Teufel in High Heels
er hört, dass ich ein Mitglied seiner Familie unter Vertrag nehme! Super. Super! Gebongt. Was meinen Sie, wie viel müssen Sie bieten, damit das Ding sofort vom Tisch ist?«
Wie bitte? So einfach war das also? Sooft ich diese Unterredung auf meiner morgendlichen Pendlerstrecke im Geiste durchgespielt hatte, die Version war nicht dabei gewesen. Vivian hatte noch nicht ein Wort von Lukes Manuskript gelesen - und war offenbar tatsächlich willens zuzuschlagen, nur um Jackson eins auszuwischen?
»Erde an Claire!«, blaffte Vivian. »Wie viel?«
»Ich habe keine Ahnung, darüber haben wir noch gar nicht gesprochen. Ich habe das Manuskript ja erst gestern bekommen.«
»Hat es bei Mather-Hollinger sonst noch wer«, erkundigte sie sich.
»Nein, aber soweit ich weiß, hat Luke es noch einem anderen befreundeten Lektor von Farrar, Straus & Giroux gegeben.«
»Und kein Agent?«
»Kein Agent.«
Das freute Vivian sichtlich. »Schön, bieten Sie ihm hundert. Hauptsache, Jackson kriegt Zustände, das ist es mir wert.«
Ich musste mich einen Augenblick berappeln, bevor ich mich bei Vivian bedanken und ihr Büro verlassen konnte. Ihre Beweggründe fand ich zum Kotzen, so viel stand fest, aber ich wollte das Buch unbedingt, also sollte ich ihr wohl besser nicht an den Karren fahren. Hoffentlich überwog die Freude, dass ich Lukes Buch lektorieren würde, Jacksons Unbehagen darüber, dass Vivian die Verlegerin war.
Eine Viertelstunde später war unser Angebot unter Dach und Fach, Luke schwer begeistert - und ich nunmehr offiziell seine Lektorin.
Achtes Kapitel
Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs
Au! Au, au, au, au.
Ich war erschöpft bis ins Mark, kam fast nicht mehr vom Fleck, nachdem ich achtzehn Stunden am Stück mit schwierigen Autoren, krätzigen Agenten und abwegigen Anfragen zugebracht hatte. Was ich jetzt unter Umständen noch brauchen konnte, waren Annehmlichkeiten wie ein schönes heißes Schaumbad, eine Tiefengewebemassage von einem begnadeten Schweden namens Hans und Unmengen von Schoko-Karamell-Toffees.
Was ich definitiv nicht brauchen konnte, war (unter anderem), um zwei Uhr morgens auf der Suche nach meinem klingelnden Mobilteil mit dem Schienbein an die beinharte Kante der Badewanne zu knallen.
Handtuch? Ach was. Pfützen zeichneten meinen Weg durch den Flur auf der Jagd nach dem schrillen Klingelton. Wer konnte das sein, um diese Uhrzeit? Es ratterte in meinem Hirn, derweil ich versuchte, nicht in Panik zu verfallen. Randall saß im Flieger Richtung Europa - eine weitere Dienstreise. Vivian hatte meine Privatnummer nicht - auf Anraten von Phil hatte ich sie niemandem je preisgegeben. Und Mom oder Bea würden mich nur im äußersten Notfall so tief in der Nacht anrufen... bei dem Gedanken spürte ich
einen fetten Kloß im Hals und übersah die offene Schublade meiner Kommode und -
AU, AU, AU. Welche übelwollende kosmische Macht bewirkt bloß unweigerlich, dass man mit dem Schienbein sehr wohl zwei Mal hintereinander irgendwo dagegendonnern kann, und zwar jeweils an das scharfkantigste, härteste Teil in zehn Metern Umkreis? Ich robbte über mein ungemachtes Bett, grapschte wie wild nach dem … da war es ja.
»Hallo?« Ich pfiff aus dem letzten Loch.
»Claire. Vivian. Was haben Sie bisher an Material für das Buch von Sweet D?«
Vivian. Nicht das Richtige, um meinen Herzschlag zu beruhigen. Woher zum Teufel wusste sie meine Privatnummer? Sie war nirgendwo verzeichnet, und ihrem Assistenten hatte ich fälschlich versichert, ich sei nur über mein Handy erreichbar. Sogar Randall hatte ich gebeten, die Nummer strikt für sich zu behalten. Wie hatte Vivian sie herausgefunden? Und wieso rief sie mich um zwei Uhr morgens an?
»Claire? Sind Sie noch dran? Wie weit sind wir mit Sweet D? Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit!«
Wollte sie die Wahrheit wissen? Ich hatte noch kein Fitzchen Material zusammengetragen, seit Vivian vor ein paar Tagen mit dem Einfall angekommen war. Weil sie mich nämlich Tag für Tag mit so vielen Ideen zumüllte, dass manche schlicht durch den Rost fielen, bevor ich ihnen weiter nachgehen konnte - darunter eben leider auch Sweet D. Er gehörte zu den absoluten Glitzersternen am Rapper-Firmament - sein neuestes Album, Bronx Tail , hatte bereits Platinstatus, und er war zweimal von Unbekannten unter Beschuss genommen worden. Vivian wollte ein Buch mit Songtexten von ihm veröffentlichen, ungekürzt und unzensiert. Ich
hatte schon dreimal bei seinem Manager angerufen, bisher
Weitere Kostenlose Bücher