Teufel - Thriller
die knarrenden Holzstege wirken nicht sehr vertrauensfördernd, aber alles ist bestens in Schuss!« Seine Stimme verriet den Stolz des Hausherren.
»Das kann ich mir vorstellen«, gab die Nonne zurück und schaute bewundernd die Türme hoch. Dann machten sie sich an den Aufstieg. Am Ende einer steilen Holztreppe zog Georg eine knarrende Feuerschutztüre auf. Kurz darauf standen sie in einem hellen, dreieckigen Raum, der immer wieder einen ganz besonderen Eindruck auf die Besucher machte.
Barbara trat etwas zaghaft über die Schwelle, so als würde sie erst die Festigkeit des Bodens prüfen. Sina hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt und folgte ihr ins Innere. Er deutete auf die schlanken Fenster hinter dem Altar. »Am 14. September, also am Fest der Kreuzerhöhung, scheinen die Strahlen der aufgehenden Sonne hier herein und beleuchten das Kreuz über dem Altar. Genau so, wie es die mittelalterlichen Bauherren beabsichtigt haben.« Der Wissenschaftler machte eine Pause. »Man muss sich vor Augen halten, dass damals noch vor dem Fest der Grundsteinlegung eine Kirche im Rahmen eines speziellen Festakts ausgerichtet wurde. Dabei waren nur der Auftraggeber und die Baumeister zugelassen. Das Wissen sollte bewahrt werden.«
Barbara drehte sich um und beobachtete, wie Tschak in die Kapelle trabte und angeregt an den Bänken schnupperte. »Ähh… der Hund …?« Sie zeigte auf Tschak und warf Sina einen fragenden Blick zu.
»Ein Geschöpf Gottes, oder etwa nicht?«, antwortete Sina unbeeindruckt und zuckte mit den Schultern. »Warum soll nicht auch er hier herein? Früher sind die Leute sogar mit Kleinvieh und Pferden in die Kathedralen gekommen, also was soll es? Aber ich weiß, dass Tiere in Kirchen normalerweise verboten sind.«
Sina setzte sich in eine der Bänke und sah sie neugierig an. »Wie kommt es eigentlich, dass Sie Nonne geworden sind?«
»Ach, ich habe Freude an meiner Entscheidung und habe sie nie bereut«, sagte Barbara schlicht, und es klang aufrichtig. »Es ging mir als junges Mädchen nicht besonders gut. Ich fand keinen Sinn und keinen Platz für mich in meinem Leben. Ich driftete herum, wäre fast auf die schiefe Bahn geraten. Danach habe ich unter anderem mit dem Gedanken zu spielen begonnen, auch Nonne zu werden. Wir im Orden, wir helfen den Menschen. Wir machen Krankenbesuche, begleiten die Leute auf ihrem letzten Weg, unterrichten die Kinder…«
Georg nickte und blätterte geistesabwesend in einem Liederbuch, das auf der Bank vor ihm lag. »Das ist mir alles bekannt. Ich habe auch noch keinen Atheisten gesehen, der bei einem fremden Sterbenden am Krankenbett saß und ihm die Hand hielt. Aber was war für Sie damals der endgültige Anstoß?«
Barbara wandte verlegen den Kopf ab. »Das klingt vielleicht albern…«
»Aber nein!«, wehrte Sina ab. »Mir ist nichts Menschliches fremd…«
»Also gut…«, begann Barbara, legte ihre Hände auf die Knie und erzählte. »Eines Tages, an dem es mir wieder einmal so richtig schlecht gegangen ist, bin ich in die Kapelle meiner alten Schule gegangen. Es war ruhig, und ich fühlte mich geborgen, mein Herz ging auf. Da habe ich mich hingekniet und einfach gebetet. Ich habe Gott gefragt: › Wenn du willst, dass ich Nonne werde, dann gib mir ein Zeichen! ‹ «
»Und hat er?«, fragte Georg.
»Ja.« Die Ehrlichkeit in ihrer Stimme berührte Sina. »In diesem Moment zischte auf dem Altar eine Kerzenflamme auf, sie wurde so richtig lang, wie ein brennender Fingerzeig nach oben.« Sie machte eine unbeholfene Handbewegung, um den Effekt mit ihren Händen zu beschreiben. »Da habe ich es gewusst.«
»Aha!«, machte Sina und zog die Brauen nach oben.
»Jedenfalls wurden meine Erwartungen nicht enttäuscht«, fuhr Barbara fort. »Der Orden hat mir ein Studium finanziert, mir ein Heim und eine Aufgabe gegeben und mich letztlich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Deshalb bin ich auch sehr dankbar für alles. Was haben wir heute eigentlich zusammen vor?«
»Nur ein wenig Sightseeing im eigenen Vorgarten sozusagen…«, grinste Georg. »Ich möchte mir ein paar Kirchen ansehen. Als Erstes die romanische Pfarrkirche von Schöngrabern bei Hollabrunn.«
»Zur steinernen Bibel also?«, freute sich Buchegger. »Das trifft sich. Ich habe bereits viel darüber gelesen, hatte aber noch nie die Zeit, sie mir anzusehen.«
»Na bitte!«, sagte Sina. »Somit ist uns beiden geholfen. Vier Augen sehen mehr als zwei, und der lästige Flohzirkus hier kommt
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