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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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auflas, könnte womöglich auch diesen Gauner mitnehmen, und dann müßte er das Erzeugnis der Moskauer Lebensmittelindustrie mit ihm teilen. Darum fletschte er so wild die Zähne, daß der Kater, zischend wie ein löcheriger Schlauch, an der Regenrinne bis zum ersten Stock hinaufsauste. Rrrrr … Wau! Weg! Die Moskauer Lebensmittelindustrie stellt nicht genug her, um jedes Lumpenvieh, das sich in der Pretschistenka herumtreibt, zu füttern.
    Der Herr wußte die Ergebenheit zu schätzen, und bei der Feuerwache, aus deren Fenster das angenehme Brummen eines Waldhorns tönte, belohnte er den Hund mit einem zweiten Stück Wurst, kleiner, an zwanzig Gramm. Ach, ist der komisch. Er will mich locken. Keine Bange! Ich lauf schon nicht weg. Ich folge Ihnen, wohin Sie wollen.
    »Ft-ft-ft! Hier lang!«
    In die Obuchow-Gasse? Aber gern. Diese Gasse kenne ich bestens.
    »Ft-ft!«
    Hier rein? Mit Vergnü …! Ach bitte nein. Nein. Hier ist ein Portier. Der schlimmste auf der Welt. Viel gefährlicher als ein Hausmeister. Eine ganz verhaßte Rasse. Noch scheußlicher als Katzen. Ein livrierter Schinder.
    »Komm, hab keine Angst.«
    »Ich wünsche Gesundheit, Filipp Filippowitsch.«
    »Tag, Fjodor.«
    Er ist wirklich eine Persönlichkeit. Mein Gott, zu wem hast du mich geführt, mein Hundelos? Was ist das für ein Herr, der einen Straßenköter am Portier vorbei in ein Haus der Wohnungsgenossenschaft mitnehmen kann? Seht doch, dieser Halunke von Portier – kein Laut, keine Bewegung! Seine Augen blicken zwar finster, aber ansonsten bleibt er gleichgültig unter seiner goldbetreßten Mütze. Als ob es so sein muß. Er respektiert den Herrn, und wie! Nun, ich geh ja auch mit ihm und hinter ihm her. Staunst du, was? Schluck’s runter. Ich möchte ihn in sein schwieliges Proletarierbein beißen. Für alles, was er unsereinem angetan hat. Wie oft hast du mir den Besen auf den Kopf geschlagen, na?
    »Komm, komm.«
    Verstehe, verstehe, keine Bange bitte. Wo Sie hingehen, will auch ich sein. Zeigen Sie mir nur den Weg, ich bleib schon nicht zurück, trotz der Schmerzen in der Seite.
    Von der Treppe nach unten:
    »Post für mich, Fjodor?«
    Von unten respektvoll zur Treppe herauf:
    »Zu Befehl, nein, Filipp Filippowitsch.« Dann mit vertraulich gesenkter Stimme: »In die Wohnung drei sind Wohnungsgenossen reingesetzt worden.«
    Der gewichtige Hundewohltäter drehte sich auf der Treppenstufe heftig um, beugte sich übers Geländer und fragte entsetzt:
    »Waas?«
    Seine Augen rundeten, sein Schnurrbart sträubte sich.
    Der Portier drunten legte den Kopf in den Nacken, formte aus seinen Händen ein Sprachrohr und bestätigte:
    »Jawohl, gleich vier Stück.«
    »Mein Gott! Ich stelle mir vor, was jetzt in der Wohnung los ist. Was machen sie da?«
    »Gar nichts, bittschön.«
    »Und Fjodor Pawlowitsch?«
    »Der ist weg, um Wandschirme und Ziegelsteine zu besorgen. Er will eine Trennwand einziehen.«
    »Weiß der Teufel, was das soll!«
    »Filipp Filippowitsch, in alle Wohnungen sollen mehr Leute reingesteckt werden, nur in Ihre nicht. Eben war Versammlung, da haben sie die neue Leitung eingesetzt und die alte gefeuert.«
    »Was nicht alles geschieht. Eijeijei … Ft-ft.«
    Ich komme schon, ich eile. Wissen Sie, meine Seite macht sich bemerkbar. Gestatten Sie, Ihnen das Stiefelchen zu lecken.
    Die Goldtresse des Portiers verschwand unten. Auf dem marmornen Treppenabsatz wehte es warm aus den Heizungsrohren, noch eine halbe Treppe, und da war die Beletage.

2
    Lesen lernen hat überhaupt keinen Zweck, wenn Fleisch auch so eine Werst weit zu riechen ist. Nichtsdestoweniger: Wenn Sie in Moskau leben und ein bißchen Grips im Kopf haben, lernen Sie wohl oder übel lesen, obendrein ohne Lehrgang. Unter den vierzigtausend Moskauer Hunden wird es kaum einen Idioten geben, der nicht das Wort Wurst buchstabieren könnte.
    Bello hatte nach Farben lesen gelernt. Als er grade vier Monate alt war, wurden in ganz Moskau grüne und blaue Schilder mit der Aufschrift MVKG ausgehängt, das bedeutete Fleischhandel. Um es noch einmal zu sagen, das ganze Lesenlernen hat keinen Sinn, denn Fleisch riecht man sowieso. Einmal kam es zu einem Mißverständnis, denn Bello, dessen Geruchssinn von dem Benzinqualm eines Motors geschwächt war, orientierte sich nach der giftigblauen Farbe und lief statt in eine Fleischerei in den Elektroladen der Brüder Golubisner in der Mjasnizkaja-Straße. Bei diesen Brüdern bekam er Isolierdraht zu kosten, und der zieht noch mehr

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