Teufel - Thriller
Dokumenten, Büchern und Aufzeichnungen seien alle im Taro versunken und damit unbrauchbar geworden, schwören andere Kreise Stein und Bein, dass die Österreicher sich der Fracht bemächtigt hätten und damit abgezogen seien.«
Valerie lauschte gespannt.
»Nun, Sie werden sagen, das ist nichts Neues, das Archiv ist seit Langem verschwunden und man hätte mehr als ein Jahrhundert Zeit gehabt, es zu suchen. Richtig! Man hat es auch gesucht, fieberhaft, vor allem vatikanische Stellen, aber auch die Erzdiözesen in allen europäischen Ländern gingen jedem noch so kleinen Hinweis nach. Viele unverständliche Entscheidungen, die vom Heiligen Stuhl in den letzten hundert Jahren getroffen wurden, lassen sich mit dieser Suche erklären, aber es würde zu weit führen, das hier aufzulisten. Einige Historiker waren sogar der Ansicht, das Archiv sei nach Israel, ins Gelobte Land, zurückgebracht worden, aber ich kann Ihnen versichern, das ist blanker Unsinn. Das Archiv war nie außerhalb Europas, so viel haben wir zweifelsfrei festgestellt.«
»Und jetzt werden drei Mitarbeiter des Archivs in einer Nacht ermordet«, murmelte Valerie, »und in allen drei Fällen spielt das Wasser eine symbolische Rolle. Ich beginne zu verstehen. Der Taro.«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, gab Shapiro zu. »Das kann auch eine weitere, tiefere Bedeutung haben, die wir noch nicht durchblicken. Wie auch immer, ich bin ganz Ihrer Meinung, Major. Pro Deo hat in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Spuren beseitigt. Irgendetwas muss sie aufgescheucht haben, alarmiert und erschreckt bis in die Knochen. Wer Pro Deo auch befehligt, er muss die Nerven verloren haben.«
»Wer befehligt den Geheimdienst wirklich?«, wollte Valerie wissen.
Shapiro zuckte mit den Schultern. »Wer weiß das bei Geheimdiensten schon so genau? Viele Dinge entstehen durch eine Eigendynamik, Reaktion auf eine Aktion, die eigentlich nicht direkt gewollt, aber als Beiprodukt eines Einsatzes plötzlich da war. Schauen Sie nach Amerika. Wer befehligt die CIA? Oder werden Präsidenten nur informiert, auf einer Need-to-know-Basis? Meine Antwort auf Ihre Frage lautet also – ich weiß es nicht.«
»Trotzdem. Was geht uns das alles an, Shapiro?« Valerie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Sie reden zwar viel, aber Sie sagen nichts. Das Archiv ist nicht unseres, wir wissen nicht, was drin ist, und es hat uns mehr als hundert Jahre lang auch keine schlaflosen Nächte gekostet. Also?«
»Jetzt kommen wir zur Sicherheitsstufe, von der ich gesprochen habe«, antwortete Shapiro nach einem kurzen Nachdenken. »Das, was ich Ihnen jetzt sage, ist höher als topsecret. Es darf nie bekannt werden, niemals und unter keinen Umständen. Haben Sie mich verstanden, Major?«
»Sind Sie sicher, dass ich die Voraussetzungen erfülle?«, antwortete Goldmann ironisch. »Ich bin aufmüpfig, freiheitsliebend, nicht gerade autoritätshörig und gehöre Ihrem Verein nur zeitweise an. Dann nämlich, wenn ich dazu gezwungen werde.«
Shapiro lächelte müde. »Stochern Sie ruhig in meinen Wunden, Major. Meine grauen Haare kommen nicht von ungefähr, das habe ich Ihnen schon einmal gesagt. Aber ich halte Sie für absolut vertrauenswürdig, und das ist meine Entscheidung. Sollte es schiefgehen, kostet es mich den Kopf.«
»Ein verführerischer Gedanke«, gab Valerie lächelnd zurück. »Aber jetzt im Ernst. Was geht uns das alles an?«
»Wir haben seit Langem zwei Informanten im Vatikan«, erklärte Shapiro leise. »Beide in hohen Positionen, beide einflussreich und fest in der Kurie verankert. Nun haben wir nur mehr einen.«
Valeries Augen verengten sich zu Schlitzen.
»Rossotti war Mitarbeiter und Informant des Mossad«, setzte Shapiro fort, »und man legt nicht den Kopf eines unserer Mitarbeiter ungestraft auf einen Brunnen mitten in Rom.«
Samuel Weinstein wartete neben dem offenen Schlag des Mercedes und las Zeitung. Als er den schnellen Schritt von Major Goldmann aus dem Treppenhaus hörte, faltete er seufzend das Blatt zusammen und gab dem Fahrer ein Zeichen, den Motor zu starten.
Valerie ließ sich in die Polster fallen, sagte »Zum Flughafen!« und wartete, bis der Militärattaché sich neben ihr auf die Rücksitzbank schob. »Wir müssen nach Österreich, nach Wien, genauer gesagt, und zwar so schnell wie möglich.« Goldmann kritzelte etwas auf ihren Block, während sie sprach. »Und ich meine schnell, Weinstein.«
»Sie hätten mir etwas früher Bescheid geben können, dann wäre
Weitere Kostenlose Bücher