Teufel in High Heels
würzen).
»Bitte sehr«, sagte der Kellner mit einem herzlichen Lächeln und legte die Rechnung zwischen uns auf den Tisch. Wir griffen beide unverzüglich danach - ich erwischte sie zuerst, aber dann schloss sich Lukes Hand um meine, was
mir einen unerwarteten Schauer über den Rücken laufen ließ.
»Bitte, lass sie mir!«, sagte ich nachdrücklich. »Ich kann das als Spesen deklarieren, du bist ja ein potenzieller Verlagsautor -« Was für ein grässlicher Gedanke, ihn die Zeche übernehmen zu lassen. War er doch gewissermaßen der Hungerkünstler, und hatte ich doch mit eigenen Augen gesehen, welche Jobs er sich antat, um über die Runden zu kommen.
Doch Luke ließ buchstäblich nicht locker. »Auf keinen Fall, Claire. Wo du schon so nett warst und mit mir feiern gegangen bist, obwohl du so viel zu tun hast. Und obwohl ich dir gerade erst mit einem Häubchen auf dem Kopf über den Weg gelaufen bin.«
Er lächelte, wobei mir wieder auffiel, was für strahlende Augen er hatte. Na, vielleicht haute es auf Dauer mit der veganischen Freundin ja doch nicht hin, und Mara kam noch zum Zug.
Nachdem er den Kampf um die Rechnung gewonnen hatte, wollte Luke mich unbedingt noch nach Hause begleiten, obwohl das für ihn ein ziemlicher Umweg war. Unter der Markise vor meinem Hauseingang gab er mir zum Abschied ein Küsschen auf die Wange.
Lächelnd (statt wie üblich mit knallrot verzerrtem Gesicht) stieg ich die sieben Stockwerke zu meinem Studioapartment empor. Drinnen schlüpfte ich in meinen Pyjama, deponierte die übrig gebliebenen Cannoli, die ich auf Lukes Drängen mitgenommen hatte, auf einem Teller, verzog mich unter die Decke und nahm sein Manuskript zur Hand.
Anderntags klopfte ich ausgelaugt und aufgekratzt zugleich an die Tür von Vivians Büro, mit einer frischen Kopie von
Lukes Manuskript in Händen. Ich hatte David gleich frühmorgens gebeten, es zehnmal auszudrucken, damit ich es unverzüglich diversen Leuten zu lesen geben konnte. Mit dem Erfolg, dass er selbst seitdem unablässig darüberhing.
»Herein«, erklang von fern eine Stimme. Ich stieß die schwere Tür auf, spürte einen Schwall eisiger Luft (in Vivians Büro herrschten stets Minusgrade) und erspähte meine Chefin, vertieft in fünf oder sechs Magazine. Bei näherem Hinsehen entpuppten sie sich alle als mehr oder weniger aktuelle Ausgaben des Hustler.
»Was halten Sie von dem Mädel hier als Cover für Mach’s mir schon ?«, fragte sie.
Mach’s mir schon war der in zwanzig Jahren pausenloser Sexkapaden gesammelte Schweinkram einer Autorin, die ihren Lesern von Orgien im Sommerlager bis zu einem Techtelmechtel mit einer anderen Fußballmutti nichts ersparte. Mit einem Wort, das Gegenteil von »gut« oder »anständig«.
»Ich glaube, das Buch wird sich besser verkaufen, wenn wir das Cover noch mehr aufpeppen«, fuhr Vivian fort und hielt mir eine weitere doppelseitige Aktaufnahme hin.
Ein anderes Cover für Mach’s mir schon hatte vermutlich ungefähr den gleichen Effekt, wie wenn man auf dem Sonnendeck der Titanic die Liegestühle ausgetauscht hätte. Ich umging die Frage mit einem Nicken und einem künstlichen Husten.
»Vivian, ich wollte mit Ihnen über ein Buch sprechen, das ich sehr gern einkaufen würde«, legte ich los. »Ich habe noch nie etwas in der Art gelesen. Es hat mich die ganze Nacht wach gehalten, ich konnte es einfach nicht aus der Hand legen. Es ist so etwas wie eine Nahaufnahme von -«
»Literarisch oder kommerziell«, warf Vivian ein und schraubte dabei eine Flasche auf, die dicht mit Algen gefüllt zu sein schien. Sie nahm einen herzhaften Schluck. »Neue Diät. Grünkohl und rohe Zwiebeln. Sonst nichts.«
»Äh, literarisch, aber mit universellen Anklängen, die -«
»Und Leinsamen. Aber wer stopft sich schon mit Leinsamen voll. Die Frage ist, verkauft sich das Buch.« Vivians Fragen klangen meist eher nach Aussagen oder Anweisungen. Als wollte sie nicht den Eindruck erwecken, sie müsse tatsächlich irgendwen um Auskunft bitten.
»Ja, ich glaube, es wird sich definitiv -«
»Wie lautet der Titel.«
»Noch nicht entschieden. Der Autor heißt Luke - er ist der Neffe von Jackson Mayville. Er hat gerade sein Literaturstudium an der Columbia University abgeschlossen und -«
»Jacksons Neffe?« Vivian warf den Kopf in den Nacken und schnaubte wie ein Wildpferd. »Großer Gott, warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Mann, da dreht sich der alte Jackson doch unter Garantie in seinem Rentnergrab um, wenn
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