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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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nicht, er tritt auch keinen mit dem Fuß, aber er hat auch vor niemandem Angst, und zwar weil er immer satt ist. Er ist ein Herr der geistigen Arbeit, mit einem feinen Spitzbart und einem grauen Schnurrbart, der sieht buschig und verwegen aus wie bei einem französischen Ritter, aber im Schneesturm geht ein scheußlicher Krankenhausgeruch von ihm aus. Und nach Zigarre riecht er.
    Was zum Teufel mag ihn in den Konsum des Zentralrats geführt haben? Er ist schon ganz nahe … Was hat er da gesucht? Huuuuuh … Was kann er schon gekauft haben in dem elenden Dreckladen, hätte er nicht zum Ochotny Rjad gehen können? Was ist das? Wurst. Herr, wenn Sie wüßten, aus was diese Wurst gemacht wird, würden Sie einen Bogen um den Laden machen. Geben Sie sie mir.
    Der Hund raffte die letzten Kräfte zusammen und kroch wie von Sinnen aus dem Torweg auf den Gehsteig. Der Schneesturm ließ über ihm Gewehrschüsse knallen und zauste die riesigen Lettern eines Transparents: »Ist Verjüngung möglich?«
    Natürlich ist sie möglich. Der Wurstgeruch hat mich verjüngt, hat mich auf die Beine gebracht, hat heiße Wellen in meinen seit zwei Tagen und Nächten leeren Magen gejagt, hat den Krankenhausgeruch besiegt – der paradiesische Geruch einer durchgedrehten Stute mit Knoblauch und Pfeffer. Ich spüre, ich weiß: Die Wurst steckt in der rechten Tasche seines Pelzes. Er steht über mir. Oh, mein Gebieter! Sieh mich an. Ich sterbe. Eine Knechtsseele hab ich und ein böses Schicksal!
    Der Hund kroch wie eine Schlange auf dem Bauch, und seine Tränen strömten nur so. Sehen Sie sich an, was der Koch angerichtet hat. Aber Sie geben mir ja doch nichts. Oh, ich kenne die Reichen sehr gut! Aber was wollen Sie eigentlich mit der Wurst? Wozu brauchen Sie verfaultes Pferdefleisch? Solches Gift kriegen Sie nirgendwo, nur bei der Moskauer Lebensmittelindustrie! Sie haben doch heute gefrühstückt, Sie sind eine Größe von Weltbedeutung dank den männlichen Geschlechtsdrüsen. Huuuuuh … Was geschieht nicht alles auf der großen Welt! Zum Sterben scheint es noch zu früh, und Verzweiflung ist wahrhaftig eine Sünde. Ich muß ihm die Hände lecken, was anderes bleibt mir nicht übrig.
    Der rätselhafte Herr beugte sich mit blitzender Goldbrille über den Hund und entnahm der rechten Tasche ein längliches weißes Päckchen. Ohne die braunen Handschuhe auszuziehen, wickelte er das Papier auf, von dem sogleich der Schneesturm Besitz ergriff, und brach ein Stück Wurst ab, die den Namen »Besondere Krakauer« trug. Und gab es dem Hund. Oh, edelmütige Persönlichkeit! Huuuuuh!
    »Ft-ft«, pfiff der Herr und fügte aufs strengste hinzu: »Nimm! Nimm, Bello!«
    Schon wieder Bello. Sie haben mich getauft. Aber nennen Sie mich, wie Sie wollen. Für Ihre einzigartige Tat.
    Der Hund fetzte die Pelle ab, biß schluchzend in die Krakauer und verschlang sie im Handumdrehen. Die Wurst und der Schnee würgten ihn so, daß ihm die Tränen kamen, denn er hätte vor Gier beinahe die Schnur mit verschluckt. Noch einmal lecke ich Ihnen die Hand. Ich küsse Ihnen das Hosenbein, mein Wohltäter!
    »Das reicht fürs erste.« Der Herr sprach abgehackt, als ob er kommandierte. Er beugte sich zu Bello hinunter, sah ihm prüfend in die Augen und strich ihm mit der behandschuhten Hand unerwartet vertraulich und zärtlich über den Bauch.
    »Aha«, bemerkte er vielsagend, »kein Halsband. Na großartig, dich brauche ich grade. Komm mit.« Er schnippte mit den Fingern. »Ft-ft!«
    Mit Ihnen kommen? Bis ans Ende der Welt. Und wenn Sie mich mit Ihren Filzschuhen gegen die Schnauze treten, ich sage kein Wort.
    In der ganzen Pretschistenka brannten die Lampen. Die Seite schmerzte unerträglich, aber Bello vergaß das zeitweilig, denn ein Gedanke nahm ihn ganz in Anspruch, nämlich in dem Gedränge nicht die wundersame Erscheinung im Pelzmantel zu verlieren und ihr irgendwie seine Liebe und Ergebenheit zu zeigen. Und er zeigte sie wohl siebenmal bis zur Obuchow-Gasse. Bei der Mjortwy-Gasse küßte er ihm den Stiefel, er machte ihm den Weg frei, indem er mit wildem Geheul eine Dame so sehr erschreckte, daß sie sich auf einen Prellstein setzte, und winselte zweimal, um das Mitleid des Herrn wachzuhalten.
    Ein Schuft von streunendem Kater, auf sibirisch zurechtgemacht, schlüpfte hinter einer Regenrinne hervor, denn er hatte trotz des Schneesturms die Krakauer gewittert. Bello wurde ganz krank bei der Vorstellung, der reiche Sonderling, der verletzte Köter im Torweg

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