Teufel in High Heels
A.? Ich hatte bisher noch nicht so richtig mitbekommen, wie viel Zeit Vivian an der Westküste verbrachte - auch etwas, das sie von anderen Verlegern unterschied. Sie war ständig auf Achse, um in den verschiedensten Medien für unsere Bücher die Trommel zu rühren, entwarf Konzepte für Fernsehshows und klemmte sich aktiv hinter die Vergabe von Filmrechten. »Okay, dann spreche ich später mit ihr. Danke, Gregory.«
Es klopfte, und David, mein neuer Assistent, steckte den Kopf zur Tür herein: ein blitzgescheiter, höchst kompetenter und arbeitswilliger Absolvent der Northwestern University, bei dem ich von Anfang an ein mehr als gutes Gefühl gehabt hatte. Nachdem die Lektorin, die ihn ursprünglich angeheuert hatte, von heute auf morgen gegangen war, hatte David ein paar Wochen lang drei anderen Lektoren zugearbeitet und sich schier zerrissen, all ihren dringenden Projekten gerecht
zu werden. Ich spürte, dass er froh war, nur noch einer Chefin zugeteilt zu sein, und mich freute es mindestens ebenso, einen Assistenten zu haben, der sich wenigstens schon ein bisschen auskannte. Etwas komisch war es schon, mit einem Mal über einen Assistenten zu verfügen, nachdem ich viele Jahre selbst in dem Job gearbeitet hatte - aber David war so hilfsbereit, intelligent und aufmerksam, dass ich mich zweifellos sehr bald an dieses neue Arrangement gewöhnt haben würde.
»Rosen, eben für Sie abgegeben.« Lächelnd zog David die Tür weiter auf und ließ mich einen Riesenstrauß aus drei Dutzend langstieligen roten Rosen sehen. Eilig las ich das Kärtchen und spürte ein Kribbeln im ganzen Körper.
Claire, lass dir davon den Tag versüßen. An dich zu denken, versüßt mir den meinen. Die letzten Wochen waren wunderbar. Ich kann es kaum erwarten, mehr Zeit mit dir zu verbringen.
Randall
»Ein Verehrer?«, fragte David.
»Schätze mal, ja.« Ich grinste selig. Und hätte ein Rad nach dem anderen schlagen können, so erleichtert war ich. Demnach hatte sich Randall von meiner gestrigen Abfuhr nicht verschrecken lassen. Oder war zumindest willens, der Sache noch eine Chance zu geben. Ich brannte darauf, Bea davon zu erzählen.
»Also, was kann ich heute Morgen für Sie tun?«, fragte David und rückte seine Krawatte zurecht. Ich trug ihm Recherchen zu zwei Ideen von Vivian auf und erläuterte, welche
Art von Informationen er einholen sollte. Kopfnickend notierte er sich die paar Einzelheiten, die ich am Abend zuvor auf meinen Block gekritzelt hatte. »In einer Stunde habe ich etwas für Sie zusammen«, erklärte er mit beneidenswerter Zuversicht. Es war eine wahre Erleichterung, manches delegieren zu können - hoffentlich kam ich mit dem Großteil der restlichen vier Ideen in den nächsten zwei Stunden noch selbst durch.
Zunächst allerdings rief ich bei Randall im Büro an, um mich zu bedanken. Natürlich war Deirdre am Apparat - und fragte, ob ich am Samstag zum Abendessen verfügbar sei, was ich eifrig bejahte. Randall würde sich nach seiner Besprechung bei mir melden, versicherte sie.
In Hochstimmung machte ich mich erneut an die Arbeit, nicht ohne alle paar Minuten die Nase in den Rosenstrauß zu stecken und das Kärtchen wieder und wieder zu lesen.
Als ich gegen halb eins noch immer nichts von Vivians Büro gehört hatte, bat ich David, bei Gregory einmal nachzufragen. Er war im Nu wieder zurück und kratzte sich leicht betreten am Kopf.
»Gregory ist nicht mehr da«, sagte er, und dann, in gedämpfterem Ton: »Ich habe mir schon so was gedacht. Offenbar war Vivian gestern auf hundertachtzig, weil er nicht binnen zwanzig Minuten für sie einen Privatjet nach L. A. auftreiben konnte. Sie ist volles Rohr auf ihn los, und das hat ihn ganz schön mitgenommen. Vor ungefähr einer Stunde ist er gegangen und hat eben bei der Personalabteilung telefonisch gekündigt.«
Fristlose Kündigungen mitten am Tag? Die Horrorstorys meiner ehemaligen Kollegen geisterten wieder durch meinen Kopf.
»Jedenfalls, ich habe mit Johnny gesprochen - das ist die neue Aushilfe -, und er meinte, Vivian würde wohl den ganzen Tag in Besprechungen festhocken«, fuhr David fort, der den Zwischenfall offenbar locker wegsteckte. »Ich schätze, sie wird heute Abend mal kurz durchrufen - so gegen acht, nach unserer Zeit.«
»Ich kann’s nicht glauben, dass Gregory einfach so auf und davon ist - ohne irgendwem Bescheid zu sagen!«
David machte die Tür hinter sich zu. »Jetzt mal unter uns, Claire, Gregory war eine volle Woche hier, das liegt
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