Teufel in High Heels
futterte seine Cornflakes. Na jedenfalls , Inseminator Nummer eins, der Vater meines Sohnes Marcus, war ein superscharfer One-Night-Stand von mir in den Siebzigern. Mein anderer Sohn, Simon, ist zwölf. Inseminator Nummer zwei war ein perverser Sexprotz, den ich blöderweise geheiratet habe. Ein schwerer Fehler. Hat mich Jahre vor Gericht gekostet. Aber meine Kids sind beide Prachtburschen geworden. Wie, das weiß der Himmel. Als Simon geboren wurde, fing ich gerade mit meinem eigenen Imprint an. Das werde ich nie vergessen. Ich saß in einer Besprechung mit Clive Aldrich« - dem mächtigen, einflussreichen Geschäftsführer von Mather-Hollingers Mutterverlag - »und sah zufällig auf die Uhr. Zum Glück fiel mir da wieder ein, dass ich in einer Stunde einen Termin für einen Kaiserschnitt hatte! Selbst damals kriegten meine Assistenten den Terminplan ums Verrecken nicht geregelt.« Vivian rollte entnervt mit den Augen. »Na egal, zwei Stunden später las ich schon wieder Manuskripte und nahm Anrufe entgegen. Morphium macht Mutti dumm - von wegen. Mich hat es keine Sekunde gebremst. Hopp, zurück an die Arbeit! Ich hatte keine einzige Windel und auch kein Gitterbettchen. Die ersten vier Monate seines Lebens hat Simon in einem Matchsack geschlafen.« Vivian lächelte, in nostalgische Erinnerungen versunken. »In dem Jahr habe ich zum ersten Mal eine zweistellige Anzahl von Bestsellern produziert.«
Ich fühlte mich wie Alice nach ihrem Sturz ins Kaninchenloch. Der kleine Monolog, den ich auf dem Weg hierher einstudiert hatte - warum ich das Büchermachen liebte, was ich in den vergangenen fünf Jahren gelernt hatte, warum ich liebend gern für jemanden wie Vivian arbeiten wollte -,
erschien mir jetzt so unreif, so fade und naiv und … nun ja, auch ein bisschen zu vernünftig für das Gespräch, das wir im Augenblick führten.
Wobei dankenswerterweise offenbar nicht von mir erwartet wurde, mich aktiv daran zu beteiligen. Vivian behielt das Heft in der Hand.
»Also, wie sieht es aus? Sind Sie so weit, dass Sie sich ein Bein ausreißen würden, um von P&P wegzukommen? Was halten Sie von dem Laden?«
Ich ließ mir Zeit mit der Antwort. Vivian wollte natürlich, dass ich meinen derzeitigen Arbeitgeber in der Luft zerriss und ihr damit das Gefühl gab, wir seien auf einer Wellenlänge, aber ich konnte nicht lügen. Abgesehen davon war ich mir nach den ersten fünf Minuten dieses seltsamen Vorstellungsgesprächs ziemlich sicher, dass ich den Job nicht wollte.
»Tja, ich habe dort wirklich eine Menge gelernt«, legte ich los. »Es ist mir gelungen, ein paar interessante Bücher einzukaufen, aber in der Richtung würde ich gern noch sehr viel stärker tätig werden. Und die Leute sind -«
»Oh Gott, die Leute «, stöhnte sie auf und warf mir einen verschwörerischen Blick zu, als wüsste sie genau, was ich hatte sagen wollen. »Das sind doch alles Zombies - wenn Gordon Haas, diese Pappnase, so viel Instinkt hätte wie ich im kleinen Finger, würde er Geld scheffeln bis zum Abwinken. Ich fand’s zum Kotzen da. Bin nicht etwa von einem oder zwei, sondern von vier Kollegen permanent sexuell belästigt worden. War jeden Morgen, wenn ich im Büro einlief, auf eine Massenvergewaltigung gefasst. Wissen Sie, was ich meine? Ein beschissener Laden. Mit null Gespür für die neue Richtung auf dem Buchmarkt. Ihr Zielpublikum ist immer
noch die Babyboomer-Generation, sie produzieren immer noch den gleichen ollen Senf. Öööde.«
Ich hatte keine Ahnung, auf welchen Teil ihres Monologs ich reagieren sollte - und in welcher Form. War sie tatsächlich von so vielen Leuten belästigt worden? Ich konnte mir nicht vorstellen, wer -
»Okay, wie sieht es bei Ihnen mit dem eigentlichen Lektorieren aus?«, wechselte sie abrupt das Thema. Ich atmete aus - dem Gefühl nach zum ersten Mal, seit sie den Konferenzraum betreten hatte. Endlich eine Frage, die mit dem Job zu tun hatte.
»Sehr gut, denke ich mal. Ich habe an sämtlichen Titeln von Jackson mitgearbeitet, und daneben auch an vielen von -«
»Gut, gut. Sie werden jede Menge intensive Lektoratsarbeit auf den Tisch bekommen. Ich suche jemanden, der willens und imstande ist, selbst die Initiative zu ergreifen, haufenweise Bücher an Land zu ziehen und sich mit Volldampf dahinterzuklemmen. Wollen Sie vorankommen?«
»Ja, ich -«
»Gut. Genau das suche ich nämlich: jemanden, der mit Haut und Haaren dabei ist. Der es draufhat, verstehen Sie? Ganz unter uns, von den Leuten hier hat es
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