Teufel - Thriller
vor. »Und jetzt sucht euch alle einen Platz. Wir starten in wenigen Minuten.«
Als der Learjet von der Startbahn abhob und nach Süden einschwenkte, waren die beiden Freunde und Kardinal Bertucci bereits tief ins Gespräch vertieft. Schwester Barbara hatte sich abseits gesetzt, in eine andere Sitzreihe, und die Augen geschlossen.
Valerie Goldmann im Cockpit gab den Kurs nach Torino-Caselle ein. Sie würden den Flughafen Sandro Pertini in knapp zwei Stunden erreichen. Bis dahin würde sich auch der Advocatus Diaboli entscheiden müssen: Georg und Paul zu vertrauen oder seine Erkenntnisse für sich zu behalten.
Valerie hoffte inständig, er würde die richtige Entscheidung treffen.
Der sechste Kreis –
DENN UM DIE GRÄBER SAH MA N
FLAMMEN BRENNEN ,
VON DENEN SIE SO DURCH UN D
DURCH ERGLÜHTEN …
30.5.2010
Via Silla, Rom/Italien
G uten Morgen, es ist Sonntag, der 30. Mai, 9.00 Uhr. Die Nachrichten. BP gehen die Ideen aus. Jetzt ist auch Top-Kill gescheitert – ebenso wie alle bisherigen Versuche, den Ölfluss im Golf von Mexiko zu stoppen. Die Südküste der USA bereitet sich darauf vor, dass bis August dieses Jahres Öl in den Golf sprudelt. Und die Hurrikan-Saison steht unmittelbar bevor…«
Kardinal Bertucci stand seufzend vom Frühstück auf, legte die Serviette zur Seite und drehte das Radio leiser. Er war zu müde und zu erschöpft, um sich vor seinem Termin mit dem Heiligen Vater den Kopf über Katastrophen zu zerbrechen, die alleine schon für einen Horrorfilm ausgereicht hätten. Der Advocatus Diaboli merkte, dass ihn die Unterhaltung von gestern Nacht mit Wagner und Sina viel mehr beschäftigte, als er sich selbst eingestehen wollte. Wenn man dann noch die Informationen dazurechnete, die aus Israel über Valerie Goldmann gekommen waren, dann gab es wenig Grund zur Freude.
Der kleine Italiener ging ins Schlafzimmer hinüber, wollte instinktiv nach seiner Soutane greifen, doch dann erinnerte er sich im letzten Moment daran, dass der Heilige Vater ihn heute »in Zivil« sehen wollte – warum auch immer. Er hatte jedenfalls bei seinem letzten Gespräch mit Bertucci ausdrücklich darauf bestanden. Vielleicht sollte der Kardinal gleich wieder los? Nach England oder Südamerika in einer anderen privaten Mission? Also warf der Advocatus Diaboli einen Blick aus dem Fenster, sah das strahlende Wetter und entschloss sich zu einem kurzärmeligen Hemd, einer hellen Leinenhose und einem Blazer, der dem Ganzen ein wenig Formalität verlieh.
Als er sich im Vorübergehen im geschliffenen Glas des Spiegels betrachtete, den er vor Jahrzehnten von seiner Großmutter geerbt hatte, war er fast versucht, in Urlaubsstimmung zu geraten. Aber dann dachte er an all die Arbeit, die noch vor ihm lag, an den toten Killer in Deutschland, der im Auftrag einer religiösen Bruderschaft unterwegs gewesen war, und daran, dass Pro Deo nach wie vor die Fäden hinter den Kulissen des Vatikans zog. Rechnete man die diplomatische Protestnote der österreichischen Regierung dazu, den toten Pfarrer in Unterretzbach und die drei Ermordeten in Rom, dann hatte er nicht wirklich viel erreicht.
Oder doch?
Bertucci war müde. Zugleich war er Valerie Goldmann dankbar, dass sie ihn knapp nach 1.00 Uhr früh am Flughafen Fiumicino mit den Worten »Schlafen Sie schnell, tief und effizient, Eminenz« aus dem Learjet komplimentiert hatte.
So hatte er wenigstens fünf Stunden Schlaf bekommen. Nach einer Rasur, einer schnellen Dusche und in frischen Kleidern fühlte er sich nicht gerade wie neugeboren, aber immerhin wie ein Mensch.
Er öffnete eine Schublade und nahm sein altes Handy heraus. Irgendwie war es wie ein Schritt zurück in die Normalität, in ein geregeltes Leben. Heraus aus dem Schatten und den Verstecken. Er schaltete es ein und wartete, bis sich das Mobiltelefon eingebucht hatte. Als er die Liste der versäumten Anrufe durchging, fiel ihm einer von Carlo Lamberti auf, der gestern Abend offenbar versucht hatte, ihn von seiner privaten Handynummer aus zu erreichen. Nach einem kurzen Blick auf seine Armbanduhr wählte Bertucci die Nummer des Außenministers. Lamberti hob nach dem ersten Läuten ab.
»Paolo! Wo bist du?«, zischte er aufgeregt ins Telefon.
»Du wirst es nicht glauben, Carlo, aber wieder zurück in Rom«, erwiderte der Advocatus Diaboli.
»Hier ist der Teufel los, wenn du mir das Wortspiel verzeihst. Deine SMS haben eingeschlagen wie eine Bombe, und die Protestnote der Österreicher wurde keineswegs auf die leichte
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