Teufel - Thriller
schmalen Feuergassen. Er hätte niemals mit der selbstlosen Hilfe eines gottlosen Heiden gerechnet.
Die Kirche der Heiligen Jungfrau Maria im Kloster des heiligen Markus strahlte im Gold der Mosaiken. Es roch nach Kerzen, Weihrauch und Myrrhe. Die Kirche, eine der ersten Basiliken der Heiligen Stadt, war seit den frühen Tagen Bischofssitz gewesen. Die Heiligkeit und Würde, die dieser Ort ausstrahlte, lag wie ein feierlicher Schleier über den prunkvollen Mauern.
»Und aus diesem Grund, mein lieber Eusebius, werde ich über dem Grab unseres auferstandenen Erlösers eine Kirche errichten lassen«, erklärte Kaiserin Helena feierlich, legte den Kopf in den Nacken und blickte den Bischof von Caesarea herausfordernd an. »Wie es unser treuer Athanasius vorausgesehen hat, habe ich bei dem leeren Grab nicht nur das wahre Kreuz unseres Heilands gefunden. Nein, weit mehr: die Inschrift des Kreuzes!« Die Kaisermutter straffte ihren Körper und nickte zufrieden. Im Zwielicht der Kerzen schien es, als wäre ihr Kopf von einem überirdischen Strahlen umflort.
Doch Eusebius ließ sich nicht beeindrucken, weder von der Körperhaltung der Kaiserin, noch von ihren stolzen Worten oder der feierlichen Umgebung. Der alte, erfahrene Geistliche war sich bewusst, dass Gotteshäuser seit jeher gebaut waren, um eine solche Stimmung in den Besuchern zu wecken. Darum hatte ihn die Kaiserin wohl auch alleine hierher an diesen einschüchternden Platz bestellt.
Er sollte aus Caesarea zu ihr reisen, um ihre Autorität zu spüren.
Der geübte Redner wusste um die Macht der Worte. Helena, die stolze Patrizierin aus Bithynien, hätte ihre Worte genauso gut dem römischen Senat vortragen können. Aber der Versuch, sich auf seinen Schultern, seinem angeblichen Irrtum, zu erhöhen, ging ins Leere. Eusebius’ Miene blieb unbewegt.
Er wartete auf Theophilus und seinen Bericht.
Helena wiederum wartete auf eine Reaktion ihres Gegenübers. Bei den vorliegenden Beweisen hätte sie zumindest stummes Erstaunen erwartet. Die Kaiserin schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr und sah sich unbewusst nach ihrem Begleiter Makarius, dem Bischof von Jerusalem, um. Der erwiderte etwas ratlos ihren Blick und zuckte kaum merklich mit den Schultern.
»Eusebius«, wandte er sich dann an seinen Amtskollegen, »seht Ihr denn nicht die Gnade, die Euch heute hier zuteil wird? Spürt Ihr nicht die helfende Hand, die Euch heute gereicht wird?«
Eusebius zog einen Mundwinkel missbilligend nach unten. »Wovon sprecht Ihr, wenn ich fragen darf? Ich habe die Passion unseres Erlösers nie bestritten. Alle diese Beweise festigen nur meinen Glauben, weil Gottes Sohn offensichtlich als Mensch gestorben ist.«
Helena schnaufte verächtlich.
»Majestät!«, sagte Eusebius und ließ Makarius links liegen. »Wie ich erfahren habe, habt Ihr bei Eurer Suche nach dem leeren Grab des Erlösers weit mehr gefunden, als Ihr mir zu berichten willens seid.«
Ein leichtes Beben ging durch die Kaisermutter. Wusste Eusebius von ihrer Zusammenkunft mit den zwölf Jungfrauen? Den Beschützerinnen?
Makarius wippte nervös auf den Zehenspitzen und warf Helena einen irritierten Blick zu.
Eusebius lächelte in sich hinein. Es ist also wahr, dachte er. Jetzt musste er vorsichtig nachstoßen. »Ich habe gehört, dass vier Krüge nach Konstantinopel unterwegs sind, angeblich die Weingefäße der Hochzeit zu Kana. Der Evangelist Johannes berichtet jedoch von sechs…«
»Es ist mein Recht als Mutter des Kaisers, diese heiligen Reliquien vor den vorrückenden Persern in Sicherheit zu bringen!«, unterbrach ihn Helena unwirsch.
»Habt Ihr so wenig Vertrauen in die Legionen?«, erkundigte sich Eusebius ironisch. Jetzt war er auf dünnem Eis. Wenn es unter seinen Füßen wegbrach, dann war er tot.
»Verdammt, Eusebius!«, zischte Helena. »Ihr wisst selbst nur allzu gut, dass die Perser uns früher oder später überrennen werden. Ich musste handeln, sonst wären diese heiligen Reliquien für die Christenheit verloren. In der Hauptstadt des Reiches sind sie sicher, auch wenn die Grenzen im Osten fallen sollten.«
»Was ist in den Kisten, die bei Nacht und Nebel von Eurer Leibgarde weggebracht wurden? Die Krüge, oder besser gesagt, vier davon reisen in die Hauptstadt. Zudem eine Reliquie des wahren Kreuzes und die Hälfte der Inschrift. Was ist in den anderen?« Eusebius ließ nicht locker.
Die Kaisermutter lächelte gefährlich. »Die Neugier ist der Katze Tod, Eusebius«, flüsterte sie und
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