Teufel - Thriller
mit.«
Die Erinnerung an seinen ungebetenen nächtlichen Eindringling vor einigen Monaten, der sein Gerüst auf dem Gewissen hatte, war noch reichlich frisch. Er verriegelte die Türen und ließ zusätzlich das Fallgatter herunter.
Unterretzbach, Weinviertel/Österreich
D as Skelett tanzte über einen Boden aus rohen Holzbrettern, der mit riesigen Blutflecken übersät war. Es war totenstill und keine Musik war zu hören, trotzdem kam der Knochenmann nicht aus dem Takt. Er wich den wehenden Vorhängen aus, wiegte sich hin und her, bevor er sich umdrehte und Paul erkennen konnte, dass er ein langes Küchenmesser in der Hand hielt. Einige Tanzschritte später stand das Skelett vor ihm und hob den Arm, die Klinge blitzte auf… da ertönte ein energisches Klopfen, das Skelett erstarrte, und dann geschah etwas Seltsames: Es zerfiel zu Staub, und das Messer wirbelte durch die Luft, wie in Zeitlupe, und blieb schließlich mit der Spitze in den Holzdielen stecken. Das Klopfen aber hielt an, hartnäckig, laut und durchdringend …
Paul fuhr hoch, mit vor Schreck weit geöffneten Augen, und wusste im ersten Moment nicht, wo er war. Sekunden später stand ein unerbittlicher Kommissar Berner neben dem Bett des Reporters.
»Es ist schon fast zehn Uhr, und hier sind alle wach außer der Presse!« Berner lächelte und hielt Wagner eine Tasse unter die Nase, aus der es nach frischem Kaffee duftete.
»Mein Lebensretter«, murmelte Paul, »sonst hätte mich das Skelett bestimmt erwischt. Guten Morgen in der tiefen Provinz.«
»Was für ein Skelett?«, brummte der Kommissar und reichte dem Reporter die Tasse. »Ich weiß, wir haben kaum fünf Stunden geschlafen, aber nachdem die Kollegen abgezogen sind, sollten wir mit unseren ganz persönlichen Recherchen anfangen«, gab der Kommissar zu bedenken. »Ich sehe Sie in zehn Minuten beim Frühstück, sonst ist Burgi schon vorher da und verdirbt uns den Appetit.«
Paul schaffte es in nur acht Minuten und hatte gerade noch Zeit, seine leere Tasse nachzufüllen, bevor auch schon ein verschlafener Burghardt in der Tür stand und schnüffelte.
»Rieche ich Kaffee? Gott sei Dank«, seufzte er und ließ sich auf einen der Sessel fallen. »Ich habe miserabel geschlafen. Drei Leichen an einem Tag – da hätte ich auch in Wien bleiben können.«
»Interessant«, warf Berner ein, »dasselbe habe ich gestern auch schon festgestellt nach der ersten Besichtigung deines Anwesens. Langsam siehst du es ein.«
»So viel Kaffee kann ich gar nicht trinken, um nach dem gestrigen Abend mein System wieder in Gang zu bringen.« Paul fuhr sich mit der Hand über die Augen und blinzelte im Sonnenlicht, das durch das Fenster fiel und Quadrate auf den Frühstückstisch zeichnete. »Drei Tote auf einmal, das gab es hier sicher seit Menschengedenken noch nie. Zum Glück habe ich die Meldung an die Zeitungen geschickt, bevor wir abends beim Heurigen abgestürzt sind. Danach weiß ich gar nichts mehr…«
»Glücklich ist, wer vergisst«, warf Burghardt ein, »du hast nichts wirklich Wichtiges versäumt. Einige Viertel Wein, gefolgt von ein paar Schnäpsen und ein paar allerletzten Gläsern eines undefinierbaren Nussbrandes.«
»Jetzt tut nicht so wegen ein paar Gläsern und einer kurzen Nachtruhe. In eurem Alter hab ich gar keinen Schlaf gebraucht«, grummelte Berner, »da ging es vom Dienst ins Nachtcafé und dann wieder in den Dienst…«
»… und von da ins Krankenhaus, wenn wir dich nicht irgendwann gewaltsam heimgebracht hätten«, unterbrach ihn Burghardt mit einer Grimasse. »Pensionisten, die mit ihrer längst verflossenen Fitness angeben, sind am Morgen unausstehlich.«
Eine halbe Stunde später spazierten die drei Männer schweigsam durch die Straßen des Weinbauortes. Als sie den lang gezogenen Hauptplatz erreichten, läuteten die Glocken der Pfarrkirche und ein paar kleine Kinder tobten über den Spielplatz hinter dem Kriegerdenkmal, das mit rot-weiß-roten Bändern abgesperrt war und eher desolat aussah.
Berner wies auf eine Bank, die unter zwei Linden in der Sonne stand. »Der richtige Platz für eine Einsatzbesprechung. Wir brauchen einen Plan, wie wir weiter vorgehen.«
»Wieso weiter vorgehen?«, fragte Paul und sah den Kommissar erstaunt an. »Wenn mich nicht alles täuscht, gehen Sie weder die beiden Toten noch der Selbstmord des alten Mannes etwas an. Burgi ist auf Urlaub, Sie sind in Pension, und ich fahre nach Wien zurück, um mich wieder den wichtigen Dingen des Lebens
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