat. Doch kaum ist der Schock gewichen, taucht ein Reisebus vor ihnen auf. Wieder prescht Johannes vor. Erst im letzten Moment zieht er auf die Überholspur. Cornelia grummelt es im Magen. So geht das nicht weiter. Aber was tun? Sie kann ihm doch nicht direkt sagen, wie schlecht er Auto fährt. Sie schaut Johannes an. Irgendwie tut ihr der ganze Mensch leid.
Cornelia muss ihm verklickern, dass er beim Überholen früher ausscheren muss. Hm. Endlich hat sie eine Idee. Der Ford steuert auf den nächsten LKW zu. »Hey neulich, das glaubst du nicht«, fängt Cornelia an und schaut Johannes an. Wenn sie ihn direkt anblickt, dann ist sie überzeugender, sagt sie sich. »Da musste eine Freundin von mir 200 Euro Strafe zahlen. Weißt du, warum?« Johannes steigt auf die Bremse und schaut Cornelia fragend an. »Ne, was denn?« Sofort hält der graue Volvo ausreichend Abstand zum LKW. ›Na also‹, denkt sie sich. ›Es wirkt.‹ »Sie ist ganz dicht auf andere Autos aufgefahren. Nur einen Meter Abstand hat sie gehalten. Da hat die Polizei sie aufgehalten.« Beeindruckt schaut Johannes sie an. Er setzt den Blinker links, beschleunigt und überholt den LKW, ohne aufzufahren.
›Er hat’s kapiert. Das ist ja klasse‹, freut sich Cornelia. Er frisst ihr wirklich aus der Hand. Ab jetzt hält Johannes bei jedem Fahrzeug vor ihm genügend Abstand. Cornelia beißt sich auf die Zähne. Sie kann sich kaum zurückhalten, am liebsten würde sie laut loslachen. »Der glaubt mir wirklich
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