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Teufels Küche

Teufels Küche

Titel: Teufels Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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nicht, daß Papa wirklich Ärger mit der Polizei bekam, und da bin ich eben dahin gegangen. Er will immer noch nicht wieder mit mir reden, aber das weißt du ja.«
    »Warum hat dein Vater deinen Mann erschossen?«
    Sie bearbeitete jetzt ihre andere Hand, die linke, konzentrierte sich auf jeden kleinen Pinselstrich. »Notwehr«, sagte sie. »Aber weißt du, das sollte ich dir eigentlich wirklich nicht alles erzählen.«
    »Dein Mann wollte also deinen Vater umbringen?«
    »Hm-hmm.« Jetzt galt ihre Konzentration absolut ihren Pinselstrichen.
    »Warum?«
    »Warum Jimmy ihn umbringen wollte?«
    »Genau das.«
    »Weil er mich mit Papa im Bett fand.«
    Sie blies auf ihre Finger, streckte ihre linke Hand weit von sich, um ihr Werk zu bewundern, nahm die Flasche mit dem Nagellack, verschloß sie und stellte sie auf den Tisch zurück. Sie starrte Citron an. Er fand ihren Blick kalt, feindselig, aber in keiner Weise wahnsinnig. »Macht dich das vielleicht an?« fragte sie mit nüchternem Ton.
    »Nein.«
    »Auf manche wirkt es so. Auch auf Frauen.«
    Citron setzte sich auf der Bettkante auf und betrachtete sie aufmerksam. Sie starrte zurück, die Feindseligkeit in ihrem Blick verschwand nach und nach. Er fragte bedächtig: »Diesmal sagst du mir doch wirklich die Wahrheit, oder nicht?«
    »Die Wahrheit«, sagte sie. »Nun ja, Süßer, die ganze Wahrheit ist, daß wir miteinander gefickt haben, seit ich dreizehn bin.« Sie wandte den Blick ab, und obwohl sich ihr kalter Ausdruck und ihr nüchterner Ton nicht änderten, begannen ihr langsam Tränen zu den Mundwinkeln hinunterzurinnen. »Und vielleicht«, sagte sie, »es kann ja sein, ist das der Grund, warum ich manchmal etwas verwirrt bin. Was meinst du?«
    Citron legte sich wieder auf das Bett zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte an die Decke, vermutete, daß ihm gerade eine große Dosis Wahrheit verpaßt worden war. Wie üblich waren Lügen schmackhafter. »Ich weiß nicht«, antwortete er behutsam in neutralem Ton auf ihre Frage. »Vielleicht ist es so.«
     
    Die Botschaft der Vereinigten Staaten, an einer breiten, geschwungenen Avenue gelegen, die den Namen von Simon Bolivar trug, war ein großes, weitläufiges, zwei Stockwerke hohes Gebäude, zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Jahren alt und mit einer Serie pastellfarbener, gemauerter Reliefs geschmückt, die den Einfluß von Edward Durell Stone erkennen ließen.
    Anscheinend hatte die Botschaft sich im nachhinein ringsum auf allen Seiten mit einer zweieinhalb Meter hohen Mauer aus Betonsteinen umgeben, deren primitive Bauweise auf eine überhastete, wenn nicht gar panische Errichtung schließen ließ. Wie zum Ausgleich leuchteten die Glassplitter, die die Mauer krönten, in den strahlendsten Farben. Darüber hinaus zogen sich auf der Mauer noch in konzentrischen Spiralen Stacheldrahtschlangen entlang, deren scharfe Spitzen nur die eine Aufgabe haben konnten, tiefe und schmerzhafte Verletzungen zu verursachen.
    Die amerikanischen Diplomaten wurden links von den Franzosen und rechts von den Briten flankiert. Die Franzosen hatten einen eleganten Zaun aus Eisenstäben errichtet, die in sehr scharf aussehenden pfeilartigen Spitzen endeten. Durch die Lücken zwischen den Eisenstäben konnte man ein dreistöckiges Château bewundern, das vielleicht Stein für Stein von der Loire herübergeschafft worden war. Die Briten hatten sich nicht die Mühe gemacht, eine Einzäunung aufzurichten, sondern statt dessen ihr Geld anscheinend dafür aufgewendet, eine parkartige Gartenanlage zu schaffen, die den Betrachter für die wenig inspirierte Architektur des recht beiläufig hingesetzten, zweigeschossigen Stuckbaus entschädigte.
    Citron bremste und hielt den von Haere durch das Hotel gemieteten Ford Fiesta auf der gegenüberliegenden Straßenseite an. Beide betrachteten kritisch die Botschaft.
    »Eine Supermauer«, sagte Haere.
    Citron stimmte mit einem Kopfnicken zu. Er sah auf seine goldene Rolex. »Es ist jetzt neun Uhr fünfzehn. Wann werden Sie wieder im Hotel sein?«
    »Auf jeden Fall mittags. Spätestens um eins.«
    »Dann treffen wir uns zum Lunch.«
    »Was ist mit Velveta?« fragte Haere.
    »Sie will um zehn in die Stadt gehen, um sich dort umzusehen und einzukaufen, und wird vor zwei nicht zurück sein.«
    »Ich komme entweder zu Ihnen in Ihr Zimmer oder rufe an«, sagte Haere, stieg aus dem Wagen und sah dem abfahrenden Citron nach. Er trug seinen leichten, dunkelblauen, dreiteiligen

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