Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)
Stepanowna wurde im Arbeitszimmer getötet und zerfleischt, die Menge zerschmetterte das Gehäuse, in dem der Strahl erloschen war, zertrümmerte die Terrarien, zertrampelte die vor Angst wahnsinnigen Frösche, zersplitterte die Glastische, zerschlug die Scheinwerfer, und eine Stunde später stand das Institut in Flammen, vor dem Gebäude lagen Leichen, umringt von einer Kette Männer, die mit elektrischen Revolvern bewaffnet waren, und Feuerwehrautos zapften Wasser aus Hydranten und pumpten Ströme davon in sämtliche Fenster, aus denen brausende Flammen schlugen.
Zwölftes Kapitel
Der eisige Deus ex machina
In der Nacht vom 19. zum 20. August 1928 setzte ein ganz unerhörter Frost ein, wie es selbst die ältesten Einwohner noch nicht erlebt hatten. Setzte ein, hielt sich zwei Tage und zwei Nächte und erreichte achtzehn Grad. Das wild gewordene Moskau schloß sämtliche Fenster und Türen. Erst am Abend des dritten Tages erkannte die Bevölkerung, daß der Frost die Hauptstadt und die unendlichen Räume ihres Herrschaftsbereiches, über die die schreckliche Katastrophe des Jahres achtundzwanzig hereingebrochen war, gerettet hatte. Die Reiterarmee bei Moshaisk, die drei Viertel ihres Bestandes verloren hatte und schon erschöpft war, und die Geschwader der Gasflugzeuge hatten das Vorrücken der scheußlichen Reptilien, die sich im Halbkreis von Westen, Südwesten und Süden her auf Moskau zubewegten, nicht zu stoppen vermocht.
Der Frost vernichtete sie. Zwei Tage und Nächte mit achtzehngradigem Frost, das hielt das greuliche Geschmeiß nicht aus. Am 20. August, als der Frost aufhörte und nur Feuchtigkeit in der Luft und im Boden und abgefrorenes Laub hinterließ, gab es nichts mehr zu bekämpfen. Die Not war zu Ende. Die Wälder, Felder und endlosen Sümpfe waren freilich noch vollgehäuft mit bunten Eiern, zum Teil mit jener seltsamen, hier nie gesehenen Musterung, die der verschollene Schreck für Dreck gehalten hatte, aber diese Eier waren unschädlich. Sie waren tot, die Embryos darin verendet.
In den riesigen Landräumen faulten noch lange die unzähligen toten Schlangen und Krokodile, die der geheimnisvolle, in der Herzenstraße von genialen Augen entdeckte Strahl ins Leben gerufen hatte, doch sie waren nicht mehr gefährlich; die unstabilen Schöpfungen fauligheißer Tropensümpfe waren innerhalb von zwei Tagen gestorben und hatten in drei Gouvernements Gestank, Zersetzung und Fäulnis hinterlassen.
Es kam zu langen Epidemien, noch lange verbreiteten die Reptilien- und Menschenleichen alle möglichen Krankheiten, und noch lange hatte die Armee, jetzt nicht mehr mit Gasen, sondern mit Pioniergerät, Petroleumtanks und Schläuchen ausgerüstet, damit zu tun, die Erde zu säubern. Das tat sie denn auch, und im Frühjahr 1929 war alles zu Ende.
Im Frühjahr 1929 war Moskau wieder ein tanzender Lichterreigen, wieder rollten brummend Kraftdroschken durch die Straßen, und über dem Helm der Erlöserkirche hing wie an einem Faden die Mondsichel. Anstelle des im August 1928 niedergebrannten zweigeschossigen Instituts war ein neuer zoologischer Palast entstanden, den der Privatdozent Iwanow leitete, denn Persikow war nicht mehr. Nie mehr erschien vor den Augen anderer der zum Haken gekrümmte überzeugende Finger, und niemand mehr vernahm die knarrige Quäkstimme. Von dem Strahl und der Katastrophe des Jahres 1928 war in aller Welt noch lange die Rede und die Schreibe, dann aber sank der Name von Professor Persikow in Nebel und erlosch, so wie der von ihm in einer Aprilnacht entdeckte Strahl erloschen war. Ihn zu erzeugen gelang nie wieder, obschon der elegante Gentleman und nunmehrige ordentliche Professor Pjotr Stepanowitsch Iwanow es mitunter versuchte. Das erste Gehäuse war in der Nacht der Ermordung Persikows von der rasenden Menge zerstört worden. Die anderen drei waren im Sowchos »Roter Strahl« in Nikolskoje beim ersten Gefecht einer Fliegerstaffel mit dem Gewürm verbrannt, und es gelang nicht, sie wiederherzustellen. So einfach die Kombination von Glaslinsen und gespiegelten Lichtbündeln auch gewesen sein mochte, sie kam trotz der Bemühungen Iwanows kein zweites Mal zustande. Offensichtlich war dazu außer Wissen noch etwas erforderlich, was auf der ganzen Welt nur ein Mensch besessen hatte – der verstorbene Professor Wladimir Ipatjewitsch Persikow.
1925
Hundeherz
1
Huuuuuh! Oh, seht mich an, ich sterbe. Der Schneesturm im Torweg heult mir das Sterbegebet, und ich heule mit. Ich bin
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