Teufel - Thriller
von einem Teufelswerk, und wenn Sie ganz genau hinsehen, dann können Sie ihn auch sehen, den Fürsten der Finsternis.« Ihr Führer wies auf einen blank polierten messingfarbenen Türklopfer, der das Gesicht eines Dämons hatte und im Licht der Straßenbeleuchtung glänzte. Die reich verzierte und geschnitzte Tür war ein Kunstwerk.
Tiere und Ornamente, Drachen und Phantasiegestalten umkreisten den Teufel.
»Tagsüber, zu den Bankstunden, ist sie geöffnet, und die beiden Flügel sind fast unsichtbar. Doch bei Nacht…« Cavoretto machte eine Pause und spielte mit dem Nagelkreuz um seinen Hals. »Wie Sie sehen, hat sich Satan im Zentrum eines wundersamen Kosmos angesiedelt, der erneut voller Mysterien, Symbolik und magischer Hinweise ist«, ergänzte er, »wie im täglichen Leben, wenngleich die meisten Menschen dafür auch keinen Sinn haben, weil sie unsensibel sind.«
Ein Windstoß schlug in einem der umliegenden Häuser eine Tür zu. Der Maler horchte auf und lachte dann laut. In der menschenleeren Gasse klang es gespenstisch und hohl.
»Kommen Sie, es wird Zeit, in die Unterwelt abzutauchen«, meinte er leichthin und zog Barbara mit sich. »Wir sollten nicht vor der Türe stehen bleiben, wenn man drinnen erwartet wird.«
Die Via Vittorio Alfieri war eine schmale Gasse, die über einen großen Platz, die Piazza San Carlo, führte. »Würden wir immer geradeaus gehen, kämen wir an den Po, einen der beiden großen Flüsse, an denen Turin erbaut wurde. Übrigens ganz nach den wahren magischen Prinzipien, an die Sie ja leider nicht glauben, Schwester. Vier Tore und vier Windrichtungen.« Er sah sie von der Seite an. »Wenn die Piazza Statuto mit der Gestalt des Lichtbringers das schwarze Herz Turins ist, dann ist der Stadtteil bis zum Fluss sein Bauch. Und der hat immer Hunger…«
Schwester Barbara sah unbeirrt geradeaus und stolperte gehorsam neben Cavoretto her. Georg hatte die junge streitbare Frau noch nie so schweigsam erlebt und wunderte sich darüber, dass sie kein Wort der Erwiderung hören ließ.
»Am anderen Ende der Via Alfiero, in unserem Rücken, liegt die Piazza Solferino mit dem Engelsbrunnen«, plauderte Cavoretto weiter. »Wie man behauptet, befindet sich dort der Eingang zur Ewigkeit. Vielleicht sollten wir umdrehen?«
»Wir sollten vor allem aus dem Regen verschwinden«, brummte Georg und versuchte im Dunkel zu erahnen, wohin Cavoretto sie führte. Sie waren auf einer weiten Fläche angekommen, deren Seiten von Palazzi mit breiten Lauben eingefasst war. Eine Neonreklame blinkte rot »Caffè Torino«.
»Ihr Wunsch ist mir Befehl, Professor«, lächelte der Maler, bog links ab und strebte den Vordächern auf der anderen Seite der Piazza San Carlo zu. »Unter unseren Füßen liegt eine Tiefgarage, sehr prosaisch. Früher führte ein Gang vom Portal des Teufels direkt in die jahrtausendealte Unterwelt der Stadt, aber dann kamen die Bagger…« Er zuckte bedauernd mit den Schultern.
Riesige, schmiedeeiserne Gaslaternen beleuchteten die Bögen der Arkaden, und Paul fühlte sich mit einem Mal in die Vergangenheit zurückversetzt. Hohe, reich verzierte Gittertore führten zu Innenhöfen oder kleinen Gärten von Palazzi, blank polierte Messingschilder neben den Elfenbein-Klingelknöpfen trugen die Namen bekannter Turiner Familien.
Vor einem dieser Gittertore blieb Cavoretto schließlich stehen. Eine große »22« schmückte das ansonsten unbeschriftete Schild neben dem Hauseingang. Darunter war hinter Glas das Objektiv einer Überwachungskamera zu sehen und eine weitere, rot erleuchtete Fläche. »Es ist wohl unnötig, Ihnen einen Exkurs über die Zahl 22, die Meisterzahl, zu halten.« Der Maler wandte sich zu Wagner und Sina um. »Nur so viel: 666 minus 22 ergibt 644. Vielleicht sollten Sie einmal darüber nachdenken, wenn die Zeit gekommen ist.« Dann hielt er sein Nagel-kreuz, das er um den Hals trug, an die kleine rote Fläche unter der Kamera. Mit einem leisen Summen öffnete sich daraufhin ein Flügel der Türe und schwang auf.
Vor ihnen lag ein Garten mit überdachten Gehwegen, in dem nach und nach versteckte Lichter angingen, während sie vorbei an blühenden Büschen und Brunnen tiefer in den alten Palazzo vordrangen. Am anderen Ende, unter einem Baldachin, der von zwei goldenen Stangen gehalten wurde, stand ein Mann im schwarzen Anzug und erwartete sie.
»Willkommen, Bruder Alessandro«, begrüßte er Cavoretto und verbeugte sich vor ihm. »Ihr bringt Gäste mit?«
»Guten Abend,
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