Teufel - Thriller
Symbolik schon eine Stufe höherschrauben müssen.«
Cavoretto schien Georgs Gedanken lesen zu können. »Außerdem werden wir die unterirdische Stadt durch einen anderen Ausgang verlassen«, ergänzte er, »das Labyrinth hat viele Eingänge und Wege nach draußen…«
»… aber nur ein Zentrum«, ergänzte Wagner und sah den Mann in Schwarz fragend an.
»Ganz recht«, bestätigte Cavoretto, »und jetzt lassen Sie uns gehen, sonst kommen wir zu spät.« Er drückte eine Tür auf, und es war, als ob sie von der gepflegten Kulisse einer Ausgrabungsszene mit einem Schritt in einem stinkenden, feuchten Abwasserkanal gelandet wären.
»Das ist etwas tiefer angesiedelt als der Bauch von Turin«, flüsterte Sina seinem Freund zu. »Mehr gegen das untere Ende.«
Der Kanal wurde durch Fackeln erleuchtet, die sich in einer schmutzstarrenden Brühe in der Mitte des Tunnels spiegelten. Der Gestank war atemberaubend, doch Cavoretto ignorierte die angeekelten Mienen seiner Gäste und ging voran, über scheinbar zufällig verstreute Steine, die aus der Kloake ragten. »Glauben Sie mir«, rief er, und seine Stimme hallte in dem unterirdischen Gewölbe wider, »hier beginnt ein Weg zur Erkenntnis. Aus dem Dunkel und der stinkenden Brühe der Exkremente zu einer Lichtgestalt, der immer wiederkehrende Kreislauf der Menschheit, die stete Neugeburt der Hoffnung und des Glaubens.«
Er war am anderen Ende des Tunnels angekommen und stieß eine Tür auf, die geschickt getarnt war. Ein Stück der Wand schien plötzlich nach innen zu schwingen und gab den Blick auf einen kleinen Saal frei, der durch Neonröhren hell erleuchtet war. Verwirrt sah sich Schwester Barbara, die unmittelbar hinter Cavoretto den Raum betreten hatte, um. Moderne Schließfächer bedeckten die Wände, auf langen Metalltischen lagen Goldbarren und Stapel von Banknoten. Sicherheitskameras überwachten surrend das Depot.
»Greifen Sie zu, Schwester, nehmen Sie, so viel Sie tragen können«, rief Cavoretto gönnerhaft und mit einer theatralischen Geste. »Wie viel Brot für die Armen könnten Sie damit kaufen, wie viele wohltätige Werke in Entwicklungsländern finanzieren, die über kurz oder lang sowieso im Sand verlaufen würden?« Er lachte aus vollem Hals, als er Paul dabei beobachtete, wie er einen der Goldbarren verblüfft in seiner Hand wog. »Dachten Sie, das wären Requisiten? Angepinselte Bleibarren? Sie enttäuschen mich, Herr Wagner. Hier ist alles echt. Das Geld, das Gold …« Er machte eine Pause. »… und die Versuchung.«
Cavoretto kniff die Augen zusammen. »Nehmen Sie! Greifen Sie zu! Sie brauchen nie wieder zu arbeiten, Sie könnten Recherchen aus eigener Tasche finanzieren, für immer unabhängig sein. Ist das nicht der wahre Götze der modernen Welt? Der, der alles möglich macht und alle Wege ebnet? Wofür beten Sie denn in der Kirche, deren Betreiber eigentlich eine mächtige Wirtschaftsorganisation ist? Für Ihr Seelenheil oder für den Erfolg Ihrer Unternehmungen?« Sein abschätziger Blick ruhte auf Buchegger. »Und Sie glauben nicht an Magie, Schwester? Dann schauen Sie doch einmal die Magie des Goldes an, wie es gierige Banker und unersättliche Konzerne zu einer Union zusammengeflochten hat, die alle Wirtschaftskrisen überdauert.«
Mit wehendem Umhang eilte der Maler zu einem der Tische und warf Sina ein Bündel 500-Euro-Scheine zu. »Hier, Professor, 50000 Euro würden doch eine Menge Steine bewegen auf Ihrer halb verfallenen Burg. Oder Löcher stopfen in Ihrem Forschungsbudget. Oder brauchen Sie zehn Bündel? Auch kein Problem. Hier liegt genug. Und wenn es irgendwann weniger werden sollte, dann sprudeln neue Quellen, unentwegt, gespeist aus einem unerschöpflichen Reservoir.«
Georg betrachtete die Banknoten in seiner Hand, bevor er sie auf einen der Tische fallen ließ. »Der Pfad der Versuchung, hm?«, murmelte er. »Gut inszeniert, beängstigend real.«
»Hier ist alles echt, im Gegensatz zu den Kirchen da oben, diesen pompösen Inszenierungen aus vergoldetem Karton und Gips«, zischte Cavoretto und wandte sich um. Mit wehendem Mantel eilte er weiter. »Kommen Sie!«, rief er, und eine Metallschiebetüre glitt zur Seite. »Wir haben nicht endlos Zeit.«
Ein dunkler, enger Gang erwartete sie, der nach der hellen Halle umso bedrückender erschien. Als die Tür wieder zurückglitt, war es abgesehen von einigen nackten Glühbirnen stockdunkel. Von irgendwo ertönten Schreie.
»Versteckte Lautsprecher?«, erkundigte sich der
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