Teufel - Thriller
mit der Zunge über die Lippen. »Die Schichten dürfen sich nicht vermischen. Einfach göttlich!«
»Klingt nach einem kompletten Frühstück im Glas«, antwortete Georg und stieß die Tür zur Straße auf. »Zumindest, was die Kalorien betrifft.«
Der breite Gehsteig vor dem Hotel war zur Gänze überdacht. Arkaden erstreckten sich entlang der Via Cernaia, so weit das Auge reichte. Darunter bauten Buchhändler ihre Stände auf, mit Sonderangeboten oder antiquarischen Raritäten. Tschak allerdings war mehr von den unzähligen Säulen angetan und zog sofort schnüffelnd los.
»Richtung Zentrum?«, fragte Sina den Reporter, der sich kurz umblickte.
»Tschak ist schon in der richtigen Richtung unterwegs«, bestätigte Paul, und beide Freunde trabten los. Kaum hundert Meter entfernt standen verchromte Tische und Stühle unter den schützenden Lauben.
» › Nostradamus Café ‹ «, las Georg leise und betrachtete sehnsüchtig die Croissants, Kuchen und Torten in der Auslage. »Egal, ob seine Centurien entziffert sind oder nicht, ich rieche ein Frühstück.«
»Zwei!«, grinste Paul. »Und genug Kaffee, um uns aufzuwecken!«
Nachdem er die Bestellung aufgenommen hatte, kam der Kellner in seiner langen weißen Schürze nochmals zurück und legte mit den Worten »Mit schönem Gruß von der Stadtinformation« einen Reiseführer von Turin auf den Kaffeetisch. »Sollten Sie ihn nicht benötigen, dann lassen Sie ihn einfach liegen, für andere Gäste. Oder Sie nehmen ihn mit und entdecken die Stadt! Kaffee kommt gleich.«
»Zu Jauerlings Zeiten wird das ganz anders gewesen sein«, sagte Georg und blätterte in dem reich bebilderten Band.
»Was uns wieder zum Grund unseres Besuchs zurückbringt«, erinnerte ihn Paul. »Was genau erwartest du dir von Turin? Wir sind zwar den Killer los, aber dafür sind wir geradewegs in die Stadt des Teufels gereist, wenn ich dich richtig verstanden habe. Ist deshalb unsere Nonne so unruhig?«
»In die Stadt des Grabtuches, des Teufels und des Zentrums der drei magischen Dreiecke, wie mir gestern Kardinal Bertucci verraten hat.« Georg nahm genussvoll einen Schluck Espresso und sah aus dem Fenster neben sich.
»Da muss ich gerade mit Valerie konferiert haben«, meinte Wagner ratlos. »Welche magischen Dreiecke?« Die Croissants mit Butter und Marmelade, die der Kellner vor den beiden Freunden auf den Tisch stellte, dufteten verführerisch.
»Es gibt eine Legende, wonach ein weißes, ein schwarzes und ein rotes Dreieck in Turin aufeinandertreffen. Das weiße Dreieck der Magie hat die Eckpunkte Turin-Lyon-Prag, das schwarze Turin-Lon-don-San Francisco und das rote Turin-Wien-Florenz.« Sina zuckte die Schultern. »Was immer man auch davon halten mag, die Farben sind schon interessant. Drei Päpste, drei Dreiecke, die gleichen Farben wie auf der Wappenwand in Wiener Neustadt.«
Paul nahm geistesabwesend den Reiseführer zur Hand, während er mit einem kurzen Winken noch einen Bicerin bestellte. »Das Zeichen Turins ist der Stier. Die Stadt wurde von den Römern gegründet, nach strengen Regeln auf dem Reißbrett entworfen.« Er blätterte weiter, übersprang einige Seiten. »Hör zu. Um den Einfluss der katholischen Kirche zu unterwandern, hatten die Savoyer in Piemont seit jeher alternative religiöse Bewegungen zugelassen. Nicht nur Mormonen oder Sieben-Tage-Adventisten, auch Okkultisten, Spiritisten und Mesmeristen, die andernorts in Italien streng verboten waren, fanden willkommene Aufnahme in Turin. Der Papst beschuldigte die Savoyer, › Satanisten ‹ zu protegieren, Turin wurde zur › Stadt des Teufels ‹ erklärt.«
Er griff in die Tasche, zog den silbernen Anhänger hervor, den er dem Killer abgenommen hatte, und legte ihn auf die Tischplatte.
»Woher hast du das denn?«, erkundigte sich Sina überrascht. »Das ist doch das Nagelkreuz, das auch auf der Akte von Jauerling zu finden ist!«
»Ich habe es dem Unbekannten abgenommen, der uns in Memleben ins Jenseits befördern wollte. Ob es etwas mit dem Teufel zu tun hat?«, meinte Wagner nachdenklich.
»Wahrscheinlich hat es das«, antwortete Sina. »Schwer zu sagen, wie alt es ist oder woher es kommt. Es kann vielerlei bedeuten: zum einen, dass Christi Tod am Kreuz den Teufel überwunden hat, zum anderen aber auch, dass der Teufel das Kreuz quasi selbst trägt: sein Reich, das die Welt ist, also alles Körperliche und damit das Symbol des Felsens Golgotha, auf dem die Erlösung geschehen ist. Es kann aber auch heißen,
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