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Teufel - Thriller

Teufel - Thriller

Titel: Teufel - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer David Weiss
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geblieben.
    Irritiert blickte sich der Obersturmbannführer um. Es war völlig still in dem weiten Kirchenhaus, aus dem fast alle christlichen Symbole entfernt worden waren. Lindner ging ziellos in Richtung Apsis, blickte sich um. Himmler war nirgends zu sehen. Die Nervosität nistete sich wieder ein. Was war hier los? Versuchte ihn jemand zu kompromittieren? Röhm fiel ihm ein und der schwarze Freitag der SA vor zwei Jahren. Er tastete instinktiv nach seiner Pistole. Der kalte Stahl beruhigte ihn.
    Da hörte er plötzlich Schritte zu seiner Rechten. Er versuchte die Dunkelheit zu durchdringen, aber er konnte niemanden ausmachen. Die Schritte wurden immer lauter, und doch war niemand zu sehen.
    Lindner zog seine Waffe und entsicherte sie. Angst machte sich in seinem Magen breit.
    Die Schatten in dem Gotteshaus tanzten und narrten seine Augen. Wie ein Gespenst tauchte plötzlich der Kopf Himmlers aus dem Boden der Kirche auf, und das Herz Lindners setzte für einen Augenblick aus. Dann erkannte er im Schein der Fackeln, dass der Reichsführer-SS eine Treppe heraufstieg, die aus der Krypta oder einer Gruft in den Hauptraum der Kirche führte. Der Oberkörper erschien. Himmler trug eine schneeweiße Uniform und den Ehrendolch der SS. Sein Gesicht war regungslos, der Blick ging ins Leere. Wie ein Automat stieg er gemessenen Schritts immer höher, bis er vor Lindner stand.
    »Wollen Sie mich erschießen?«, fragte der Reichsführer-SS mit einem spöttischen Unterton, als Lindner verlegen die Pistole in den Halfter steckte.
    »Ich … ich meine … es war so ruhig und dann plötzlich…«, versuchte der Obersturmbannführer hilflos eine Erklärung.
    Himmler sah ihn mit einem seltsamen Blick an. »Sie gefallen mir, Lindner, Sie haben Courage. Und Sie sind ehrlich, im Gegensatz zu vielen anderen der Lemuren, die heute hier waren.« Er warf dem Reichsadler einen langen Blick zu, bevor er fortfuhr. »Dieses Volk braucht eine Vergangenheit, auf die es stolz sein kann. Es muss eine Kraft haben, aus der es schöpfen kann, ein Ziel und ein Selbstbewusstsein, ein Selbstbewusstsein, das in Versailles vernichtet wurde. Deshalb werden wir Quedlinburg und die Gruft Heinrichs zu einem Wallfahrtsort der SS machen, einer nationalen Pilgerstätte.«
    »Eine katholische Kirche?«, wagte Lindner einen Einwurf.
    Himmler tat so, als habe er ihn nicht gehört. »Viele sagen, ich sei ein Spinner, der sich als Reinkarnation Heinrichs sieht. Sie und ich wissen, das ist Quatsch. Sollen sie mich ruhig König Heinrich nennen, das lenkt von den wahren Hintergründen ab.« Der Reichsführer-SS grinste schief. »Ich liebe Theaterinszenierungen. Die täuschen die Nichtsahnenden. Brot und Spiele. Wahrscheinlich sitzen alle bereits beim Abendessen und lassen sich volllaufen.«
    Diesmal schwieg Lindner und wartete.
    Himmler ließ ihn nicht aus den Augen. »Unterschätzen Sie mich nicht«, sagte er schließlich leise, »die katholische Kirche ist eine perfekte Zugabe. Wir haben ja noch nicht einmal die Gebeine Heinrichs I. gefunden, seine Gruft ist leer. Das hat aber heute bei der Feierstunde niemanden wirklich gestört.« Himmler schüttelte den Kopf. »Wir werden dafür sorgen, dass bei der nächsten Feier das Grab gefüllt ist. Ich werde Nachforschungen in Auftrag geben, und Sie werden sich darum kümmern, Lindner.«
    Der Obersturmbannführer nickte stumm.
    »Aber es ist nicht ein Skelett mehr oder weniger, es ist der Platz, der zählt«, murmelte Himmler, »der Platz.« Er fasste Lindner am Arm und zog ihn mit sich in Richtung der Treppe, die in der Dunkelheit fast unsichtbar war. »Kommen Sie mit, ich werde Ihnen das Geheimnis zeigen«, sagte er, bevor er begann, wieder in den Untergrund hinunterzusteigen.
    Lindner hatte eine Gänsehaut, als er dem Reichsführer-SS in die Tiefe folgte. Die weiße Uniform leuchtete vor ihm, es wurde kühler, und die Luft roch abgestanden.
    »Kennen Sie die Legende der Auferstehung?«, schallte Himmlers Stimme durch das Dunkel. Er ging immer weiter, ohne sich umzudrehen, durch einen Gang, der zur Apsis und damit zur Krypta führte. »Jesus, ganz in Weiß, verlässt sein Grab.«
    Der Obersturmbannführer schluckte schwer. War Himmler noch ganz klar im Kopf? War er deshalb in seiner weißen Galauniform aus den Tiefen der Kirche gestiegen? Er nahm sicherheitshalber eine der Fackeln von der Wand und hob sie über seinen Kopf. Im flackernden Lichtschein sah er die weiße Gestalt zwischen den Pfeilern verschwinden.
    Sie waren

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