Teufel in High Heels
ihn ausdrucken. Mara sah mir mit weit aufgerissenen Augen stumm zu.
»Ich treff mich einfach nur mit ihr, Mara«, flüsterte ich, was eigentlich überflüssig war, da wir zwei auch jetzt, um halb zehn, nach wie vor die einzigen Anwesenden im Lektorat waren.
» Was!?« , kam es als halb unterdrücktes Kreischen von Mara.
Ich stopfte ein paar Kopien des Lebenslaufs in meine Tasche und begab mich Richtung Tür. »Ich komm danach gleich wieder.«
»Das will ich hoffen!«, rief sie mir nach.
Es war ein ungewöhnlich kühler Junitag, trotzdem spürte ich, wie ein Schweißrinnsal an meiner linken Körperhälfte hinunterlief, während ich mir zügig einen Weg durch die Touristenscharen auf der Fifth Avenue bahnte.
Dieses Vorstellungsgespräch stellte für mich nicht nur eine Möglichkeit dar, beruflich schneller voranzukommen, sondern spielte irgendwie auch in mein Privatleben hinein, nachdem es durch Vermittlung von Randall zustande gekommen war. Wenn ich Vivian überzeugte, würde ich von ihr vielleicht ein tolles Jobangebot und er einen begeisterten Bericht bekommen - sprich, ein Sieg auf allen Ebenen. Andererseits, was war, wenn ich es gründlich vermasselte? Dann hätte ich nicht nur eine potenzielle Chance vertan, sondern stünde vor Randall auch als Versagerin da. Der Druck war mehr als spürbar. Jetzt rann mir auch rechts der Schweiß herab.
»Claire Truman. Ich habe einen Termin bei Vivian Grant«, sagte ich so professionell und selbstbewusst wie möglich zu dem weißhaarigen Sicherheitsbeamten hinter dem Tresen im Empfangsbereich von Mather-Hollinger. Er sah ruckartig auf, als Vivians Name fiel, und musterte mich ausgiebig von Kopf bis Fuß.
»Viel Glück, Herzchen.« Mit einem aufmunternden Nicken gab er mir meine Besucherkarte.
Der Aufzug war schon gesteckt voll, darum bat ich einen Mann mit Hosenträgern und Fliege, für mich auf die Zwölf zu drücken. Was aus irgendeinem Grund sämtliche Insassen des Aufzugs dazu bewog, ihre Gespräche einzustellen und mir seltsame Blicke zuzuwerfen. Galt eine solche Bitte als rüde und unhöflich? Ich nahm mir vor, bei künftigen Aufzugfahrten autarker vorzugehen.
»Viel Glück«, sagte der Fliegenträger, als ich im zwölften Stock ausstieg. Sah er mir an der Nasenspitze an, dass ich zu einem Vorstellungsgespräch bestellt war? Eine Frau schüttelte bekümmert den Kopf. Was hatte das zu bedeuten? Höchst irritierend. Hatte ich Klopapier am Schuh? Guckte irgendwo Unterwäsche hervor? Ich überprüfte mich rasch von Kopf bis Fuß, konnte aber nichts offensichtlich Anstößiges finden.
Also holte ich einmal tief Luft und stieß die schweren Glastüren zum Empfangsbereich auf.
»Sind Sie Claire?« Wie aus dem Nichts stand ein Jüngelchen vor mir. Dem Aussehen nach war er ungefähr sechzehn - und gerade von einem Nickerchen erwacht. Sein Haar war auf der einen Seite platt an den Kopf geklatscht, auf der anderen wild aufgeplustert - eine Mischung aus Johnny Rotten und einem flauschigen Küken.
»Ja, das bin ich«, sagte ich und hielt ihm lächelnd die Hand hin. Er nahm sie mit laschem Druck.
»Ich bin Milton. Vivians Assistent«, nuschelte er. »Folgen Sie mir.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Milton«, versicherte ich seiner sich entfernenden Kehrseite.
Statt einer Antwort öffnete Milton die Tür zu einem Konferenzraum und deutete auf einen leeren Stuhl. »Vivian ist in ein paar Minuten da. Kann ich Ihnen einen Schluck Wasser bringen oder sonst was?«
»Alles okay, danke. Ich -«
Doch Milton war schon weiter durch den Flur geschlappt. Ich räusperte mich, legte meinen Lebenslauf exakt auf die vordere linke Tischecke und überflog noch einmal die Liste der bisher von mir bearbeiteten Bücher, um sie während des Vorstellungsgesprächs präsent zu haben.
Der Konferenzraum selbst war ziemlich nichtssagend, bis auf die gebundenen Ausgaben der Bestseller von Grant Books, die sämtliche Wände zierten. Ich verschaffte mir einen raschen Überblick. Vivian hatte einige wirklich fantastische Bücher publiziert - und einige wirklich miserable. Die Bandbreite suchte ihresgleichen. Eine üble Schmonzette, verfasst von einem ausgelaugten Seifenopernstar, der irgendwann eine heiße Affäre mit der Frau eines bekannten europäischen Industriebonzen gehabt hatte, stand neben einem Wälzer über Militäroperationen im Irak, für den ein führender Sicherheitsberater des Landes verantwortlich zeichnete. Eine sagenhaft erfolgreiche Diätbuchreihe, von deren Umschlägen
Weitere Kostenlose Bücher