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Teufels Küche

Teufels Küche

Titel: Teufels Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Sie mich eine Minute«, sagte Merry, hob den Telefonhörer ab und wählte eine Nummer. Als sich eine Stimme mit einem schwachen Ja meldete, sagte er: »Der Name ist James G. Blaine, angeblich ein Arzt aus Kansas.« Merry sah Haere mit einer fragend hochgezogenen Augenbraue an.
    »Wichita«, sagte Haere.
    »Wichita, Kansas«, sagte Merry ins Telefon. »Sie haben die Nummer der Quäkerklinik drüben im Osten, nicht wahr? Also rufen Sie dort an und stellen Sie fest, ob dort die Ankunft von Dr. Blaine erwartet wurde oder ob er etwa dort schon sicher und gesund eingetroffen ist. Wenn nicht, rufen Sie bei Tucaereo an und stellen Sie fest, ob auf den gestrigen Passagierlisten ein Dr. Blaine geführt wurde. Wenn das der Fall war, rufen Sie unseren Freund Suro an und stellen Sie fest, ob seine Leute ihre klebrigen Pfoten auf den Doktor gelegt haben, und falls ja, wo sie ihn gelassen haben. Dann kommen Sie bitte her und berichten Mr. Haere und mir alles.«
    Merry legte den Hörer zurück, setzte sein Lächeln wieder auf und sah Haere an, der zu der Ansicht gelangt war, daß die sorgfältig erworbene Sonnenbräune das Lächeln weißer erscheinen ließ, als es in Wirklichkeit war. Das Lächeln paßte gut zu den von Fältchen umgebenen Augen, dem schmalen Kiefer und der geraden Nase. Das alles wurde gekrönt von einer Tolle rötlichgelben Haars, die in einer lässigen Welle in die hohe Stirn fiel. Alles schien darauf angelegt zu sein, den Eindruck einer herzlichen, schnellen Intelligenz zu vermitteln, und Haere wäre durchaus willens gewesen, diesem Eindruck Glauben zu schenken, wenn Merry nur nicht so oft lächeln würde.
    »Draper … Haere«, sagte Merry langsam und ließ einen Abstand zwischen Vor- und Nachnamen. Er zog die Stirn kraus, als ob er sich zu erinnern versuchte, wo er ihn schon einmal gehört hatte. »Politik, nicht wahr?«
    »Politik«, bestätigte Haere.
    »Was, um alles in der Welt, führt Sie hierher?«
    »Ein Urlaub?«
    »Ausgerechnet hier?« Merry bemühte sich nicht, seine Ungläubigkeit zu verbergen.
    »Vielleicht auch ein kleines Geschäft?«
    Merry schüttelte den Kopf, als ob Geschäfte einfach gräßlich wären. »Also, viel Glück ist alles, was ich dazu sagen kann. Aber wenn Sie einen Rat hören wollen –«
    Er wurde durch das Eintreten von Mrs. Crane unterbrochen, die einen Notizblock in der Hand hielt. Sie sah Merry an, der nickte, worauf Mrs. Crane sich an Haere wendetet »Erstens«, sagte sie. »Die Klinik der Freunde. Sie haben nie von einem Dr. Blaine gehört, konnten ihn also auch nicht erwarten. Zweitens: es gab gestern keinen Dr. Blaine in dem Tucaereoflug von Houston – übrigens auch am Tag vorher nicht. Drittens: ich sprach mit Suro, der sagte, er habe gestern versäumt, irgendwelche Gringos zu verhaften, könnte heute nachmittag nach dem Lunch aber vielleicht noch dazu kommen.«
    »Commander Suro ist eine Art Spaßvogel«, erklärte Merry.
    »Ja«, sagte Haere. »Es hat ganz den Anschein. Auch dieser mysteriöse Dr. Blaine. Aber was ist mit Dr. Rice? Ist er wieder aufgetaucht?«
    »Von wo?« fragte Mrs. Crane.
    »Von dort, wohin auch immer er verschwunden war.«
    »Joe Rice ist nirgendwohin verschwunden«, antwortete sie. »Ich habe in der Klinik gerade mit Joe Rice gesprochen.«

29
    Die Route, der Citron aus der Hauptstadt folgte, führte über eine schmale Teerstraße, voller Schlaglöcher und auf langen Strecken durch Split ausgebessert, durch einen Vorort mit erbärmlichen Hütten, die aus Holzresten, Plastikplanen, Pappkartons und aufgeschnittenen Konservendosen zusammengeflickt waren. Die Straße zog sich dann in Kurven ins Gebirge hinauf, wo, außer einigen wenigen ärmlichen Bauern, die auf verstreuten Feldern Mais anbauten und kleine Ziegenherden und gelegentlich Hühner aufzogen, niemand zu leben schien.
    Diese Höfe unter dem Existenzminimum wichen einer heruntergekommenen oder aufgegebenen Kaffeeplantage. Citron schaute auf seinen Kilometerzähler. Nach genau 3,6 Kilometern hinter der Kaffeepflanzung begann er nach einer Abzweigung Ausschau zu halten, die auf der groben Skizze eingezeichnet war, die ihm von dem Hilfskellner im Restaurant des Intercontinental zugesteckt worden war. Er verfehlte sie beinahe, da sie von einigen hohen, breitblättrigen Pflanzen praktisch verdeckt wurde. Citron hielt sie für Poinsettias, doch tatsächlich waren es higuerillas oder Christpalmen oder, wie ihr geläufigerer Name lautete, Rizinuspflanzen. Citron bemerkte, daß sie dort

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