Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)
der Gipfel menschlicher Geschicklichkeit.«
»Soso. Was halten Sie denn von Elefanten, lieber Bellow?« fragte der Professor zweifelnd.
Der war beleidigt.
»Was denn, ich verstehe nicht. Katzen, das ist doch ganz was anderes. Elefanten sind nützliche Tiere«, antwortete Bellow.
»Na großartig. Wenn sie nützlich sind, fahren Sie hin und schauen Sie sie an. Und hören Sie auf das, was Iwan Arnoldowitsch sagt. Und keine Gespräche dort in der Kantine! Iwan Arnoldowitsch, ich bitte Sie sehr, Bellow kein Bier zu verabfolgen.«
Zehn Minuten später fuhren Bormental und Bellow, der eine Schiebermütze und einen Mantel aus Wollstoff mit hochgeklapptem Kragen trug, in den Zirkus. Die Wohnung wurde still. Der Professor war in seinem Arbeitszimmer. Er knipste die Lampe mit dem schweren grünen Schirm an, was den großen Raum sehr behaglich machte, und begann auf und ab zu gehen.
Das Ende seiner Zigarre schimmerte in blaßgrüner Glut. Der Professor hatte die Hände in den Hosentaschen, und schweres Grübeln furchte seine Gelehrtenstirn mit den Geheimratsecken. Ab und zu schmatzte er, trällerte »Zu des Niles heil’gen Ufern …« und murmelte etwas.
Endlich legte er die Zigarre in den Aschenbecher, trat zu dem Schrank, der rundherum aus Glas bestand, und beleuchtete den Raum mit drei superstarken Lampen von der Decke. Dem dritten Gefach des Schranks entnahm er ein schmales Glasgefäß und betrachtete es stirnrunzelnd in dem hellen Licht. In der zähen, durchsichtigen Flüssigkeit schwamm, ohne niederzusinken, ein weißliches Klümpchen – aus der Tiefe von Bellos Gehirn. Achselzuckend, den Mund verziehend und vor sich hin brummend, verschlang der Professor es mit den Augen, als hoffte er in dem schwebenden Klümpchen die Ursache für die wundersamen Ereignisse zu entdecken, die in der Wohnung das Unterste zuoberst gekehrt hatten.
Durchaus möglich, daß der hochgelehrte Mann sie auch wirklich entdeckte. Nachdem er die Hirnanhangsdrüse lang genug betrachtet hatte, stellte er das Glas wieder in den Schrank, verschloß ihn, steckte den Schlüssel in die Westentasche und warf sich, den Kopf zwischen die Schultern gezogen und die Hände tief in den Jackentaschen, in das Leder des Sofas. Umständlich zündete er sich eine zweite Zigarre an, kaute auf ihr herum und rief endlich in der grün beleuchteten Einsamkeit, ein grauhaariger Faust:
»Wahrhaftig, ich muß es wohl tun.«
Niemand antwortete ihm. Die Wohnung war vollkommen still. In der Obuchow-Gasse hört bekanntlich gegen 23 Uhr jeder Verkehr auf. Ganz selten tönten in der Ferne die Schritte eines verspäteten Fußgängers, klapperten irgendwo jenseits der Gardinen und verstummten. Unter den Fingern des Professors klingelte zart die Repetieruhr in der Tasche. Der Professor wartete ungeduldig auf Doktor Bormentals und Bellows Rückkehr.
8
Es blieb unbekannt, was für einen Entschluß der Professor gefaßt hatte. In der folgenden Woche unternahm er nichts Besonderes, und vielleicht gerade infolge seiner Untätigkeit füllte sich die Wohnung mit Ereignissen.
Sechs Tage nach der Geschichte mit dem Wasser und dem Kater erschien bei Bellow der junge Mann vom Hauskomitee, der eine Frau war, und händigte ihm Dokumente aus, die Bellow sofort in die Tasche steckte. Gleich darauf rief er:
»Bormental!«
»Nein, ich muß doch bitten, mich beim Vor- und Vatersnamen zu nennen!« erwiderte Bormental ärgerlich.
Es sei erwähnt, daß der Chirurg es in diesen sechs Tagen fertiggebracht hatte, sich achtmal mit seinem Zögling zu entzweien. In der Wohnung herrschte dicke Luft.
»Dann nennen Sie mich aber auch beim Vor- und Vatersnamen!« antwortete Bellow ganz vernünftig.
»Nein!« dröhnte der Professor in der Tür. »Ich dulde nicht, daß dieser Vor- und Vatersname in meiner Wohnung ausgesprochen wird. Wenn Sie wünschen, daß wir Sie nicht mehr familiär ›Bellow‹ nennen, werden Doktor Bormental und ich Sie mit ›Herr Bellow‹ anreden.«
»Ich bin kein Herr, die Herren sind alle in Paris!« kläffte Bellow.
»Das ist Schwonders Werk!« schrie der Professor. »Nun gut, mit diesem Halunken rechne ich noch ab. Aber solange ich mich in meiner Wohnung befinde, wird es darin nur Herren geben! Andernfalls muß einer von uns beiden raus, höchstwahrscheinlich Sie. Heute noch gebe ich eine Annonce auf, und Sie können mir glauben, ich finde ein Zimmer für Sie.«
»Als ob ich so blöd wär, hier auszuziehen«, antwortete Bellow sehr deutlich.
»Wie?« fragte der
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