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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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wir machen es so. Die Türen des Operationssaals lassen sich fest verschließen, und das Fenster machen wir auf …«
    »Gewiß«, stimmte Iwanow zu.
    »Drei Helme?«
    »Ja, drei.«
    »Na bitte. Also Sie, ich, und dann können wir noch einen Studenten dazunehmen. Der bekommt den dritten Helm.«
    »Ich schlage Grinmut vor.«
    »Ist das der, der jetzt bei Ihnen mit den Salamandern arbeitet? Hm … nicht schlecht, der Junge … aber Moment mal, im Frühling konnte er mir nicht sagen, wie bei den Blindfischen die Schwimmblase funktioniert«, fügte Persikow nachtragend hinzu.
    »Er ist in Ordnung. Ein guter Student«, setzte sich Iwanow für ihn ein.
    »Wir werden eine ganze Nacht durchmachen«, fuhr Persikow fort, »aber hören Sie, Pjotr Stepanowitsch, Sie müssen die Gasflaschen prüfen, denn sonst, weiß der Teufel, am Ende schicken uns diese ›freiwilligen Chemiker‹ noch irgendwelchen Mist.«
    »Aber nein«, Iwanow fuchtelte mit den Händen, »ich hab’s gestern schon ausprobiert. Wir müssen ihnen Gerechtigkeit widerfahren lassen, Wladimir Ipatjewitsch, das Gas ist ausgezeichnet.«
    »Womit haben Sie’s ausprobiert?«
    »Mit gemeinen Kröten. Ein kleiner Strahl hineingeblasen, und schon sind sie tot. Ja, Wladimir Ipatjewitsch, noch etwas. Schreiben Sie ein Gesuch an die GPU, die soll Ihnen einen elektrischen Revolver schicken.«
    »Damit kann ich doch gar nicht umgehen.«
    »Das übernehme ich«, antwortete Iwanow, »wir haben an der Kljasma spaßeshalber damit geschossen, da hat einer von der GPU neben mir gewohnt. Das ist ein großartiges Ding. Ganz außergewöhnlich … schießt geräuschlos und trifft auf hundert Schritt. Auf Krähen haben wir geschossen. Ich finde, dann brauchen wir gar kein Gas.«
    »Hm, guter Einfall, sehr gut.« Persikow ging in die Ecke, nahm den Hörer ab und quakte: »Geben Sie mir diese, wie heißt sie gleich, Lubjanka …«
     
    Es waren glühendheiße Tage. Über den Feldern war deutlich zu sehen, wie die durchsichtige fette Glut flimmerte. Die Nächte waren wundersam, trügerisch, grün. Der Mond schien und tauchte das ehemalige Gut der Scheremetjews in solche Schönheit, daß es sich nicht sagen läßt. Der Palast, der jetzt den Sowchos beherbergte, leuchtete wie aus Zucker, im Park zitterten die Schatten, und die Teiche waren zwiefarben – silbernes Mondlicht und abgrundtiefe Finsternis. Im Mondschein hätte man glatt die »Iswestija« lesen können mit Ausnahme des Schachteils, der in winziger Nonpareille gesetzt wird. Doch wer liest in solchen Nächten schon die »Iswestija«? Die Putzfrau Dunja weilte in dem Wäldchen hinter dem Sowchos, und eben dort weilte, rein zufällig, der schnauzbärtige Fahrer des klapprigen Sowchos-Lieferwägelchens. Was sie dort machten, weiß niemand. Sie hatten sich im flimmernden Schatten einer Ulme auf den ausgebreiteten Ledermantel des Autolenkers hingelagert. In der Küche brannte eine Birne, dort aßen zwei Gemüsegärtner zu Abend, und Madame Schreck saß im weißen Hauskleid auf der säulenumstandenen Veranda, blickte in den herrlichen Mond und träumte vor sich hin.
    Um zehn Uhr abends, als die Geräusche im Dorf Konzowka hinterm Sowchos verstummt waren, perlten anmutige, zarte Flötentöne durch die idyllische Landschaft. Es ist nicht zu beschreiben, wie wunderbar sie zu dem Wäldchen und den ehemaligen Säulen des Scheremetjew-Palastes paßten. Die zierliche Lisa aus »Pique Dame« verflocht im Duett ihre Stimme mit der der leidenschaftlichen Polina und schwebte auf in die monddurchglänzte Höhe wie eine Vision des alten und dennoch tränenrührend lieben, bezaubernden Regimes.
    Die Flöte pfiff, trillerte, seufzte.
    Die Wäldchen erstarben, und Dunja, verderbenbringend wie eine Waldnixe, lauschte, die Wange an die rotstopplige Männerwange des Fahrers geschmiegt.
    »Toll, wie er bläst, der verdammte Kerl«, sagte der Fahrer, und seine männliche Hand umfing Dunjas Taille.
    Der Flötenspieler war der Leiter des Sowchos, Alexander Semjonowitsch Schreck, und man muß ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen, er spielte ganz ausgezeichnet. Die Flöte war nämlich einstmals sein Beruf gewesen. Bis zum Jahre 1917 hatte er in dem bekannten Konzertensemble des Maestro Gockelow gedient, welches allabendlich das Foyer des gemütlichen Filmtheaters »Zauberträume« in der Stadt Jekaterinoslaw mit harmonischen Tönen beschallte. Allein, das große Jahr 1917, das die Karriere vieler Leute zerbrach, wies auch Alexander Schreck neue Wege. Er

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