Teufels Küche
nicht mit perfektem Pariser Akzent?«
»Du hast völlig recht«, stimmte die Bohnenstange zu, drehte sich um und sagte zu dem dreiundfünfzigjährigen Mann mit dem schmalen, sonnenverbrannten Gesicht, der in drei Meter Abstand abwartete: »Rien.«
»Rien«, sagte der Mann zu Citron, »bedeutet ›nichts‹. Es bedeutet auch, daß Sie mich nicht mit einem Messer oder einem Revolver bedrohen werden. Ich bin Keats, B. S. Keats, B für Byron, S für Shelley. Meine Mama hat unter ihrem Stand geheiratet, und ich scheine Pap nachgeschlagen zu sein. Er war ein Cracker aus Florida, praktisch weißer Abschaum. Ist das meine Limousine?«
»Das ist sie«, bestätigte Citron.
»Und das mein Ford?« fragte Keats und wies mit dem Kinn auf den schwarzen LTD.
»Richtig.«
»Sie parlez-vous besser als ich«, sagte Keats. »Sagen Sie Jacques und Cecilio, sie sollen uns folgen.«
Citron erklärte den beiden Schwarzen, was Keats wünschte. Jacques, die Bohnenstange, lächelte. »Wissen wir. Wir verstehen viel mehr, als er glaubt.«
»Das dachte ich mir«, sagte Citron und gab ihm die Schlüssel für den Ford.
Ehe der uniformierte Fahrer der Limousine den Weg um den Wagen herum zurücklegen konnte, hatte Keats bereits die hintere Tür geöffnet und war eingestiegen. Citron folgte ihm. Der Chauffeur saß wieder hinter dem Lenkrad, drehte sich um und fragte: »Wohin, Mr. Citron?«
»Nirgends«, sagte Keats. »Bleiben Sie nur ruhig sitzen, bis meine Nigger das Gepäck bringen. Und rollen Sie die Trennscheibe hoch und stellen Sie die Klimaanlage an.«
»Wir können hier nicht zu lange parken, Sir. Die Flughafenpolizei ist sehr streng.«
»Wenn Sie einen Zettel bekommen, bezahle ich ihn«, sagte Keats. »Rollen Sie endlich die Scheibe hoch.«
Der Fahrer ließ den Motor an und drückte auf Knöpfe, die die Trennscheibe in die Höhe drehten und die Klimaanlage einschalteten. Keats zog zwei kurze, dicke Zigarren aus der Tasche und bot Citron eine an. Citron schüttelte den Kopf.
»Aber ich darf doch?« fragte Keats.
»Klar.«
Keats zündete seine Zigarre sorgfältig mit einem großen Küchenstreichholz an, das er aus der Tasche seines hellbraunen Kaschmirjacketts zog. Unter dem Jackett trug er ein blaßgelbes Polohemd, das über den Gürtel einer milchschokoladenfarbenen Leinenhose fiel. An den Füßen trug er lederne Sportschuhe in Braun und Weiß mit roten Gummisohlen. Die gelben Socken paßten zu seinem Hemd. Citron fand, daß Keats mit den ledernen Sportschuhen fast wie ein Collegestudent aussah.
Keats setzte seine Zigarre in Brand, blies Rauch aus und richtete seine blaßblauen Augen auf Citron. »Wo haben Sie Französisch gelernt?«
»In Frankreich.«
»Haben Sie da gelebt?«
»Ich bin da geboren.«
»Wahrscheinlich könnte ich es auch sprechen, wenn ich da geboren wäre. Den Koffer haben wir nicht mit ins Flugzeug genommen, weil die Nigger da ihre Schießeisen drin haben. Cecilio hat eine Achtunddreißiger. Der alte Jacques hat lieber eine Magnum.«
»Will Sie jemand umbringen?«
»Ein paar Leute würden mich gern tot sehen. Was halten Sie von den beiden – Cecilio und Jacques?«
»Sie scheinen ihr Geschäft zu verstehen.«
»Sie stammen aus Haiti. Boat People. Raten Sie mal, wie viel Cecilio im letzten Jahr verdient hat?«
»Als er noch in Haiti war?«
Keats nickte.
»Ich habe keine Ahnung.«
»Zweihundertachtundsechzig Dollar – das ganze Scheißjahr über. Wissen Sie, wie viel ich ihm in der Woche bezahle?«
»Zweihundertachtundsechzig Dollar.«
Keats grinste breit. Seine Zähne waren fast austernweiß, und sein Grinsen blieb ein paar Sekunden länger auf seinem Gesicht stehen, als notwendig gewesen wäre, so, als ob er manchmal vergäße, daß es noch da war. Sein schütteres Haar war von der Sonne so ausgebleicht, daß sich nur schwer sagen ließ, ob es noch blond oder schon grau war, und er trug es in kurzen, zottigen Strähnen glatt in die Stirn gekämmt. Die blaßblauen Augen blinzelten selbst im Schatten zusammengekniffen, als ob er ständig plötzliches grelles Licht befürchte, und die lange Nase ragte vor und aufwärts und wurde von dem grimmigen Mund durch einen sauber gestutzten Schnurrbart getrennt. Unter all dem war ein spitzes Kinn, über das wie ein weißer Fluß eine zackige Narbe mäanderte.
»Das war ganz gut geraten – zweihundertachtundsechzig Dollar –, aber geraten wie ein Softie. Ich bezahle ihnen tausend Mäuse in der Woche. Jedem. Und jetzt raten Sie mal, wie viel Loyalität
Weitere Kostenlose Bücher