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Teufels Küche

Teufels Küche

Titel: Teufels Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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geziert. Jedenfalls hatte das der Antiquitätenhändler in Brooklyn behauptet, der ihn Haere vertauft hatte.
    Slipper legte seine Gabel hin, tupfte sich die Lippen mit einer Papierserviette ab und sagte: »So. Wie geht es dem Kandidaten?«
    »Veatch geht es gut.«
    »Und der liebreizenden Louise?«
    »Großartig.«
    Slipper zog ein flaches silbernes Zigarettenetui im Format eines großen Briefumschlags aus der Tasche. Er bot es Haere an, der dankend den Kopf schüttelte. Slipper wählte sich eine hellbraune Zigarette, die er mit einem goldenen Ronson anzündete, von dem Haere wußte, daß es vierzig Jahre alt war, sog den Rauch ein, blies ihn wieder aus und lächelte. »Ich habe dich auf Jacks Beerdigung nicht gesehen«, sagte er, »aber du gehst ja nicht zu Beerdigungen.«
    »Nein«, sagte Haere, »tue ich nicht.«
    »Es war ein Ereignis, eine prächtige Veranstaltung. Der Pfarrer von den Unitariern erwähnte in seiner Predigt Gott nur einmal – beiläufig selbstverständlich –, und Maureen war furchtbar, aber das war Maureen ja schon immer.«
    »Ich habe mit ihr telefoniert. Sie war etwas außer sich, weil sie Witwe geworden war.«
    »Bleib bei deinem Beschluß, Draper, und halte dich von Beerdigungen fern. Sie erinnern einen nur an die Vergänglichkeit, und in meinem Alter braucht man, weiß Gott, daran nicht mehr erinnert zu werden. Aber ich gehe hin, ja, ich gehe hin, und das Überraschende ist, sie werden alle immer jünger – die Gestorbenen, meine ich. Wie alt war Jack? So um die sechzig wohl.«
    »Ja, das muß er etwa gewesen sein.«
    »In meiner Jugend war man mit sechzig alt. Und was ist es heute? Passables mittleres Alter? Roosevelt zum Beispiel. Der war erst dreiundsechzig, als er starb. Nach heutigen Normen beinahe noch ein junger Mann. Aber damals alt. Alt und müde und verbraucht.« Er schüttelte betrübt den Kopf. »Der Krieg, nehme ich an.« Sein Augenblick der Trauer war vorüber, und Slipper sah Haere wieder an. »Jack war doch im Krieg, nicht wahr?«
    »Pilot bei der Navy.«
    Slipper nickte zustimmend, als ob er sich erinnere. »Was war es, ein Verkehrsunfall mit Fahrerflucht? Du warst doch dabei, Draper. Was ist deine Meinung – ehrlich?«
    Haere seufzte, griff nach seinen eigenen Zigaretten und zündete sich eine an. »Slippery, wenn du so anfängst, verkrampfen sich bei mir sämtliche Rippen und warten darauf, daß ein Messer zwischen sie gestoßen wird. Erstmal möchte ich mich noch bei dir für den Garderobenständer von John L. bedanken. Er ist eine schöne Bereicherung, und ich bin dir wirklich dankbar. Und du machst verdammt gute Omelettes. Aber komm jetzt damit rüber. Mit deiner Neuigkeit. Was es auch ist.«
    Slipper lächelte. »Hast du zufällig einen Tropfen Cognac?«
    »Martell.«
    »Trinken wir doch einen Schluck. Und eine Tasse Kaffee, wenn es nicht zuviel Mühe macht.«
    Während Haere aus der Kaffeemaschine zwei Tassen füllte und die beiden Cognacs einschenkte, wanderte Slippers Blick durch das riesige Zimmer. »Ein bemerkenswerter Raum, Draper. Er muß einmalig sein. Hast du immer noch diesen frechen Kater?«
    »Er ist hier irgendwo«, sagte Haere und stellte die Kaffeetassen auf den Tisch.
    »Hubert, stimmt’s?«
    »Hubert«, bestätigte Haere und servierte die beiden kleinen Cognacschwenker. Er setzte sich wieder.
    »Wie lief es in New York?« fragte Slipper. »Ich bin neugierig.«
    »Der Junge konnte sich nicht entscheiden, darum hab ich mich mit seiner Mutter getroffen. Sie meinte, ich sollte das Ganze vergessen.«
    »Bemerkenswerte Frau«, sagte Slipper. »Sie und ich, wir hatten mal was Kleines am Laufen. Mein Gott, das muß Ende der vierziger Jahre gewesen sein oder um diese Zeit. Wir planten ein Stelldichein, ein Rendezvous, in Hershey, Pennsylvania, ausgerechnet. Ich fuhr natürlich hin, aber sie kam nicht.« Er holte tief Luft. »Ich erinnere mich noch genau an den Schokoladengeruch, der über der Stadt lag.« Er seufzte. »Das wäre also einer weniger.«
    »Das habe ich Veatch berichtet.«
    »Was räumst du ihm wirklich für eine Chance ein?«
    »Für vierundachtzig? Null.«
    »Ich weiß nicht … also, da bin ich nicht so sicher«, sagte Slipper vorsichtig. »Sein Name fällt immer wieder mal hier und da in ziemlich interessanten Orten. Schließlich stellt Kalifornien zwanzig Prozent der Delegierten. Das ist eine gesunde Basis. Er hat Zeit – zwei Jahre. Geld sollte kein Problem sein, meinst du nicht? Ach, verdammt noch mal, Draper, das kriegst du doch hin.

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