Teufel - Thriller
schließlich voll und ganz zu überzeugen.« Sie stürmte mit großen Schritten los in Richtung der Säle, aus denen die lauten Stimmen der Feiernden erklangen.
»Was habt Ihr vor?«, erkundigte sich Athanasius aufgeregt und bemühte sich, auf seinen kurzen Beinen mit der drahtigen Siebzigjährigen Schritt zu halten.
»Kaiser Tiberius, dieser perverse Wahnsinnige, hat Quästoren nach Judäa und Galiläa geschickt, um die Vorkommnisse um unseren Herrn und Erlöser untersuchen zu lassen. Die Akten befinden sich im kaiserlichen Archiv in Rom«, antwortete sie entschlossen. »Laut diesen Berichten liegt das Grab unseres Herrn heute unter einem Tempel der Venus verborgen. Wir werden es öffnen und so die Auferstehung unwiderlegbar beweisen, weil es natürlich leer sein wird. Damit sollte dann auch der letzte Zweifler die Falschheit und Verderbtheit der Lehre des Arius begreifen.«
»Eine hervorragende Idee, Majestät!«, Athanasius klang aufgeregt. »Nach jüdischem Ritus müssen auch alle Geräte und Kleider, die das Blut eines Verstorbenen aufgenommen haben, mit dem Leichnam bestattet werden. Das Blut gilt als Sitz des Lebens, das aufbewahrt werden muss. Also auch…«
»Klug seid Ihr, Athanasius, sehr klug. Und gebildet!«, unterbrach ihn Helena sichtlich begeistert. »Unser Erlöser war ein jüdischer Priester. Das bedeutet, wir finden dort auch das wahre Kreuz unseres Herrn und alle Zeichen seines Martyriums. Und diese Zeugnisse bringen wir nach Konstantinopel zu unserem Sohn. Dann muss auch er eingestehen, dass Jesus Christus die Wahrheit und das Leben ist.«
»Eure Weisheit überragt die meine«, seufzte der Erzdiakon bewundernd und verbeugte sich ehrfurchtsvoll.
»Jetzt geht zu Bischof Makarius und unterrichtet ihn von meinem Entschluss«, befahl die Kaisermutter und blickte kurz dem kleinen Erzdiakon nach. Dann drehte sie sich um. »Maxentius!«
Der Hauptmann ihrer Leibwache, stets in Rufweite, stand Augenblicke später neben ihr und verneigte sich. »Wie lauten Eure Befehle, Majestät?«
»Unterrichtet mein Gefolge, wir reisen morgen nach Jerusalem.« Sie glättete den Stoff ihrer Gewänder, straffte sich und schob den Vorhang zur Seite. Dann betrat sie den Festsaal, um ihren Sohn vor den versammelten Bischöfen in die Arme zu nehmen. Es würde ein kurzer Aufenthalt in der Heimat werden. Aber ein leeres Grab und das Kreuz Jesu waren zu wichtig, um auch nur einen Tag länger zu warten. Es war an der Zeit, das Wissen für den Glauben einzusetzen.
Schöngrabern, Weinviertel/Österreich
D er gelbe Lada Taiga hielt mit quietschenden Bremsen auf dem kleinen Gästeparkplatz in Schöngrabern. Georg Sina kletterte aus dem Fond und streckte sich. Ein leises Knacken verriet ihm, dass seine Rückenwirbel und Bandscheiben wieder an ihren Platz zurückgekehrt waren.
»Danke!«, ächzte er. »Jetzt weiß ich, dass ich definitiv keine achtzehn mehr bin. Und gegen dieses Fakirbrett ist mein Haflinger eine Sänfte. In dieses Auto steigt man ja nicht ein, das zieht man sich an!«
»Hören Sie doch auf, Professor«, lachte Barbara und öffnete Tschak die Hintertür. »Seit fast einer Stunde lästern Sie in einem fort. Seien Sie froh, dass die Mutter Oberin mir den Lada zur Verfügung gestellt hat, solange ich vom Dienst freigestellt bin. Sonst hätten wir Ihre rote Rostlaube nehmen müssen.«
Georg zuckte nur mit den Schultern und schlug die Seitentür zu. »Hören Sie sich das an!« Er öffnete die Tür erneut und ließ sie mit einem lauten metallischen Krach ins Schloss fallen. »Made in the U.S.S.R.!« Sina zog seine Augenbrauen nach oben und deutete mit beiden Händen auf die Wagenseite, als würde er Barbara an einem Verkaufsstand etwas anpreisen. »Und erst dieses Design!«, rief er aus. »Feinste, russische Linienführung. Sollte ich einmal ein Auto brauchen, das man auf den Boden werfen und draufspringen kann und das dann immer noch läuft, dann weiß ich, wo ich suchen muss. Eine aussterbende Spezies: kantig, kultig, urig und keine Spur von Luxus. Fast ist man versucht zu sagen – streng katholisch!«
Die Nonne überhörte geflissentlich Sinas kleinen Seitenhieb und schlug gut gelaunt mit der flachen Hand auf die Motorhaube. »Startet bei zwanzig Grad minus ohne Probleme …«
»… tu ich auch…«, gab Sina zurück.
»… läuft immer…«, fuhr Barbara fort.
»… mit genügend Tee kann ich das auch von mir behaupten…«
»… hat zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, rostet an ein paar Ecken und
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