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Teufels Küche

Teufels Küche

Titel: Teufels Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Sarggriffe, und zu fünft trugen sie den Sarg zum offenen Grab, wo ein Paar Totengräber ihn hinabließen.
    Der Mann, der spät gekommen war, wandte sich an Haere. »Ich kannte Ihren Vater«, sagte er. »Ich habe ihn bewundert.« Der Mann sprach mit irgendeinem europäischen Akzent. Zu dem Mann aus Sylacauga sagte er kein Wort. Haere dachte, daß sie sich vielleicht nicht kannten. Es mochte aber auch sein, daß sie sich sehr wohl kannten, der Mann aus Sylacauga den Fremden aber genauso ignorierte, wie er fast jeden ignorierte.
    »Möchten Sie, daß ich ein paar Worte sage?« fragte der Mann mit dem Akzent.
    »Gewiß«, sagte Haere, »wenn Sie wollen.«
    Der Mann mit dem Akzent bückte sich und hob ein oder zwei Brocken roten Lehm auf und warf die Erde auf den Sarg hinab.
    »Ich kannte diesen Genossen«, sagte der Mann mit dem fremden Akzent. »Er war sein ganzes Leben lang unerschütterlich im Streben nach Gerechtigkeit.«
    Der Mann aus Sylacauga grunzte angewidert, drehte sich um und ging fort. Draper Haere sah keinen der beiden jemals wieder.
     
    Zu genau der gleichen Zeit, als Draper Haere mit seinen düsteren Gedanken auf dem Weg nach Los Angeles über den Grand Canyon flog, parkte Morgan Citron seinen 1969er Toyota am Straßenrand des Pacific Coast Highway in Malibu.
    Von der Straße aus sah Craigie Greys Apartmenthaus, fand Citron, nicht nach sechs Millionen Dollar aus. Auch nicht nach fünf. Nicht einmal nach vier. Es war nur zwei Stockwerke hoch und knapp fünfzehn Meter breit. Die Architektur war moderner Fabrikstil, und gegen Räuber aus dem Valley wurde es durch einen über zwei Meter hohen Zaun aus Rotholz geschützt, in dem sich ein verschlossenes Tor befand. Citron probierte den Schlüssel, den Craigie Grey ihm gegeben hatte, an dem Torschloß und war etwas überrascht, daß er funktionierte.
    Er ging durch das Tor in einen kleinen, mit Ziegeln gepflasterten Vorhof. Die Ziegel waren abgetreten und wurden von alten Eisenbahnschwellen in Quadrate unterteilt. Der Vorhof prunkte auch mit einem kleinen grünen Dschungel aus eingetopften Sukkulenten und Farnen und wurde durch einen Flutlichtstrahler beleuchtet, der hauptsächlich auf das Tor gerichtet war. In diesem Licht konnte Citron erkennen, daß das Apartmenthaus aus Rotholz und Schindeln gebaut war und munter lodern würde, wenn einer der periodischen Brände von den Santa-Monica-Bergen herunterfegen und den Highway überspringen sollte. Wenn das Gebäude wirklich vier Millionen Dollar oder mehr wert sein sollte, konnte das nur auf das Tosen und Donnern der starken Brandung zurückzuführen sein, die so laut war, daß sie den Verkehr vom Highway nahezu übertönte.
    Das miese hintere Apartment unten schien Einheit A zu sein. Mit demselben Schlüssel, mit dem er das Tor geöffnet hatte, schloß Citron die Tür zu dem Apartment auf und trat ein. Er tastete nach dem Schalter, knipste das Licht an und befand sich in einem Einraumstudio mit einem einzigen großen Fenster, durch das man den Vorhof überblickte. Die Ausstattung war karg: ein Telefon, eine Couch, von der er annahm, daß sie sich zu einem Bett ausziehen ließ, ein runder Tisch mit einer Resopalplatte und vier Stühlen aus gebogenem Metallrohr und gepreßtem Plastik, einem schäbigen Polstersessel mit anscheinend verstellbarer Lehne und einem alten Schwarzweißfernseher mit einem 45-Zentimeter-Bildschirm von General Electric. Der Boden war mit weiß und gold geschecktem Linoleum bedeckt. Vor der Kochnische war es beinahe durchgetreten. An den Wänden befand sich nichts. Nicht einmal ein Werbekalender.
    Citron brauchte nur zweimal zu seinem Toyota hinauszugehen, um seinen ganzen Besitz hereinzuholen. Als er den letzten seiner drei Aluminiumtöpfe einräumte, fragte eine weibliche Stimme von der noch offenen Tür her: »Können Sie eine Toilettenspülung reparieren?«
    Ohne sich umzudrehen, sagte Citron: »Nein.«
    »Und was ist mit einem gebrochenen Herzen?«
    »Auch nicht«, sagte Citron und drehte sich um.
    Sein erster Eindruck war, daß sie zwar noch nicht sehr alt war, aber auch nicht annähernd so jung, wie sie aussah, wonach sie neunzehn, möglicherweise zwanzig hätte sein können. Höchstens einundzwanzig. Irgendwie wußte Citron, daß sie mindestens dreißig war. Es mochte vielleicht wegen der Melancholie sein, die aus ihren Augen blickte, die groß waren und fast die Farbe von Holzrauch hatten. Sie hatte das sonnengebleichte strähnige Haar einer Strandläuferin mit einem ovalen

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