Teufels-Friedhof
gibt dort keinen Friedhof!« flüsterte Berger. »Es hat dort auch nie einen gegeben.«
»Keinen normalen«, gab der Mann hinter der Theke zu.
»Dafür einen unnormalen, wie?«
»Ja, der Teufel hat ihn an diese Stelle geschafft. Nur der Teufel. Er kann ihn entstehen lassen, wann er will. Das ist eine Opferstätte, hat Frank gesagt.«
»Meinst du Oschinski damit?«
»Sicher. Er hat dafür gesorgt, daß der Friedhof erscheinen kann.« Der Knabe schaute seinen Zwillingsbruder an und erntete ein heftiges Nicken als Unterstützung.
Berger verdrehte die Augen. »Hören Sie, John, für so etwas bin ich nicht zuständig. Das ist Schwachsinn hoch vier.« Er winkte ab. »Fragen Sie ihn weiter.«
Suko stellte die nächste Frage. Er war zu uns gekommen. »Der Teufel soll den Friedhof erschaffen haben. Ich glaube dir, mein Junge. Nur, sag uns eines noch. Wie ist es möglich, daß niemand den Friedhof sah. So menschenleer ist die Gegend hier doch auch nicht. Oder wie habe ich das zu sehen?«
»Das stimmt schon. Der Friedhof ist auch nicht immer da. Er kann plötzlich erscheinen und wieder verschwinden.«
Jörg Berger mußte lachen, wir blieben ernst. »Hast du dafür eine Erklärung?« fragte ich.
»Nein, aber Frank.«
»Dann werden wir ihn fragen — auf dem Friedhof!«
»Sicher.«
Suko wollte noch mehr wissen. »Er kann also auftauchen und wieder verschwinden. Einfach so, nicht?«
»Richtig. Frank sagt, daß er den Kräften der Hölle gehorcht. Der Teufel spielt mit ihm. Er ist ein Teil der Hölle. Mehr weiß ich auch nicht.«
Auch unsere Fragen hatte der junge Mann mit großem Ernst beantwortet. Ich dachte an Shimada und dessen blaue Festung, mit der er ebenfalls durch die Zeiten reiste. Deshalb klang es für uns nicht einmal so unwahrscheinlich, daß gleiches mit einem Friedhof geschah, denn auch der Teufel war in der Lage, die normalen Gesetze der Physik durch seine Magie aufzuheben.
»Wo können wir ihn denn finden?« erkundigte ich mich.
»Auf dem Zechengelände.«
»Das ist ziemlich groß. Wir sind schon an ihm vorbeigefahren, ohne ihn gesehen zu haben.«
Die beiden jungen Männer zeigten sich kooperativ und gaben ihre Beschreibungen an. Viel konnten wir damit nicht anfangen, aber ich hatte gut zugehört und dachte daran, daß sich, als wir am Zechengelände vorbeifuhren, mein Kreuz für einen Moment erwärmt hatte. Da hatte der dicke Nebel wie dichte Watte gelegen, uns den Blick geraubt, aber ich vergaß die Warnung meines Kreuzes nicht.
»Danke«, sagte ich. »Bestimmt haben Sie uns sehr geholfen. Zum Abschluß noch eine Frage. Wie lange, so glauben Sie, wird der Friedhof auf dem Zechengelände bleiben?«
»Das weiß ich nicht.«
»Was haben die Gäste denn dort vor?«
»Sie wollen… sie wollen… Opfer bringen!« Die Worte flössen stockend aus dem Mund des Sprechers.
»Welche Opfer?« fragte Suko sofort nach. Plötzlich war auch Kommissar Berger wieder interessiert geworden.
»Keine Ahnung.« Gemeinsam hoben die Zwillinge die Schultern.
»Menschen?« flüsterte Berger.
»Glauben wir nicht. Das können auch Tiere sein, denen sie die Hälse aufschneiden, Hühner und so.«
»Wir wollen es hoffen.« Berger holte tief Luft. »Sollten auf dem komischen Totenacker Verbrechen geschehen, vorausgesetzt, es gibt ihn tatsächlich, werden wir uns um alle kümmern, auch um euch. Denn alle sind Mitwisser.«
»Wir können für die Wahrheit nicht garantieren. Wir haben alles nur gehört und machen auch nicht mit.«
»Ja, ja, ich weiß.« Berger nickte. »Ihr seid die reinsten Unschuldslämmer. Aber das sind sie alle, jedenfalls sagen sie es. Nichts hören, nichts sehen, nichts wissen.«
Die Tänzer hatten sich gesetzt. Sie hockten auf dem Boden, stützten sich mit ausgestreckten Armen auf und starrten mit ihren bleich geschminkten Gesichtern gegen die Decke. Die schwebten in anderen Sphären, aus ihnen würden wir nichts herausholen.
Wir verließen die Disco. Auf der Treppe schüttelte Berger den Kopf. »Ich kann das Geschwafel einfach nicht glauben. Verdammt noch mal, ich habe mich oft genug auf dem Zechengelände bewegt. Ich bin darüber hinweggegangen, einen Friedhof habe ich da nicht gesehen.«
»Er befindet sich auch nicht immer dort«, sagte Suko.
»Dann hat man ihn also rasch angelegt, wie?«
»Nein, mein Lieber, das nicht. Es ist ein Totenacker, der dem Teufel gehört, der durch die Zeiten treiben kann, der eine Reise zwischen den Dimensionen erlebt.«
»Und?«
»Wir kennen so etwas«,
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