Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)
zittert und verzieht das Gesicht, aber sie mampft … Man denke nur: vierzig Kopeken für zwei Gerichte, und die sind beide keine fünfzehn wert, weil die restlichen fünfundzwanzig der Wirtschaftsleiter gestohlen hat. Ist solches Essen etwa gut für sie? Ihre rechte Lungenspitze ist nicht in Ordnung, außerdem hat sie eine Frauenkrankheit auf französischer Grundlage, auf Arbeit haben sie ihr was abgezogen, in der Kantine hat man sie mit verfaultem Fleisch gefüttert. Da kommt sie, da kommt sie … Sie läuft in den Torweg mit den Strümpfen von ihrem Liebhaber. Ihre Beine frieren, es bläst ihr in den Bauch, denn ihr Fell ist so ähnlich wie meins, aber sie trägt dünne Höschen als Augenschmaus für ihren Liebhaber. Solches Zeug aus Spitzen. Wenn sie eine Flanellhose anzieht, brüllt er los: Was bist du doch unelegant! Ich hab genug von meiner Matrjona, die hat mich gepeinigt mit ihren Flanellhosen. Jetzt ist meine Zeit gekommen. Ich bin jetzt Vorsitzender, und was ich zusammenklaue, geht alles drauf für den weiblichen Körper, für Krebsschwänze und Abrau-Durso-Wein. In meiner Jugend habe ich genug gehungert, mir reicht’s, und ein Leben nach dem Tode gibt es nicht.
Sie tut mir so leid! Aber ich selber tu mir noch mehr leid. Ich rede nicht aus Egoismus, o nein, sondern weil wir wirklich in ungleichen Umständen leben. Sie hat es wenigstens zu Hause warm, aber ich, ich … Wo soll ich hin, geschlagen, verbrüht, bespuckt, wie ich bin? Huuuuuh!
»Komm her, komm her! Komm, Bello … Was winselst du so, du Ärmster? Hat dir jemand was getan? Ach …«
Der trockene Schneesturm, dieser Hexenmeister, tobte durch den Torweg und fegte dem Fräulein um die Ohren. Er blies ihr das Röckchen bis zu den Knien hoch, entblößte die cremefarbenen Strümpfchen und einen schmalen Streifen der schlechtgewaschenen Spitzenunterwäsche, drückte die Worte zurück in den Hals, schleuderte den Hund beiseite.
»Mein Gott, was für ein Wetter … Ach … Und der Bauch tut mir weh. Dieses Pökelfleisch, davon kommt es! Wann hört das alles bloß auf?«
Mit gesenktem Kopf stürzte sich das Fräulein in den Angriff und stürmte durch das Tor. Auf der Straße drehte es sie herum, und sie verschwand in einem Schneewirbel.
Der Hund blieb im Torweg, die verbrühte Seite schmerzte, er drückte sich an die kalte Wand, hechelte und war fest entschlossen, nicht mehr wegzugehen, sondern hier im Torweg zu krepieren. Die Verzweiflung warf ihn nieder. Ihm war so bitter und schmerzlich zumute, er fühlte sich so einsam und verängstigt, daß ihm Hundetränen, klein wie Pickel, aus den Augen tropften und sogleich trockneten. An der verdorbenen Seite klebten gefrorene Klumpen, dazwischen leuchteten unheilvoll die roten Flecke der Verbrühung. Die Köche waren doch unglaublich gedankenlos, stumpfsinnig, grausam. Bello hatte sie ihn genannt … Wieso zum Teufel bin ich Bello? Bello, das bedeutet schön, dumm, wohlgenährt, ein Bello frißt Haferbrei und hat angesehene Eltern, ich dagegen bin struppig, schlaksig und lumpig, mein Hals ist sehnig, ich bin ein Straßenköter. Übrigens, schönen Dank für das freundliche Wort.
In dem hellerleuchteten Laden auf der anderen Straßenseite klappt die Tür, und heraus kommt ein Bürger. Ja, ein Bürger, kein Kollege, höchstwahrscheinlich sogar ein Herr. Er kommt näher – klarer Fall, ein Herr. Ihr meint wohl, ich seh das am Mantel? Quatsch. Einen Mantel tragen jetzt schon viele Proletarier. Freilich, bei denen sehen die Kragen anders aus, da gibt’s nichts zu reden, aber das kann man auf die Entfernung verwechseln. Wenn man jedoch die Augen sieht, gibt’s fern und nah keine Verwechslung. Oh, die Augen sind ganz wichtig. Die sind wie ein Barometer. Man sieht alles – wer eine verdorrte Seele hat, wer einem für nichts und wieder nichts die Stiefelspitze in die Rippen stößt und wer vor allem und jedem Angst hat. Solch einen niedrigen Lakaien beißt man ja gern in den Knöchel. Wenn du Angst hast, nimm’s hin. Hast du Angst, dann hast du’s verdient. Rrrrr … wau, wau …
Der Herr, in einen Schneewirbel gehüllt, überquert selbstsicher die Straße und kommt auf den Torweg zu. Ja, ja, bei dem ist alles zu sehen. Der würde niemals ver faultes Pökelfleisch fressen, und wenn es ihm jemand vorsetzt, schlägt er gewaltigen Krach und schreibt an die Zeitungen: Ich, Filipp Filippowitsch Preobrashenski, bin betrogen worden.
Er kommt immer näher. Dieser Mensch ißt reichlich und stiehlt
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